Mitarbeiter sind keine Sklaven der neuen Technik:

Führungsstil mit Akzeptanz sichert Erfolg

08.03.1985

MÜNCHEN (lo) - Kooperativer Führungsstil und neue Technik gehen nicht Hand in Hand. Professor Dr. Reinhard Höhn von der Führungsakademie der Wirtschaft in Bad Harzburg beklagte jüngst in "Blick durch die Wirtschaft besonders für diesen jungen Sektor mangelnde Akzeptanz im Führungsstil.

Betroffene zu hören, um deren Initiativen miteinbringen zu können oder sie aktiv an Umsetzungen mitwirken zu lassen, sei als Chance bei der Einführung neuer Techniken bisher vertan worden, meint der

Altmeister im der Wiege deutscher Managergenerationen .

Dabei hätten sich nicht nur Unternehmen mit autoritärer Führung negativ hervorgetan - und teures Lehrgeld zahlen müssen. Auch solche Unternehmen, die seit längerem und erfolgreich die Kooperation als Maxime befolgten, seien bei der grundlegenden organisatorischen Veränderung durch die Elektronik in den gleichen Fehler verfallen.

Den Grund sucht der Mentor der deutschen Wirtschaftselite in der jüngsten Historie. Als vor etwa 20 Jahren sich die großen, kostenintensiven Rechenzentren etablierten, lag das DV-Wissen in der Hand weniger Mitarbeiter. Sie entwickelten sich allmählich zu einer geschlossenen "Priesterkaste". Auch die Unternehmensführung stand schließlich stramm vor wenigen Erwählten.

Von dieser Form der klassischen Datenverarbeitung war jedoch nur ein bestimmter Teil der Mitarbeiter betroffen. Durch den dezentralen Einsatz von Mikroprozessoren erfolgte der entscheidende Strukturwandel. Die Technik verließ das "Ghetto" Rechenzentrum, schreibt Höhn, und rückte an den einzelnen Arbeitsplatz vor.

Die Akzeptanz jedes Mitarbeiters wird nun zum grundlegenden Problem. Vermeintliche Vorteile des Computers sowie sein Handling mehr oder weniger schmeichelhaft den Betroffenen nahebringen, beläßt diesen in einer passiven Rolle; und dagegen wehre sich der Arbeitnehmer dementsprechend, merkt Höhn an.

Um den Frust der Mitarbeiter zu verhindern, sei es nötig, diese möglichst früh bei geplanten Veränderungen der Arbeitsabläufe, Aufgaben und Kompetenzen einzuschalten. Zur Einführung neuer Technik muß er Bedenken äußern, Wünsche darlegen und Veränderungen begreifen können.

"Wissen beseitigt die Unsicherheit. Aus dem Wissen erwächst das Können. Aus dem Können entwickelt sich die Arbeitsfreude. Arbeitsfreude führt zur Befriedigung am Arbeitsplatz." So formuliert der Senior aus Bad Harzburg seine Erfahrungen.

Im offenen Gespräch die Probleme angehen

Vorgesetzte zusammen mit EDV-Fachleuten des eigenen Unternehmens sollten deshalb im offenen Gespräch mit den Mitarbeitern Widerstände und verdeckte Argumente kennenlernen.

Besonders die Form dieses Austausches sei entscheidend. Höhn gibt folgende Ratschläge:

- Ziel des Gespräches ist es, daß der Vorgesetzte möglichst viel von der inneren Einstellung seiner

Mitarbeiter, ihrer Unsicherheit und ihren Bedenken erfährt.

- Fragen beantwortet er, soweit er dies vermag, selbst oder läßt sie, insbesondere wenn es sich um rein technische Probleme handelt, von den Spezialisten beantworten.

- Mit einem einzigen Gespräch ist es allerdings nicht getan.

Erst nach und nach setzt ein Verständnisprozeß ein. Es kommt allmählich zu einem Austausch von tiefgreifenden Wünschen, Bedenken und Vorstellungen, führt Höhn aus. Wer bisher kooperativ führte, hat es leicht: Er kann auf die grundsätzliche Bereitschaft der Mitarbeiter rechnen.