Fünf Alternativen für die IBM

13.01.1978

Es darf wohl unterstellt werden, daß der durchschnittliche Anwender den Antitrust-Prozeß der US-Regierung gegen die IBM eher als ein Ärgernis betrachtet - etwa so, als ob "fern in der Türkei die Völker aufeinanderschlagen". Darüber zu lesen, mag zwar amüsant sein. Trotzdem wird von IBM-Kunden wohl vornehmlich befürchtet, daß Leistung und Service und langfristig auch die Produkte darunter leiden würden, falls IBM sich irgendwie verändern oder anpassen müßte.

Die US-Regierung fordert die Zerschlagung des Marktgiganten in verschiedene, untereinander konkurrierende Gesellschaften. Das ist das Prozeß-Ziel des Department of Justice. Keiner weiß, wie der im Schneckentempo dahinsiechende Prozeß ausgehen wird. Wie immer das Urteil der Erst-Instanz ausfallen mag: Die unterlegene Partei wird in Berufung gehen und auf Jahre - vielleicht ein Jahrzehnt - wird sich also nichts verändern; es sei denn, es käme - wie bei den beiden vorherigen Prozzessen der Regierung gegen die Firma in den 30er und 50er Jahren - zu einem außergerichtlichen Vergleich. IBM könnte freiwillig einem neuen Consent Decree zustimmen.

In jüngster Zeit hat es mehrfach Verhandlungen zwischen hohen IBM-Managern und höchsten IBM-Rechtsanwälten einerseits und der Führung der Antitrust-Division im US-Justizministerium gegeben. Gründe für ein Einlenken der IBM könnte die Erkenntnis sein, daß trotz vieler Etappensiege der Prozeß letztendlich nicht gewonnen werden kann. Das peinliche Schauspiel, wie eine mächtige Regierung mit Hilfe der rechtmäßigen Justiz einen Groß-Konzern nicht besiegen kann, wird immer unerträglicher.

Welche Lösungen sind also denkbar?

1. Wenig wahrscheinlich ist, daß IBM in mehrere jeweils identische Firmen, also jeweils mit der gleichen Produktpalette zerstückelt wird, sozusagen in mehrere Mini-IBM's.

2. Schon wahrscheinlicher ist, daß IBM aufgeteilt würde in Produktgruppen-Firmen, etwa eine Klein-Computer-Firma, eine Mittelklasse-Computer-Firma, eine Groß-Computer-Firma, eine Nachrichtenübertragungsgesellschaft und natürlich auch eine Firma für Textverarbeitung.

3. IBM könnte auch funktional zergliedert werden in verschiedene Firmen für Entwicklung, für Produktion, für Vertrieb, für Leasing, für Wartung, für Software.

Zwischenzeitlich mehrt sich der Protest derer, die keine Aufteilung wollen, sondern mehr Kontrolle über die ganze Firma oder gar die ganze Branche wünschen. Zwei Modelle sind denkbar:

4. IBM wurde gezwungen, den Wettbewerbern und den Anwendern Standards und Spezifikationen für neue Produkte lange vor Ankündigung bekanntzugeben (Kodak-Lösung), so daß sich die Konkurrenz und die Kunden rechtzeitig auf die Marktentwicklung einstellen können.

5. IBM wäre als natürlich gewachsenes Monopol zu betrachten und eine US-Bundesaufsichts-Behörde würde geschaffen, die die Branche so reguliert, wie beispielsweise die Federal Communications Commission dies im Bereich der privaten amerikanischen Telefongesellschaften per Preiskontrolle und Investitionskontrolle praktiziert

Konsequenzen für den Anwender

Man stelle sich vor, ein "138-Verkäufer" hätte bei Gesprächen über die neue Systemkonfiguration die Konkurrenz eines "148-Verkäufers" einer anderen Firma zu fürchten.

Man stelle sich vor, ein anderer "138-Verkäufer" einer anderen Firma würde das gleiche Modell zu günstigeren Preisen und Konditionen anbieten.

Man stelle sich vor, mehrere Vertriebsgesellschaften könnten bei der gleichen Produktionsgesellschaft "IBM-Produkte" kaufen und gegeneinander vertreiben.

Man stelle sich vor, die Konkurrenz und die Mixed-Hardware-Firmen könnten sich heute schon auf die IBM-Produkte einstellen, die in dreißig Monaten auf den kommen.

Man stelle sich vor, IBM erhielte nur dann Regierungszustimmung zu ihren Preisen, wenn sie den Nachweis erbringen kann, daß Gewinne vor Steuern in etwa dem Durchschnitt in allen Industriezweigen entsprechen.

Wie immer der Prozeß des Jahrhunderts ausgehen mag, die Anwender werden durchaus betroffen sein.