Fujitsu attackiert Amazon und IBM

11.05.2009
CTO Joseph Reger erklärt im Gespräch mit CW-Redakteur Wolfgang Herrmann, wie sich der FSC-Nachfolger im Markt für Cloud Computing positioniert.

CW: Stellt sich Fujitsu künftig als klassischer Cloud-Computing-Provider auf?

REGER: Cloud Computing bietet eine Fülle neuer Möglichkeiten. Wir konzentrieren uns auf das Segment Infrastructure as a Service. Kunden werden häufig aber nicht nur diesen Teil des Stacks haben wollen, sondern höhere Aggregationsstufen bis hin zu Software as a Service. Hier greifen wir auf unser Partnermodell zurück.

CW: Mit höheren Aggregationsstufen meinen Sie etwa Entwicklungsplattformen wie Force.com oder Google App Engine?

REGER: Ja. Wichtig zu verstehen ist in diesem Kontext, dass wir künftig unter der Marke Fujitsu agieren, nicht als Fujitsu Technology Solutions. Ein großer Vorteil, als Teil des Konzerns zu handeln, liegt darin, dass wir von den Skaleneffekten der weltweiten Organisation und ihrer IT-Strukturen profitieren können. Für die einstige FSC waren fehlende Skaleneffekte durchaus ein Problem.

CW: Fujitsu ist bei weitem nicht das einzige Unternehmen, das mit Infrastructure as a Service Geld verdienen will. Was unterscheidet Ihr Angebot von dem der Konkurrenten?

REGER: Die klassischen IT-Hersteller sind in Sachen Cloud Computing ja eher Nachzügler. Wir bei Fujitsu haben erkannt, dass wir uns klare Ziele setzen und eindeutige Kompetenzbereiche abstecken müssen. Wir gehen also nicht wie IBM vor und offerieren nebenbei auch Software as a Service. Unsere traditionellen Stärken befähigen uns, im Bereich Infrastruktur als Player aufzutreten. Zweitens: Wir wollen nicht einfach Dienste anbieten, sondern die verschiedenen Schichten der Dynamic Infrastructures, wie wir sie nennen, so gestalten, dass sie ineinandergreifen. Dafür braucht man Produktkompetenz. An diesem Punkt unterscheiden wir uns etwa von Amazon und einer ganzen Reihe anderer Cloud-Anbieter.

CW: Wozu brauchen Sie Produktkompetenz, wenn Sie, wie viele andere Dienstleister, etwa Standard-Server von Dell kaufen können, um die Rechenleistung als Service anzubieten?

REGER: Weil es mitnichten so ist, dass es bei Produkten wie Standard-Servern keine Differenzierung mehr gibt. Im Server selbst mag das zutreffen. Aber dieser Server kommt vielleicht in ein Rack, und hier fangen die Unterschiede schon an. Das Rack muss beispielsweise gekühlt werden; der gesamte Energieverbrauch spielt eine immer wichtigere Rolle, und zwar nicht nur bezogen auf die Systemplatine. Es geht weiter mit dem Rechenzentrumskonzept. Auch das Data Center muss gekühlt und mit Energie versorgt werden. Hier liegen Differenzierungspotenziale, auf die wir setzen.

CW: Die Unternehmensberatung McKinsey kritisiert in einer aktuellen Studie den Hype um Cloud Computing. Für Großanwender sei das Modell schlicht zu teuer. Was sagen Sie dazu?

REGER: Man muss unterscheiden: Reden wir über Großunternehmen oder über kleine und mittlere Betriebe? Für Letztere ist Cloud Computing etwa in Form von Software as a Service (SaaS) unbestritten eine sinnvolle Option. Große Organisationen dagegen können den von den Anbietern versprochenen Verbesserungen auch mit ihrer internen IT ziemlich nahe kommen, wenn sie den Cloud-Computing-Stil anwenden.

CW: Was genau meinen Sie mit Cloud-Computing-Stil?

REGER: Er beinhaltet zunächst eine vollständige Virtualisierung der Physik, um eine bessere Auslastung der Systeme zu erreichen. Daraus ergeben sich die größten Effekte zur Effizienzsteigerung. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, weil dabei lediglich die Anschaffungskosten der IT-Systeme betrachtet werden. Der zweite Hebel des Cloud-Computing-Stils betrifft die operativen Kosten des IT-Betriebs. Das beinhaltet nicht nur die Virtualisierung einzelner Komponenten, sondern die des gesamten Data Center. Hinzu kommt die optimierte Verwaltung und Zuordnung der Ressourcen. Letztere Aspekte können unterm Strich sogar größere Effizienzeffekte haben als etwa die reine Server-Virtualisierung. Last, but not least müssen die Dienste auch intern nach Cloud-Computing-Methoden abgerechnet werden. Das bedeutet konkret: Es gibt keine Umlagen mehr, sondern eine Bezahlung, die sich nach der tatsächlichen Nutzung richtet.