Cloud, Mobility, IoT und Wearables

Fünf IT-Prognosen - und was aus ihnen geworden ist

01.03.2016
Von Dan Matthews und
Martin Gunnarsson ist Director Research & Strategy bei dem schwedischen ERP-Anbieter IFS.
Während die Cloud und Software-Services aus der IT-Wolke weiter auf dem Vormarsch sind und die Akzeptanz auf Seiten der Anwender wächst, wird es noch eine Weile dauern, bis sich das Internet der Dinge zum Mainstream entwickelt hat und Wearables reif für den Business-Einsatz sind.

Zum Jahreswechsel haben Prognosen und Vorhersagen in der IT-Branche wieder einmal Hochkonjunktur. Anlass genug, um sich die wichtigsten Prophezeiungen der letzten Jahre in Erinnerung zu rufen und zu überprüfen, was aus ihnen geworden ist.

Die Zukunft gehört der Hybrid Cloud

Zu den häufigsten Voraussagen der IT-Auguren in den vergangenen Jahren zählte, dass der hybriden Cloud die Zukunft gehört. Und diese Prophezeiung scheint sich zu erfüllen. Die Grundlage dafür ist zunächst einmal die steigende Akzeptanz von Public-Cloud-Angeboten. Das Vertrauen in diese Services wächst, da immer mehr Menschen sie mittlerweile aus ihrem Privatleben kennen und auch nutzen. Darüber hinaus haben Anbieter wie Amazon und IBM Public-Cloud-Dienste entwickelt, die gezielt die Bedürfnisse großer Unternehmen bedienen.

Für einen weiteren Vertrauensschub dürfte das Urteil des Europäischen Gerichtshofs sorgen, der jüngst das Safe-Harbor-Abkommen für ungültig erklärte. Dieses Ereignis wird dazu führen, dass die großen US-amerikanischen Public-Cloud-Anbieter spezielle Angebote schnüren werden, bei denen die Daten innerhalb von Deutschland oder zumindest innerhalb der Europäischen Union vorgehalten werden. Den Anfang dazu hat Mircosoft bereits gemacht und eine "Deutsche Cloud" in Kooperation mit der Deutschen Telekom angekündigt. Gerade die deutschen Unternehmen, die der öffentlichen Cloud traditionell skeptisch gegenüberstehen, werden ihre zögerliche Haltung dadurch wohl weiter aufgeben.

Aber auch wenn die Akzeptanz für die Public Cloud gestiegen ist und voraussichtlich weiter steigen wird - nur die allerwenigsten Unternehmen werden bis auf weiteres komplett in die öffentliche Cloud wechseln. Das machen in aller Regel nur sehr kleine Unternehmen und Start-ups, denen die nötigen Mittel fehlen, um in eigene Infrastrukturen zu investieren. Die allermeisten Unternehmen, die bereits heute Public-Cloud-Angebote wie Microsoft Office 365 oder CRM-Systeme nutzen, arbeiten mit hybriden Infrastrukturen, die Services aus der öffentlichen Cloud mit ihren Inhouse-Architekturen kombinieren - und daran wird sich auch in nächster Zukunft nichts ändern. Der Grund dafür ist denkbar einfach: Die Unternehmen haben bereits in ihre interne Infrastrukturen investiert und haben diese für geschäftskritische Prozesse und Daten im Einsatz. Es ist anzunehmen, dass sie diese auch auf absehbare Zeit noch weiternutzen werden.

Aber hybride Infrastrukturen kombinieren nicht nur die Vorteile der Public Cloud mit dem Schutz bereits getätigter Investitionen in On-Premise-Installationen. Sie haben noch einen weiteren Vorteil. Hybrid Clouds eignen sich ideal dafür, um Entwicklungen in einem eingegrenzten Umfeld zu testen, bevor sie auf das ganze Unternehmen ausgerollt werden. Kritische Applikationen können so etwa zunächst in einer öffentlichen Cloud getestet, und wenn sie dann für den Echteinsatz bereit sind, in die interne Umgebung überführt und dort betrieben werden. Der Aufwand für den Aufbau der Testumgebung lässt sich so möglichst gering halten.

Aufgrund dieser Entwicklungen und Vorteile werden hybride Setups eine immer wichtigere Rolle spielen. Vorhersagen, wie sie etwa die Marktforscher von Gartner 2014 in ihrem Report "The Rise of the Postmodern ERP and Enterprise Applications World" machten, könnten sich deshalb erfüllen. In fünf Jahren, so sagte 2014 Gartner in der Studie voraus, werden hybride ERP-Umgebungen der Normalfall sein.

