Schmalenbach-Tagung analysiert deutsche Wettbewerbssituation:

Führungskräfte müssen Schulbank drucken

10.06.1988

KÖLN (CW) - Die Bundesrepublik muß sich zum "Innovativen Technologieproduzenten" entwickeln. Dies ist die einzige Chance, sich angesichts der zunehmenden internationalen Konkurrenz auf den Weltmärkten zu behaupten, erklärten Experten während einer Tagung der Schmalenbach-Gesellschaft in Düsseldorf.

Die Tagung der Schmalenbach-Gesellschaft - Deutsche Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V. - stand unter dem Motto "Betriebliche Aus- und Weiterbildung von Führungskräften der Wirtschaft" - Notwendige Investitionen in das Humankapital. Die Entwicklung von der Industrienation zum "Innovativen Technologieproduzenten" erfordert, so die Referenten, daß die Führungskräfte ebenso wie alle Mitarbeiter das für ihren Aufgabenbereich notwendige Wissen ständig aktualisieren müssen. Darüber hinaus würden sich für die Vorgesetzten neue Anforderungen im Hinblick auf die Kommunikations-, Kooperations- und Motivationsfähigkeit ergeben. Als weitere wichtige Ziele nannten die Ausbildungsexperten die "Förderung der Schlüsselqualifikation ", "Stärkung der Methodenkompetenz" sowie "Schulung von Führungswissen und -verhalten".

Universitätsausbildung kann Praxis nicht ersetzen

Auf die Anforderungen des weltweiten Wettbewerbs ging Justus Mische, Personaldirektor der Hoechst AG, ein. Grundvoraussetzung sei ein internationales Profil, also Sprachkenntnisse, internationale Erfahrung und Verständnis für fremde Kulturkreise. Um dies zu erreichen, genüge es nicht, das Aus- und Weiterbildungsangebot nur auszuweiten; vielmehr müßten die starren Organisationsstrukturen der Vergangenheit durchlässiger werden, um die notwendigen Spielräume für den Know-how-Austausch über Abteilungs- und Landesgrenzen hinweg zu ermöglichen.

Eine besondere Situation besteht im Bereich des internationalen Projektmanagements, betonte Dieter Arnold, Vorstandsmitglied der Mannesmann Anlagenbau AG. Für Projektführungskräfte gebe es weder anerkannte Berufsbilder noch entsprechend interdisziplinär ausgerichtete Studiengänge, Deshalb seien die Unternehmen gefordert, selbst durch geeignete Personalentwicklungsmaßnahmen für einen ausreichenden Bestand an qualifizierten Projektführungskräften zu sorgen. Ein solches Weiterbildungskonzept müsse sowohl die Vermittlung von interdisziplinärem Grundwissen als auch von projektbezogenem Fach- und Führungswissen abdecken.

Die Rolle der Hochschulen im Rahmen des Bildungsprozesses skizzierte Professor Karl Alewell, Universität Gießen. Nach seiner Auffassung kann Universitätsbildung Praxiserfahrung nicht ersetzen, wohl aber diese vorbereiten und ergänzen. Darüber hinaus sei jedoch Arbeitsteilung zwischen ausbildender Wirtschaft und Universitätseinrichtungen erforderlich, was eine inhaltliche Abstimmung und Kooperation bei der Durchführung voraussetze.

Im internationalen Vergleich stehen europäische Aus- und Weiterbildungssysteme sehr gut da; dies war das Ergebnis einer Analyse, über die Professor Sybren Tijmstra, Niederlande, berichtete. Allerdings - und dies beschränke sich nicht auf Europa - konzentrierten die Unternehmen ihre Aus- und Weiterbildungsbemühungen nur auf fünf bis zehn Prozent ihrer Führungskräfte, wobei die Führungskräfte der obersten Ebene vielfach zu kurz kämen. Auch Tijmstra sieht in einer engen Kooperation von Universitäten und Unternehmen den einzig gangbaren Weg.