Frueherer Apple-Chef geraet unter schweren Beschuss Spectrum verklagt abtruennigen Sculley wegen Vertragsbruches

25.02.1994

NEW YORK (CW) - Der Streit zwischen John Sculley und der Spectrum Information Technologies Inc. um den Ruecktritt und die Klage, die der ehemalige Apple-Chef in der vorletzten Woche erhob, duerfte die Gerichte noch monatelang beschaeftigen. Inzwischen hat Spectrum zum Gegenschlag ausgeholt. In einer 300-Millionen-Dollar-Klage wirft das Unternehmen Sculley unter anderem Vertragsbruch, Miss- Management und Diebstahl von Handelsgeheimnissen vor.

Spectrums Rechtsanwalt, Christopher Franco, erklaerte Sculleys Vorwuerfe gegen den President des Unternehmens, Peter Caserta, fuer gegenstandslos. Er legte Dokumente vor, die seiner Meinung nach beweisen, dass Sculley - anders als von ihm behauptet - sehr wohl vor seinem Eintritt in die Firma ueber deren finanzielle Lage unterrichtet gewesen sei. Das berichtet das "Wall Street Journal".

Ausserdem haetten Caserta und andere Spectrum-Manager waehrend eines Abendessens, das drei Tage vor Sculleys Ernennung stattfand, mit dem ehemaligen Apple-Chef ueber die anhaengigen Untersuchungen der Security Exchange Commission (SEC) diskutiert. Darin geht es um Unregelmaessigkeiten in der Buchfuehrung und um die Frage, ob Spectrum die Bedeutung des mit AT&T geschlossenen Lizenzabkommens gegenueber seinen Aktionaeren uebertrieben hat. Sculley hatte behauptet, vor seinem Engagement nichts ueber die Unregelmaessigkeiten gewusst zu haben, die dazu fuehrten, dass Spectrum im nachhinein die Ergebnisse der letzten zwei Quartale um 64 Millionen Dollar nach unten korrigieren musste.

Ebenfalls nicht erklaeren kann sich Franco, warum der zurueckgetretene CEO sich ueber den Vorwurf von Insidergeschaeften so erstaunt zeigte. Der Rechtsanwalt legte laut "Wall Street Journal" ein von Sculley unterzeichnetes Schreiben vor, aus dem explizit hervorgeht, dass Caserta nach dem 15. November Optionen auf mindestens eine Million Spectrum-Aktien ausueben werde und dass anderen Firmenangehoerigen das gleiche Recht eingeraeumt worden sei.

Allerdings versicherte Caserta Sculley im gleichen Dokument, die Spectrum-Executives wuerden jede Aktion vermeiden, die den Verdacht auf mangelndes Engagement der Manager aufkommen lassen koennten. Daran hielt sich jedoch keiner der Insider. Sie verkauften ihre Aktien zwischen November und Dezember 1993.

Franco wirft seinem ehemaligen Chef auch vor, sich nicht fuer die Tagesarbeit bei Spectrum interessiert zu haben. Vielmehr sei er zusammen mit dem Berater Arjun Gupta, den er zudem zum Chief Operating Officer des Unternehmens habe machen wollen, auf der Jagd nach lohnenden Akquisitionsobjekten gewesen. "Waehrend seiner Amtszeit hat es Spannungen zwischen John und Peter sowie dem uebrigen Spectrum-Management gegeben", zitiert das US-Blatt den Anwalt.

Sculley habe ihn ausserdem, so gibt Franco weiter zu Protokoll, erst fuenf Minuten vor der Boerseneroeffnung am Montag vergangener Woche von seinen Ruecktrittsplaenen unterrichtet. Deshalb sei es nicht mehr moeglich gewesen, den Handel fuer die Spectrum-Aktie frueh genug auszusetzen.

Als es nach vier Minuten Handelszeit endlich dazu kam, hatten bereits ueber eine Million Aktien den Besitzer gewechselt. Der Aktienkurs kollabierte, er sank von 5,37 auf 0,69 Dollar. Am Ende des Tages hatte er sich allerdings wieder auf 2,25 Dollar erhoeht.

Der zurueckgetretene Topmanager, der seinerseits Caserta auf Zahlung von zehn Millionen Dollar verklagt hat, nahm zu den Vorwuerfen selbst nicht Stellung, Sculley liess aber ueber eine Sprecherin erklaeren, dass die Klage gegen ihn "ein Werk der Fantasie" sei.