Mobility wird zur Realität

Eine zweite zentrale IT-Prognose der Vergangenheit war: "Mobility wird zur Normalität." Diese Prophezeiung wurde bislang nur mit Abstrichen Realität, denn der Großteil des Geschäftslebens spielt sich nach wie vor am Schreibtisch ab. Dennoch besteht kein Zweifel daran, dass Enterprise Mobility auf dem Vormarsch ist. Egal, ob sie ihre Mitarbeiter selbst mit Mobilgeräten ausstatten, oder ob diese ihre eigenen Smartphones und Tablets in die Arbeit mitbringen: immer mehr Unternehmen nutzen die Vorteile mobiler Lösungen, die von effizienteren Abläufen über höhere Produktivität bis hin zu größerer Mitarbeiterzufriedenheit reichen.

Das bedeutet für die Unternehmen aber auch, dass sie eine flexible Software benötigen, die neben den nach wie vor bestehenden stationären nun auch die mobilen Bedürfnisse abdecken kann. Und diese sind wiederum sehr unterschiedlich, da es verschiedene mobile Anwendertypen im Unternehmen gibt. Viele Mitarbeiter nutzen Mobilgeräte in der Arbeit nur als gelegentliche Ergänzung - etwa um unterwegs Wartezeiten zu überbrücken und mobil einfache Aufgaben zu erledigen. Daneben gibt es Nutzer, die von Berufs wegen mobil sein müssen, beispielsweise Servicetechniker oder das Lagerpersonal. Eine dritte Gruppe sind die Power-User, die wie selbstverständlich situationsabhängig jederzeit zwischen allen erdenklichen Devices wie Desktop-PC, Notebook, Tablet oder Convertible hin- und herwechseln möchten.

Unternehmen brauchen also unterschiedliche mobile Anwendungen: von einfachen Business-Apps über spezielle Lösungen für Service- und Lagermitarbeiter bis hin zu Applikationen, die uneingeschränkt über alle Endgeräte hinweg verfügbar sind. Um dabei möglichst alle Mobilgeräte - gegebenenfalls inklusive der privaten Devices der Mitarbeiter - abzudecken, sollten die mobilen Lösungen außerdem über alle gängigen mobilen Plattformen wie Android, iOS und Windows hinweg lauffähig sein. Arbeiten Unternehmen ihre mobilen Richtlinien aus, sollten sie dabei vor allem eines im Hinterkopf behalten: Wenn sie ihre Mitarbeiter zu sehr einschränken, laufen sie Gefahr, eine Schatten-IT zu produzieren. Im Zweifel werden die Mitarbeiter nämlich das tun, was ihnen am sinnvollsten erscheint, und nicht das, was das Unternehmen als Bestes erachtet.

Wearables - Top oder Flop?

Zahlreiche Marktanalysten sagten Wearables in der jüngeren Vergangenheit eine große Zukunft voraus. Einige warnten aber auch davor, dass die Geräte die hohen Erwartungen nicht erfüllen können und enttäuschen werden. Zu Beginn des Jahres 2015 sah es so aus, als sollten die Skeptiker Recht behalten. Google Glass wurde zu einem riesigen Flop - der Verkauf musste aufgrund zahlreicher Probleme gestoppt werden. Dennoch bleiben Wearables ein spannendes Gebiet. Das liegt unter anderem daran, dass viele Anbieter das Thema nun aus einer anderen Perspektive betrachten. Sony beispielsweise entwickelt nun Smart Glasses für professionelle Anwender und geht damit einen anderen Weg als Google, dessen Datenbrille ursprünglich vor allem für Konsumenten gedacht war.

Für Unternehmen bedeuten diese Entwicklungen vor allem eins: Sie sollten abwarten, den Markt beobachten und nach interessanten Innovationen suchen, die ihnen wirklich weiterhelfen können. Jetzt bereits in Wearables zu investieren, wäre vermutlich noch zu früh, da mit hoher Wahrscheinlichkeit noch einige Neuerungen zu erwarten sind. Generell sollten Unternehmen sich aber bewusst machen, dass es wenig Sinn gibt, bereits vorhandene und funktionierende Methoden einfach blind durch Wearables zu ersetzen - etwa die Kopfhörer, über die heute bereits viele Lagermitarbeiter instruiert werden, oder ihre am Finger befestigten Barcode-Scanner. Der Einsatz von Wearables sollte nur dort erfolgen, wo sie einen echten Mehrwert bieten.

