Tablet-PC nur fürs Internet

Fusion Garage Joojoo im Test

04.11.2010
Von 
Thomas Rau ist stellvertretender Chefredakteur PC-WELT Print bei IT-Media. 
Den Begriff „Internet-Tablet“ nimmt das Joojoo wörtlich: Man kann auf dem Gerät keine Dateien speichern. Und statt Apps gibt es Webseiten-Links. Kann dieses radikale Tablet-Konzept im Test überzeugen?
Tablet nur fürs Internet: Fusion Garage Joojoo im Test
Tablet nur fürs Internet: Fusion Garage Joojoo im Test

Das Joojoo ist ein Tablet-PC mit einem 12,1 Zoll großen, spiegelnden Bildschirm, der eine Auflösung von 1366 x 768 Bildpunkten zeigt. Im Inneren werkelt wie beim WeTab und den meisten Netbooks ein Atom-Prozessor von Intel. Allerdings nutzt das Joojoo das ältere Modell N270 ohne integrierte Grafik. Für die Bildausgabe sorgt der leistungsfähigere Ion-Chipsatz von Nvidia.

Ausstattung

Im Joojoo sitzt eine 4 GB große SSD-Festplatte. Doch dieser Speicher dient nur als Browser-Cache und für das Joojoo-eigene Betriebssystem, das auf Linux basiert. Dateien lassen sich auf dem Tablet nicht speichern: Alles, was man mit dem Joojoo erstellt oder bearbeitet, muss in der „Cloud“ liegen. Dementsprechend zeigt der Menübildschirm auch keine Apps, sondern zahlreiche Bookmarks, die auf Seiten wie Twitter, Facebook, YouTube, Wikipedia oder Google verweisen. Auch Mails kann man nur über Webdienste verschicken, einen lokalen Mail-Client gibt es nicht.

Das Internet reicht beim Joojoo aber nur so weit wie das WLAN-Netzwerk. Denn UMTS fehlt dem Tablet: Schon damit geht das Konzept des Always-Online-Tablets nicht mehr auf. Im Datenblatt des Joojoo ist auch Bluetooth aufgeführt: Es gibt aber keine Menüoption dafür, dementsprechend lässt sich der Nahfunk nicht nutzen. Auch die Internetkamera kann man nur mit passenden Internetdiensten verwenden: Denn ein lokales Programm für diese Hardware, etwa Skype, kann man ja nicht auf dem Joojoo installieren.
Immerhin hat das Joojoo einen USB-Anschluss: Daran lässt sich eine Tastatur anschließen. Von einem eingesteckten USB-Speicher kann das Tablet unterstützte Dateiformate wiedergeben.

Mobilität

Mit einem Gewicht von 1160 Gramm ist das Joojoo schwerer als das iPad oder das WeTab. Besonders lange will man es deshalb nicht in der Hand halten. Das kann man auch nicht, zumindest nicht weit von einer Steckdose entfernt: Denn beim WLAN-Surfen hielt das Joojoo mit einer Akkuladung im Test nur rund drei Stunden durch – sehr schwach.

Bedienung

Der kapazitive Bildschirm des Joojoo unterstützt Multitouch-Gesten: Man verschiebt zum Beispiel Webseiten mit zwei Fingern, was meist ziemlich flüssig ging. Das Blättern und Verschieben funktionierte aber bei komplexen Seiten mit vielen Flash-Kästen oder Bildelementen nur zäh. Die Zoomgeste durch das Auseinanderschieben von zwei Fingern versteht das Joojoo nicht: Das ist ungünstig, denn aufgrund der hohen Auflösung erscheinen viele Links und andere Seitenelemente so klein, dass man sie mit dem Finger nicht auf Anhieb trifft.

Zentrales Bedienelement beim Joojoo ist die Bedienleiste am oberen Bildrand: Sie ist zwar halbtransparent, verdeckt aber trotzdem manchmal Eingabefelder auf darunterliegenden Webseiten. Der Lagesensor drehte den Bildinhalt mit leichter Verzögerung. Witziges Detail: Auch der Joojoo-Schriftzug auf dem Panel-Rahmen wandert von unten links nach oben, wenn man das Tablet ins Hochformat dreht.
Die Bildschirm-Tastatur kann man eine Stufe größer zoomen. Sie gibt keine Druckrückmeldung über Ton oder Vibration. Allerdings sind die Tasten recht breit, was eine hohe Trefferquote auch beim schnellen Tippen garantiert. Da das Joojoo aber wie das iPad eine leicht gewölbte Rückseite hat, wackelt es, wenn man es zum Tippen auf den Schreibtisch legt.

Im Betrieb nervte das Joojoo besonders beim Verbinden mit WLANs: Es vergaß immer wieder die Passwörter für bekannte WLANs, die man dann umständlich über die Tastatur erneut eingeben musste. Wenn man das WLAN-Menü aufruft, steht der Statusschalter zunächst immer auf „Aus“ und wechselt erst nach ein paar Sekunden zur korrekten Anzeige „on“.

Geschwindigkeit

Das Surferlebnis mit dem Joojoo ist sehr angenehm: Der Browser arbeitete schnell. Im Browsermark erreichte er beispielsweise über 80.000 Punkte, mehr als doppelt so viel der iPad-Browser. Auch beim Test mit neuen Webformaten wie HTML5 und CSS3 schnitt das Joojoo sehr gut ab. Ebenfalls lobenswert: Nach einem Kaltstart ist es bereits nach 16 Sekunden einsatzbereit, das Aufwachen aus dem Bereitschaftsmodus dauerte mit neun Sekunden dagegen recht lange.

Bildschirm

Der spiegelnde Bildschirm des Joojoo ist nicht besonders hell. Für draußen eignet er sich daher kaum. Außerdem war er nicht besonders blickwinkelstabil.

Multimedia-Funktionen

Das Joojoo kann mit Flash-Elemten umgehen und spielt auch Flash-Videos ab: Meist ging das aber nicht ganz ruckelfrei. Flüssig liefen dagegen Videos von Youtube: Dafür besitzt das Joojoo einen eigenen Player, der aber nicht immer automatisch startete, wenn man ein Youtube-Video anklickte.
Videos vom USB-Stick spielte das Joojoo dagegen problemlos in vielen Formaten ab: Bis 720p liefen Videos in WMV, Divx/Xvid und H.264, auch im AVI- oder MKV-Container. Probleme hatte das Joojoo seltsamerweise mit den eigentlich weniger aufwändigen MPEG-4-Profilen für Smartphones: Da verweigerte es das Abspielen.

Nicht wiedergeben konnte es auch Musik im Ogg-Format sowie HD-Fernsehmitschnitte (MPEG-TS) in H.264. Die meisten Textformate wie DOC, XLS und PDF ließen sich außerhalb passender Online-Viewer auch nicht öffnen.

Umwelt/Gesundheit

Im Joojoo sitzt ein Lüfter: Der ist meist in Betrieb, aber nur zu hören, wenn man das Ohr nahe ans Lüftungsgitter hält. Unangenehmer war, dass sich das Joojoo im Dauerbetrieb spürbar erwärmte.