Suse, Turbolinux und Linuxcare stecken zurück

Führende Linux-Firmen entlassen US-Angestellte

16.02.2001
MÜNCHEN (ls) - Drei der größten Linux-Companies haben ihre Expansionspläne revidiert. Den Restrukturierungen fielen zahlreiche Arbeitsplätze in den USA zum Opfer. Sind bisherige Business-Konzepte für Linux nicht tragbar?

Am 7. Februar 2001 machte auch der letzte große Linux-Player Schlagzeilen. Suse Inc., US-Zweig des Nürnberger Linux-Distributors, entlässt 30 seiner 45 Mitarbeiter. Aufsehen erregten dabei Aussagen des US-Niederlassungsleiters Volker Wiegand. Der britische Nachrichtendienst "Linuxgram" zitierte ihn mit den Worten, Linux sei ein "gefallener Engel", sogar einer, der "tiefer abgestürzt ist, als er abgehoben hatte". Die Erwartungen seien "höher als die Ergebnisse" gewesen, sie seien jetzt "unter Null".

Diese Aussagen war in verschiedenen weiteren Presseberichten so dargestellt worden, als habe Wiegand das Scheitern des serviceorientierten Linux-Geschäftsmodells verkündet. Der beeilte sich, schon am folgenden Tag im einflussreichen Nachrichtendienst "Linux Today" (www.linuxtoday.com) zu versichern, solche Interpretationen seien "aus dem Kontext gerissen". Wiegand: "Ich habe gesagt, es wäre eine traurige Geschichte, wenn Linux ein Opfer hoher Erwartungen würde."

Die Entlassungen in den USA haben laut Wiegand einen anderen Hintergrund. Es sei eine Geldverschwendung gewesen, in den USA ein Support-Call-Center aufzubauen. Diesen Service könne und werde das große europäische Call-Center mittragen. Des Weiteren sei das in Europa hochprofitable Consulting-Geschäft in den USA in der bisherigen Art nicht sinnvoll.

Suse-Chef Roland Dyroff bestätigte Wiegands Ausführungen, während der deutlicher wurde: Die Herausforderung bestehe darin, "sich auf die Dinge zu konzentrieren, in denen wir gut sind". Der Linux-Markt wachse nicht so schnell, wie viele erwartet hätten. "Die Aufgabe lautet, Business-Modelle zu finden, die die Kunden zufrieden stellen und das Geschäft profitabel machen."

Noch in diesem Jahr und nicht, wie ursprünglich geplant, Ende 2002 soll Suse Inc. schwarze Zahlen schreiben. Durch die Entlassungen dürfte man in den USA allein vier bis fünf Millionen Dollar jährlich sparen. Weil der Export der Suse-Linux-Distribution über den Atlantik nur rote Zahlen bringt, ist damit zu rechnen, dass sich die verbleibende Rumpfmannschaft ganz auf die in Europa gewinnträchtigen Services für professionelle Anwender konzentrieren wird.

Nur zwei Tage nach den "bad news" von Suse erschienen Berichte, auch zwei andere große Linux-Firmen müssten Leute entlassen. Turbolinux bestätigte entsprechende Meldungen, wollte aber keine Zahlen nennen. Der Suse-Konkurrent aus San Franzisko hatte einst 325 Angestellte, feuerte im Mai 2000 etwa 50, und im September waren noch rund 250 Beschäftigte verblieben.

Und ein weiteres Mal ist Linuxcare für Schlagzeilen gut: Hier sollen zehn Prozent der Mitarbeiter gehen. Nach mehreren Entlassungswellen im letzten Jahr dürfte der Dienstleister Anfang 2001 noch 150 Mitarbeiter gehabt haben. Das Unternehmen hatte einen schon geplanten Börsengang abgesagt sowie sich zuletzt durch Verträge mit IBM und HP von einem Support-Center zum Programmentwickler mausern wollen. Es verhandelt mit Turbolinux über einen Zusammenschluss. Ob daraus etwas wird, ist ebenso fraglich wie der bei der Nasdaq angemeldete Börsengang von Turbolinux.

Während die jungen Linux-Firmen Probleme haben, scheint die Orientierung der traditionsreichen IT-Größen auf das Open-Source-Betriebssystem Früchte zu tragen. Bei IBM schreibt man die jüngsten Geschäftserfolge der klaren Ausrichtung auf Linux zu, ohne allerdings diesbezüglich detaillierte Zahlen nennen zu mögen. So erklärte Tim Dougherty, verantwortlicher Director für IBMs E-Business-Strategie, Linux habe "das Wachstum gefördert. Die Leute kaufen uns unsere Strategie ab und daher unsere Produkte."

Im letzten Geschäftsquartal sei das Unix-Geschäft um 49 Prozent gewachsen. "Der Grund dafür", so Dougherty, "besteht teilweise darin, dass wir Linux zum Teil unserer Strategie erklärt haben." Die Kunden seien von der Möglichkeit angetan, je nach Anforderung zwischen Linux und AIX wählen und wechseln zu können.