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Netze mit Nutzen (III)

Freunde und Partner: Effiziente Kommunikation mit Internet-Paging

16.02.1999
Von Michael Hufelschulte
Netze mit Nutzen (III)

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Als ich vor ein paar Jahren zum ersten Mal einen Brief auf elektronischem Weg verschickte und nach wenigen Minuten eine Antwort bekam, hatte ich das Gefühl, daß die Zukunft gerade begonnen hatte. Damals hieß das Zauberwort "E-Mail". Eine völlig neue Art der globalen Kommunikation, in der Entfernungen keine Rolle mehr spielten – vor allem für die Kosten der Verbindung –, begann die Welt zu erobern. Das Zeitalter der globalen Vernetzung war angebrochen.

E-Mail ist mittlerweile nur noch eines von vielen Kommunikationsmitteln im täglichen Leben. Schnellere, umfangreichere und flexiblere Kommunikations-Tools haben das Spektrum bedeutend erweitert. Immer häufiger ist die Rede von Web-Pagern, Instant-Messaging-Systemen, Internet-Communication-Tools, Buddy-Tools oder Community-Anwendungen. Alle diese Werkzeuge folgen demselben Prinzip: Das Ziel ist es, gleichgesinnte Menschen im Internet zu finden und feststellen zu können, ob sie online und kommunikationsbereit sind.

Paging-Techniken verbinden die Stärke des Telefons, nämlich die Fähigkeit zur direkten Verständigung ohne Verzögerung, mit den Vorzügen der E-Mail: der Möglichkeit, auch komplexe Nachrichten samt Dateianhängen zu übertragen. Einige Tools gehen mittlerweile sogar über die reine Textübertragung hinaus und ermöglichen es, Video- und Audiodateien zu verschicken. Selbst die Kommunikation mit dreidimensionalen "Avataren" – künstlichen Repräsentanten echter Menschen – in virtuellen Cyber-Umgebungen funktioniert bereits.

Bedarf an verbesserter elektronischer Kommunikation entsteht bei vielen spätestens dann, wenn sie vor dem Problem stehen, eine große Datei von einem Rechner an einen anderen übermitteln zu müssen. Bei der Auswahl des schnellsten und kostengünstigsten Weges scheidet E-Mail schnell aus: Die Gefahr, daß der Mail-Server bei so großen Datenmengen den Dienst quittieren könnte, ist zu hoch. Eine direkte Datenübertragung per ISDN scheidet dann aus, wenn beim Empfänger ein ISDN-Anschluß fehlt. Und ein FTP-Transfer, im Internet sonst oft das Mittel der Wahl für solche Zwecke, macht einen Umweg über einen langsamen Web-Server erforderlich.

Ich lud mir in so einer Situation das Gratis-Produkt "ICQ" von dem israelischen Hersteller Mirabilis aus dem Internet auf meinen Rechner und machte mich mit den Funktionen vertraut. Jeder ICQ-User muß sich zunächst mit seinen persönlichen Daten wie Name, E-Mail-Adresse und so weiter registrieren und bekommt daraufhin eine Benutzernummer zugewiesen. Diese "Universal Internet Number" (UIN) gilt von da an als globale Adresse, ähnlich einer Telefonnummer oder E-Mail-Adresse.

Transparenz der Kontakte

Alle registrierten ICQ-Anwender sind mit ihrer UIN in einer Datenbank gespeichert, die von jedem anderen Mitglied der Community durchsucht werden kann. Wer mit jemand anderem in Kontakt treten möchte, egal ob persönlich bekannt oder nicht, setzt ihn einfach auf eine Kontaktliste im ICQ-Programm. Der potentielle Kommunikationspartner bekommt daraufhin automatisch eine sogenannte Autorisationsanfrage. Akzeptiert die Gegenseite diese Anfrage, werden automatisch die persönlichen Daten zwischen beiden Seiten ausgetauscht. Der Kontakt ist hergestellt.

Jeder ICQ-Anwender kann jederzeit auf einen Blick feststellen, welche der Kollegen, Partner oder Freunde auf seiner Kontaktliste im Moment online sind und ob sie gerade kontaktiert werden möchten. Diese Funktionen allein stellen schon eine Menge Komfort dar. Dazu stellt sich aber oft als das Attraktivste heraus, daß Nutzer von Web-Paging-Systemen plötzlich in Echtzeit – also ohne die E-Mail-typische Zeitverzögerung – mit einer oder mehreren Personen kommunizieren, Daten von einem zum anderen Rechner auf direktem Weg transferieren oder über die zentrale ICQ-Datenbank Leute mit gleichen Interessen suchen und finden können.

