Verschnittoptimierung mit "Traopt":

Für das Glasprogramm wird jetzt ein Holzbein gedrechselt

03.03.1978

LINDEN-LEIHGESTERN (uk) - Zunächst war's nur als Freundesdienst für den Geschäftsführer einer Isolierglasfabrik gedacht: Doch das Verschnitt-Optimierungsprogramm von zwei Gießener Physikern erwies sich nach der Installation als Renner für die gesamte Flachglasbranche. So führten schließlich weitere Aufträge aus der Glasindustrie dazu, daß die beiden Wissenschaftler ihre Dozentenstellen an der Universität Gießen aufgaben und ein eigenes Softwarebüro gründeten.

Die Physiker Dr. R. Albat und Dr. B. Wirsam gingen bei der Entwicklung ihres Verschnitt-Optimierungsprogramms von folgenden Überlegungen aus: Während früher im Flachglaszuschnitt mit relativ vielen kleinen Lagermaßen gearbeitet wurde und dabei in der Praxis über 20 Prozent Verschnitt anfielen, wird seit einigen Jahren der Zuschnitt vorwiegend aus sehr großen Floatglasplatten (zum Beispiel 6x3,20) vorgenommen. Diese Umstellung zwang die Glasschneider, sich Gedanken zu machen, wie mit möglichst wenig Abfall kleine Scheiben aus der Riesenplatte geschnitten werden können. Die Professoren lösten dieses Problem mit einer mathematischen Näherungsmethode, mit der die Verschnittquote unter vier Prozent gehalten werden kann. Das kann nach Angaben von Dr. Wirsam für größere Isolierglashersteller Einsparungen von mehr als 20000 Mark monatlich bedeuten.

Das unter dem Namen "Traopt" angebotene Programmpaket kann auch Lochstreifen ausstanzen, die zur numerischen Steuerung von Glasschneideautomaten eingesetzt werden. Für manuelle Glasschneidetische setzt "Traopt" das Rechenergebnis in ein Schnittbild um, das in schematischer Form die Lagerplatte und die Schnittlinien graphisch darstellt. Zur Erleichterung von Sortierarbeiten werden noch Haftetiketten ausgedruckt, die zur Kennzeichnung der Reihenfolge der Scheiben auf den Schnittplänen dienen. So erhält jede Scheibe sofort beim Schneiden, bevor die Platten gebrochen werden, ihren "Ausweis" und ist damit für die nachfolgenden Arbeiten unverwechselbar gekennzeichnet. Da, eine Isolierglaseinheit meist aus einem Paar gleicher Scheiben besteht, hat die paarweise Optimierung sortier- und produktionstechnische Vorteile. Das "Traopt"-Programmpaket kann daher auf Wunsch auch "pärchenweise" optimieren, wobei ebenfalls Verschnittzahlen von vier bis fünf Prozent erreicht werden sollen.

Um neben dem Optimierungsprogramm eine Gesamt-Branchenlösung anbieten zu können, entwickelte das Software-Duo "Albat + Wirsam" außerdem noch Dialogprogramme für die Auftragsbearbeitung, die mit der Schnittoptimierung in einem Paket integriert ablaufen.

Das mittlerweile 30mal installierte Schnittoptimierungsprogramm "Traopt" und das 15mal eingesetzte Auftragsbearbeitungsprogramm "Alfak" liegen in Cobol, PL/I und Assembler vor und laufen auf verschiedener Hardware wie beispielsweise auf dem Nixdorf Disketten Terminal 8820 für kleinere Isolierglashersteller oder auf der IBM-370 für Großglashütten.

Trotz der Anfangserfolge erscheint dem Softwarebüro "Albat + Wirsam" das "Glasbein" auf die Dauer als zu wenig tragfähig. Daher "drechselt" man zur Zeit an einem "Holzbein" (für die Spanplattenindustrie), da die Optimierungsprogramme auch in anderen Branchen einsatzfähig sein sollen.

Information: Albat + Wirsam, Beethovenstraße 48, ?301 Linden-Leihgestern.