Das Internet der Dinge ist noch weit vom Mainstream entfernt

Das Internet der Dinge wird unser Leben verändern - das heißt es schon seit Jahren und die Experten prophezeiten die unterschiedlichsten Szenarien. Sie reichen vom Kühlschrank, der selbstständig Lebensmittel nachbestellt, bis hin zu Smart Homes, die erkennen, wann sich jemand in der Wohnung aufhält und die Heizungsleistung automatisch danach einstellt. Heute muss man aber festhalten: Das Internet der Dinge ist noch ein gutes Stück vom Mainstream entfernt.

Zwar finden sich im industriellen Umfeld mittlerweile einzelne Anwendungen, aber auch hier ist das Internet der Dinge alles andere als eine gängige Technologie. Das liegt unter anderem daran, dass diese industriellen Anwendungen in aller Regel einmalige Löungen für einmalige Anforderungen sind. Die Möglichkeiten zur Standardisierung sind dadurch stark begrenzt. Außerdem werden der Nutzen und die Funktionsweisen dieser Technologie vielfach noch nicht völlig verstanden und sie hat sich daher bis dato auch noch nicht in der Breite bewährt.

Ein Unternehmen, dass die Technologie einsetzen möchte, müsste deshalb zunächst einmal selbst Modelle dafür entwickeln, wie es konkret vom Internet der Dinge profitieren kann - entweder in Form von Kostensenkungen oder durch die Generierung von zusätzlichem Umsatz. Und dann gilt es auch noch, die für die Lösung benötigten Komponenten zu testen und einzurichten. Deshalb sollten Unternehmen gründlich überlegen, ob sich die zum jetzigen Zeitpunkt hohen nötigen Investitionen am Ende wirklich rechnen.

Wachstumstrend für Software-as-a-Service setzt sich fort

Software-as-a-Service (SaaS) kann schon seit längerem große Wachstumsraten verzeichnen und viele Analysten gehen davon aus, dass sich dieser Trend weiter fortsetzen wird. So prognostizierte beispielsweise PwC Ende 2014 in dem Report "ERP: New technology, new options", dass die Investitionen in SaaS-Lösungen bis zum Jahr 2016 weltweit auf 78 Milliarden Dollar steigen werden. Ob dieser Trend ungebrochen weitergeht, wird unter anderem von einer Frage abhängen. Viele Unternehmen setzen auf hybride Cloud-Infrastrukturen, weil sie ihre vorhandenen internen Strukturen weiter betreiben, um die Investitionen dafür zu schützen. Wie aber werden sie sich verhalten, wenn diese Infrastrukturen veraltet sind und ausgetauscht werden müssen?

Keine Frage: SaaS-Lösungen bieten zahlreiche Vorteile und können auch sehr sicher sein. Dennoch funktionieren sie nicht in allen Fällen, da Unternehmen damit häufig die Kontrolle über die Anwendungen aus der Hand geben. Probleme könnte es deshalb vor allem in den Bereichen geben, in denen ein hohes Maß an Eigenkontrolle erforderlich ist. Wird man beispielsweise zu einem Update gezwungen, während man mitten in einem wichtigen Projekt steckt, ist das dem Projekterfolg sicher nicht gerade förderlich. In diesen Bereichen könnte sich deshalb eine Inhouse-Installation als die bessere Alternative darstellen.

Wenn Unternehmen darüber nachdenken, eine SaaS-Lösung einzuführen, sollten sie deshalb genau abwägen, wieviel Eigenkontrolle nötig ist. Geht es etwa um einen Mail-Server, wird der Bedarf daran nicht besonders hoch sein. Im Fall einer geschäftskritischen Anwendung ist naturgemäß soviel Kontrolle wie möglich erforderlich. Ist bei einer kritischen Applikation bereits eine Grundsatzentscheidung für SaaS gefallen, sollten die Unternehmen deshalb die Möglichkeit einer Ein-Mandanten-Lösung prüfen. Bei diesem Modell verfügt jedes Unternehmen über eine eigene Instanz der Softwareanwendung und der dahinter stehenden Infrastruktur, und muss sie sich nicht mit anderen Unternehmen teilen. Dadurch hat es die Möglichkeit, die Anwendung nach Gutdünken zu optimieren und an seine eigenen Anforderungen anzupassen.

Neben den hier diskutierten Trends stehen neue Entwicklungen in der IT bereits in den Startlöchern und es werden zweifellos noch weitere hinzukommen. Es bleibt also abzuwarten, was das "nächste große Ding" sein wird und ob die IT-Auguren mit ihren Prognosen Recht haben, oder daneben liegen werden.