Diese Internet-spezifische Art des Paging ist auch aus dem Arbeitsalltag unserer Firma heute nicht mehr wegzudenken. Sie fügt den herkömmlichen Kommunikationswegen wie E-Mail, Fax oder Telefon ganz neue Möglichkeiten hinzu. Im Gegensatz zur klassischen E-Mail ermöglicht ICQ die stetige und wirkliche Präsenz im Internet. Nicht nur ist die Kommunikation dadurch unversehens viel schneller und unkomplizierter geworden. Es ergeben sich außerdem immer wieder unerwartete, aber fruchtbare Kontakte zu anderen Benutzern, und die Teilnahme an Gesprächsrunden zu Internet-Themen führt dazu, daß sich eine wirklich interaktive globale Community bildet.

Mit nur einem Mausklick ist es mir jetzt zum Beispiel möglich, eine Datei oder eine Nachricht an einen Mitarbeiter zu schicken, ohne dabei den Umweg über das interne Netzwerk unserer Firma machen zu müssen. Nachrichten an Kommunikationspartner außerhalb schicke ich direkt, ohne langsamen Umweg über einen Mail-Server. Eine Konferenz mit internen und externen Mitarbeitern funktioniert ohne Chat-Server im Internet. Vor allem der Austausch von Internet-Adressen gestaltet sich mit ICQ sehr schnell und einfach: Das Programm nimmt sich automatisch die aktuell im Browser angezeigte Adresse, und mit nur einem Mausklick läßt sich diese Adresse verschicken. Der Empfänger hat nach einem Klick seinerseits auf die ankommende Adresse sofort die Seite im Browser-Fenster.

Alle Geschäftsleute wissen es, obwohl viele es gegenüber ihren Kommunikationspartnern nicht gern eingestehen: Natürlich kann es auch lästig sein, immer erreichbar zu sein. ICQ verfügt deshalb über umfangreiche Möglichkeiten, den aktuellen Online-Status individuell einzustellen: von "do not disturb" bis "open for chat". Wer seine Ruhe braucht oder will, ändert einfach, für alle Partner sofort sichtbar, seinen Status. Treffen trotzdem Nachrichten ein, werden sie abgefangen und zum späteren Lesen gespeichert.

Wie funktioniert ICQ?

Die gängigen Paging-Produkte unterscheiden sich prinzipiell nur wenig voneinander. Abweichungen zeigen sich etwa in puncto Maximalgröße der Dateien, die übertragen werden können, beim benötigten Arbeitsspeicher und beim Anwendungskomfort. Einige Web-Pager stellen die Verbindung zwischen ihren Nutzern über einen meist vom Hersteller betriebenen Server her. Andere schalten eine Direktverbindung ("Peer-to-Peer") zwischen den Benutzern. Beides hat Vor- und Nachteile, die je nach Bedarf abgewogen werden müssen: Ein Server stellt meist noch eine Datenbank für die Suche nach neuen Bekanntschaften zur Verfügung; bei einer Direktverbindung ist dafür die Verbindung meist schneller und sicherer gegen unerwünschte Mitleser. Sollen sensible Daten übertragen werden, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, spricht also vieles für diesen Weg.

Neben der Technik spielt sicherlich aber die "User-Base" eine Rolle, also die Zahl der registrierten Anwender. Eine großer Kommunikationskreis ist dann von Vorteil, wenn man auf der Suche nach Ansprechpartnern zu einem bestimmten Thema ist. Alle Server operieren getrennt; die zirka zwei Millionen Benutzer von ICQ können zum Beispiel nicht bei einem der ungefähr neun Millionen Mitglieder der AOL-Community, die den "Instant Messenger" nutzen, online anklopfen.

Mehr User, mehr Nutzen

Instant Messaging oder Web-Paging hat sich ziemlich schnell etabliert. Und es ist abzusehen, daß der Nutzerkreis dieser Techniken weiter zunehmen wird: Je mehr Menschen über das Internet Anschluß an wen oder was auch immer suchen, desto größer ist das Potential, geeignete Partner oder Freunde für geschäftliche beziehungsweise private Zwecke zu finden. Technische Verbesserungen werden ebenfalls ihren Teil beisteuern: Heute verhindern schlechte Ton- und Bildqualität bei den meisten preisgünstigen Videokonferenz-Systemen eine große Verbreitung. In naher Zukunft werden sie jedoch selbstverständlich zum Arbeitsalltag gehören.

Gerade New-Media-Agenturen setzen die Tools schon heute ein, um ihre Vernetzung und damit die interne und externe Kommunikation auszubauen, Ressourcen zu erweitern oder Kapazitäten zu gewinnen, die sonst nicht realisierbar wären. Allerdings ist ein Netz immer nur so gut wie seine Knotenpunkte, denn die Quantität der theoretischen Ressourcen sagt noch nichts über deren Qualität aus. Es liegt also letzten Endes an den Menschen, die vorhanden Technologien entsprechend zu nutzen und auszubauen.

