Frust ueber die Unbeweglichkeit des Riesen IBM-Chef Gerstner laufen wichtige Topmanager we

03.09.1993

MUENCHEN (CW) - So sehr sich IBM-Chef Louis Gerstner auch bemueht, den DV-Riesen abzu- specken, so ungelegen kommt es ihm, dass etliche fuehrende Mitarbeiter gekuendigt haben. Zukunftsaengste und Resignation scheinen im Unternehmen verbreitet zu sein.

Das Handtuch geworfen hat Tom Whiteside, ein Topmanager in IBMs Power-PC-Projekt, Austin. Er ist auf den Chefsessel beim Chip- Hersteller Mips Technologies Inc. gewechselt und nach einem Bericht des "Wall Street Journal" besonders von der entspannten Atmosphaere in der neuen Umgebung angetan. Sein Grund fuer den Abschied von IBM: "Es macht mehr Spass, Bruecken zu bauen, als Sandsaecke aufzuschichten." Bei Big Blue habe Bunkermentalitaet geherrscht.

Auch Abraham Peled hat den Topjob beim israelischen DV-Unternehmen Elron Electronic Industries Inc. der Position eines Vice- Presidents bei IBM vorgezogen - und das, obwohl er ueberzeugt ist, dass der DV-Riese die von Gerstner angestrebte Wende schaffen werde. Nur sei es frustrierend, nicht zu wissen, wie lange es bis dahin noch dauern wird. "Es ist nicht so sehr die Frage, ob es Licht am Ende des Tunnels gibt, sondern wie lang der ist", zitiert ihn das Boersenblatt.

Jetzt umgebe ihn wieder eine Stimmung von Risikofreudigkeit und Entschlossenheit zum Wandel, bemerkt Willy Shih ueber seinen neuen Job. Nach elf Jahren bei IBM hat er seine Position als Direktor im Workstation-Geschaeft quittiert und ist zu Digital Equipment gewechselt.

Ebenfalls gegangen sind William Wilson, Assistant General Manager Marketing der fuer Mainframes zustaendigen Enterprise Systems Unit, und Samuel Inman, einstiger Chef der IBM Personal Computer Company. Auch Lucie Fjeldstad, als Vice-President fuer Multimedia- Produkte eine der hoechstrangigen IBM-Managerinnen, hat ihren Posten aufgegeben.

Charles Burns, ehedem mit Strategiefragen befasster Manager in der Enterprise Systems Unit, fand laut "Wall Street Journal", die Unternehmenskultur in der IBM behindere mit ihrer Schwerfaelligkeit eine Wende, weil Manager sich vor wichtigen Entscheidungen untereinander rueckzuversichern pflegten. Es habe in der Unternehmenshierarchie starken Widerstand gegen von ihm angestrebte neue Konzepte gegeben. "Man kann anordnen, was man will", berichtet der heutige Berater bei der Gartner Group resigniert ueber seine IBM-Zeit, "die Leute finden jede Menge Gruende, warum sie das nicht machen koennen."

IBM-Chef Gerstner beklagt sich im New Yorker Boersenblatt, er verbringe inzwischen viel Zeit damit, wichtige Fuehrungskraefte zu ueberreden, das Unternehmen nicht zu verlassen. Eine der ersten Massnahmen Gerstners war es, 1200 Topmanagern einen Ausgleich fuer ihre inzwischen unattraktiven Aktienoptionen anzubieten.