Assessment Center

Führung auf dem Prüfstand

29.09.2008
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

Laienschauspieler halten nicht durch

Treffen hochqualifizierte Kollegen in einem Auswahlprozess aufeinander, können Gewinner und Verlierer am Ende eines Verfahrens für Zündstoff innerhalb der Firma sorgen. Bekommt der Büronachbar den Job, auf den auch andere gehofft haben, kann die Motivation in Frustration umschlagen. Annette Glitz, Management- und Personalberaterin in München, konzipiert und moderiert seit mehr als 20 Jahren Assessment-Center-Verfahren für Unternehmen. Gerade wenn es darum geht, künftige Führungskräfte zu identifizieren, sollten Firmen vorab offen das Ziel des Verfahrens besprechen. "Transparenz ist sehr wichtig. Die Teilnehmer sollten beispielsweise erfahren, welche Übungen sie erwarten, nach welchen Kriterien sie beobachtet werden bis hin zur möglichen Kleiderordnung."

Mit diesen Informationen ausgestattet, kann sich jeder entsprechend vorbereiten. Schauspielerisches Talent sollten die Teilnehmer allerdings nur wohldosiert einsetzen. "Niemand kann den Beobachtern über mehrere Tage hinweg etwas vorspielen", warnt Glitz. Sie empfiehlt authentisches Verhalten.

Wer dagegen glaubt, mit vornehmer Zurückhaltung die Beobachter von seinen versteckten Qualitäten zu überzeugen, irrt ebenfalls. Geschickt eingesetzte Eloquenz zahlt sich aus, schließlich geht es darum, seine Talente und Fähigkeiten sichtbar zu machen. In Beobachterschulungen wird genau festgelegt, welches Verhalten wie bewertet werden soll. "Führungskräfte müssen kommunikativ sein; das heißt auch, dass sie Spaß daran haben, sich zu zeigen, und ihre Qualitäten darzustellen", so die Beraterin.

"Die Teilnehmer sollten vorher erfahren, nach welchen Kriterien sie beurteilt werden." Annette Glitz, Personalberaterin
"Die Teilnehmer sollten vorher erfahren, nach welchen Kriterien sie beurteilt werden." Annette Glitz, Personalberaterin
Foto: Annette Glitz

Führungspositionen innerhalb eines Unternehmens über ein Assessment-Center zu besetzen, sieht Annette Glitz kritisch. Vorgesetzte und Personaler sollten aufgrund von Projekterfolgen, regelmäßigen Mitarbeitergesprächen oder Entwicklungsplänen längst wissen, wer sich für die Aufgabe eignet. Mehr Chancen lägen in so genannten Entwicklungs- oder Development-Centern, die das Potenzial von Mitarbeitern verdeutlichen. Mit den Ergebnissen lassen sich maßgeschneiderte Entwicklungspläne erarbeiten und die Führungskräfte von morgen schulen.