Pager, Chat, Konferenzen: Die wichtigsten Tools

Heute gibt es unzählige neuer Kommunikations-Tools auf dem Markt. Viele davon werden als Freeware angeboten, andere wiederum nach dem Shareware-Prinzip gegen freiwillige Lizenzgebühr vertrieben. Die Liste der Anbieter ist lang, viele Tools verschwinden genauso schnell wieder, wie sie gekommen sind. Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, hier eine Liste der wichtigsten und populärsten neuen Kommunikationswerkzeuge:

AOL Instant Messenger

Freeware

Buddy-Tool, Internet User und AOL, große Benutzerdatenbank

Betriebssysteme: Mac, Windows, Unix

www.aol.com/aim/home.html

Enhanced CU-SeeMe

Shareware (Lizenz 69 Dollar)

Videokonferenzen mit bis zu zwölf Teilnehmern gleichzeitig

Betriebssysteme: Windows, Mac

www.wpine.com/products/

CU-SeeMe

Shareware (Lizenz 29,95 Dollar)

Chat, Nachrichtenaustausch und Dateitransfer

Betriebssysteme: Windows, Unix

www.activerse.com

Ichat Pager

Freeware

direkte Kommunikation oder Chats in selbstdefinierten Gruppen

Betriebssysteme: Windows, Mac, Unix

www.ichat.com/download/pager.html

ICQ

Sehr umfangreiches Freeware Tool, Versionen für Windows CE und PalmPilot erhältlich

Betriebssysteme: Windows, Mac, Windows CE, Palmpilot

www.icq.com/download

Microsoft Netmeeting

Freeware

Audio- und Videokonferenzen in Echtzeit, Programme gemeinsam nutzbar

Betriebssystem: Windows

www.eu.microsoft.com/netmeeting

Weitere Tools

AbbottChat

Freeware

Chat, Instant Messages und Dateitransfer

Betriebssystem: Mac, Windows

www.abbottsys.com/atchat.html

Bote

Shareware (Lizenz 20 Dollar)

verschlüsselter Chat, Mini-Web-Server, E-Mail und Dateitransfer

Betriebssystem: Windows

www.sce.de/people/dbin/bote

GatherTalk

Shareware (Lizenz 29,59 Dollar)

Audio-, Video- und Textkonferenz mit bis zu fünf Teilnehmern

Betriebssystem: Windows

www.gathertalk.com

HoneyCom

Shareware (Lizenz 29,95 Dollar)

Audio-, Video- und Textübertragung mit bis zu acht Teilnehmern

Betriebssystem: Windows

www.honeysw.com

ICU II

Shareware (Lizenz 24,95 Dollar)

Video-, Audio- und Textkonferenz, gute Bildqualität

Betriebssystem: Windows

www.icuii.com

iVisit

Freeware

Videokonferenz mit mehreren Teilnehmern

Betriebssystem: Windows

www.ivisit.com

LOL Chat

Freeware

Echtzeit-Chat (Eingaben sofort sichtbar)

Betriebssystem: Windows

www.lolchat.com

NetPopup

Shareware (Lizenz 20 Dollar)

Direktverbindungen zu einzelnen Usern

Betriebssystem: Windows

www.vtoy.fi/~malo/netpopup.html

PeerChat

Shareware (Lizenz 12 Dollar)

Mehrsprachiger Chat, Direktverbindungen

Betriebssystem: Windows

www.peerchat.com

PeopleLink

Freeware

Text-Chat

Betriebssysteme: Windows, Mac

www.peoplelink.com

Personal Access List

Freeware

textbasierte Kommunikation, Sicherheitseinstellungen möglich

Betriebssysteme: Windows, Mac

www.excite.com/communities/pal/home

PowWow

Privatnutzer frei (Lizenz 49,90 Dollar)

Text- und Sprach-Chat, bis zu sieben Teilnehmer

Betriebssystem: Windows

www.powwow.com

Rendezvous

Kosten abhängig von Nutzerzahl

Textkonferenz, Austausch und gemeinsame Bearbeitung von Text- und Bilddateien in Echtzeit

Betriebssysteme: Windows, Mac, Unix

rendezvous.visualtek.com

ScreenFIRE

Freeware

Nachrichtenaustausch

Betriebssysteme: Windows (Java Version in Planung)

www.screenfire.com

SuperPopup

Shareware (Lizenz 12 Dollar)

Instant Messaging für lokale Netze und Internet

Betriebssystem: Windows

www.shinbiro.com/~superpop

VRCom Start-Up

Shareware? Lizenz 59,95 Dollar

Kommunikation über 3D-Avatare mit Audio

Betriebssystem: Windows

www.exovision.com/vr

VypressMessenger

Shareware (Lizenz 15 Dollar)

Mehrsprachiges Instant Messaging

Betriebssysteme: Windows, Java Version in Beta

www.vypress.com

Winpop Plus

Shareware (Lizenz 50 Dollar)

Kommunikation und Fernsteuerung von bis zu 64 Rechnern im lokalen Netz

Betriebssystem: Windows

www.wiredred.com/winpop.html

Yahoo Pager

Freeware

Instant Messaging, überprüft Online Status aller Partner

Betriebssysteme: Windows, Java

pager.yahoo.com

Autor: Martin Kloss, Geschäftsführer der EQT Gesellschaft für interaktive Medien GmbH und freier Autor in Hamburg/tc (ICQ #7083130)