Informatik ist technologischer lnformations-Management-Service, Teil 3:

Für Informatiker das Angebot steigern

18.03.1988

MÜNCHEN - Reinen Tisch machen mit verwaschenen Vorstellungen über den "Erfolgsfaktor Information" will Karlheinz Vellmann. Seine These über die Rolle der DV-Protagonisten lautet: Informatik ist technologischer Service des strategischen Informations-Managements. In einer sechsstelligen Folge betrachtet der langjährige Henkel-Manager zunächst den Erfolgsfaktor Information" (CW Nr. 10 vom 4. 3. 1988). Danach schließt sich dem Blick auf die Informatik-Kosten eine Betrachtung über den Informatik-Nutzen an (CW Nr. 11 vom 11.3.1988). In dieser Folge analysiert der Experte auf dem Sektor Informations- und Rechnungswesen eine Reihe von Leistungsstrategien. In den letzten beiden Folgen schließlich stellt der Autor Komponenten des Informatik- und Informations-Managements einander gegenüber.

Für die Informatik-Produktivitätskennzahl sollte sowohl der realisierte als auch der noch zu realisierende Informatiknutzen ermittelt werden. Für den realisierten Informatiknutzen sind im Zusammenwirken mit dem Controlling Schätzungen beziehungsweise Nachrechnungen zu erstellen, während für den noch zu realisierenden Informatiknutzen je nach Projektreife (genehmigtes Projekt/Voruntersuchung/Vorhaben) mehr oder weniger detaillierte Kosten/Nutzen-Schätzungen erarbeitet werden müssen. Gelingt dieser Evaluierungsprozeß, können sowohl die dynamischen Informatik-Produktivitätskennzahlen als auch die Informatik-Opportunitätskosten ermittelt werden.

Abbildung 1 zeigt die Vor- und Nachrechnungen für drei dialogorientierte Basissysteme (IPS = Ingenieurtechnisches Planungs- und Steuerunqssystem; SDE = Stoffdatenerfassung Produktion; AUA Auftragsabwicklung Vertrieb). Die Darstellung zeigt, daß Planabweichungen sowohl bei den Investitions(Entwicklungskosten) als auch bei den laufenden Kosten sowie bei den Nutzenvolumina zu verzeichnen sind. Bei den durch Nachrechnung ermittelten Ist-Zahlen entstehen in allen Fällen beachtliche ROI-(Return-on-Investment-)Kennzahlen, und zwar auf der Basis von hauptsächlich primären Nutzenkomponenten.

Ein ähnliches Bild ergibt sich bei den realisierten logistischen Planungs- und Steuerungssystemen. Abbildung 2 zeigt die Entwicklungskosten und die Nutzenüberschüsse für die realisierten PPS-Systeme der Materialwirtschaft. Den Entwicklungskosten insgesamt stehen Nutzenüberschüsse in fast doppelter Höhe gegenüber, wobei ein wesentlicher Teil der Nutzenüberschüsse auf die Kategorie "Steuerungsnutzen" entfällt. Hier erfordert der Nachweis des Ist-Steuerungsnutzens zwar einen höheren analytischen Aufwand; in einer Art Wahrscheinlichkeitsbewertung können jedoch nach der Methodik der "Risikoanalyse" der häufigste Wert und sein engerer Streubereich als "Quasi-Ist-Nutzen" in die Nachrechnung eingeführt werden.

In Abbildung 3 erscheinen die Nutzenkomponenten für das bei Henkel neu entwickelte "Top-Info"-Management-Informationssystem, das auf dem Gebiet der (internationalen) Konzernsteuerung und -berichterstattung eingesetzt wird. Das System basiert auf Datentransfer-Dateien, mit deren Hilfe die Umsatz-, Kosten-, Ergebnis- und Investmentdaten der verbundenen Unternehmen am dritten Arbeitstag eines jeden Monats in die zentrale "Top-Info"-Datenbank eingegeben werden. Nach Bearbeitung und Freigabe der Daten durch das Zentralcontrolling stehen der Unternehmensleitung ab dem fünften Arbeitstag die Konzernsteuerungsdaten - einschließlich der ROI/RI-Kennzahlen - zum Informationsabruf zur Verfügung.

Das Top-Info-Management-Informationssystem ist Controlling-orientiert ausgerichtet. Es umfaßt neben direkten administrativen Nutzenkomponenten einen nicht näher quantifizierten Steuerungsnutzen. Um die Nutzenkomponenten zu realisieren, bedarf es der Umstellung des Managements und des Controllings auf ein "papierloses" Informations-Management. Das System soll in einer zweiten Stufe zu einem lernfähigen "Controller-Expertensystem" ausgebaut werden.

In Abbildung 4 sind die Kosten/Nutzen-Relationen aller in einem Jahrzehnt realisierten Informatik-Großprojekte, unterteilt in zwei 5-Jahres-Perioden, dargestellt. Es zeigt sich, daß in der ersten dieser Perioden der Anteil des Primären/direkten Nutzens durch Umstellung auf dialogorientierte Basissysteme ausschlaggebend ist. Dagegen überwiegt in der zweiten 5-Jahres-Periode der Anteil des tertiären/Steuerungsnutzens deutlich. Selbst dann, wenn sich der angenommene Steuerungsnutzen auf die Hälfte reduzieren würde, wäre im Durchschnitt noch eine beachtliche Return-Kennzahl und damit eine relativ kurze "Kapitalrückflußdauer" der für die Systemgestaltung aufgewendeten Entwicklungskosten gegeben.

Mit der technologischen Entwicklung der Informatik lassen sich neue Anwendungen erschließen und so das Informatik-Service-Angebot komplettieren. Günstige Voraussetzungen sind insbesondere auf den Gebieten Netzintegratiön, globale Datenbanknutzung und Sprachen d er 4./5. Generation sowie Sprach-Ein-/Ausgabe und Expertensysteme in Verggeneration sowie Spräch-Ein-/-Ausgabe und Expertensysteme in Verbindung mit einer weiteren Verbesserung der Preis/Leistungs-Verhältnisse im Bereich Hardware gegeben. Ziel muß es sein und bleiben, rait den neuen Elementen des Inforinatik-Service-Angebots mehr als nur marginale Anwendungsnutzenpotentiale bei den "internen Informatikkunden" zu erschließen.

Service nach neuem Zuschnitt

Die technologische Entwicklung der Informatik bringt auch neue Anwendungen wie etwa ein Informationssystem für das Management hervor. Damit rundet sich das Service-Angebot dieses Bereichs immer mehr ab. Ziel des neuen Service-Angebot dieses Bereichs immer bleiben, in vollem Umfang zusätzliche Anwendungsnutzenpotentiale zu erschließen.