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Politiker fordern besseren Einblick in Entscheidungsprozesse

Freigabe von Gewaltspiel sorgt für Wirbel

20.03.2008
Von pte pte
Die kürzlich bekannt gewordene Freigabe des als Gewalt-Schocker gehandelten Videospiels "Manhunt 2" hat in Großbritannien eine heftige Diskussion um die Altersfreigabe von Computerspielen ausgelöst.

Nach einem neun Monate andauernden Streit zwischen Spielentwickler Rockstar und der Zensurbehörde British Board of Film Classification (BBFC) hatte diese schlussendlich das Spiel mit einer Altersfreigabe von "ab 18" für den britischen Markt zugelassen. Zuvor war der Titel bereits zweimal von der Behörde aufgrund von übertriebenen Gewaltinhalten abgewiesen worden. Nachdem das Video Appeals Committee daraufhin mehrfach Einspruch gegen die Sperrung erhoben hatte, blieb dem BBFC aber letztendlich keine andere Wahl, als das Spiel per Gerichtsbeschluss freizugeben.

"Es ist ein großes Problem, dass das Video Appeals Committee sich ständig auf die Seite der Spielindustrie stellt", kritisiert Julian Brazier, Parlamentsmitglied der konservativen Partei Großbritanniens, gegenüber "BBC News". Um die zunehmende Einflussnahme der Industrie auf das Gremium zu unterbinden, habe er bereits im vergangenen Monat eine Gesetzesvorlage zur Diskussion gebracht, die der Regierung einen besseren Einblick in die Entscheidungsfindungsprozesse des Komitees ermöglichen könnte. "Das Gesetz würde der Regierung mehr Kompetenzen bei der Prüfung und ein Vetorecht bei Schlüsselbestimmungen der von der BBFC erarbeiteten Richtlinien einräumen", fasst Brazier zusammen. Da sich die von ihm initiierte Vorlage im britischen Parlament bislang aber nicht durchsetzen konnte, bleibt die Situation der Altersfreigabe in Großbritannien weiter unverändert.

"Die Alterskennzeichnung von Computer- und Videospielen ist in Deutschland eine Aufgabe der Jugendministerien der Länder", erklärt Marek Klingelstein, Leiter des Testbereichs bei der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK), im pressetext-Gespräch. Bundesweit gelte das aktuelle Jugendschutzgesetz vom 1.April 2003. "Auf europäischer Ebene gibt es zudem noch das PEGI-System, das aus einer gemeinsamen Initiative mehrerer EU-Länder heraus entstanden ist", erläutert Klingelstein. Alle diese Ansätze haben dabei ein gemeinsames Ziel: Sie sollen Eltern, Einkäufern und Onlinekonsumenten das Vertrauen geben, dass der Inhalt eines bestimmten Spiels für eine spezifische Altersgruppe geeignet ist.

Laut eigenen Angaben prüft die USK in Deutschland im Schnitt rund 2000 Spieltitel pro Jahr. "Bei einer Überprüfung wird jeder Titel komplett durchgespielt und anschließend zusammengefasst dem Beirat vorgeführt", schildert Klingelstein. Dieser Beirat ist es auch, der über die Grundsätze der Prüfung von Spielen entscheidet. Er setzt sich aus 18 Vertretern gesellschaftlich bedeutsamer Gruppen zusammen. Darunter befinden sich unter anderem die Kultusministerkonferenz, Kirchen, Jugendverbände und Vertreter aus dem Bereich der Forschung. Auch die Computerspielbranche selbst besitzt zwei Stimmen im Beirat. Alle Entscheidungen müssen zudem die Billigung der Jugendminister der Länder finden. Ob das umstrittene Spiel Manhunt 2 auch in Deutschland ab 18 freigegeben werden wird, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen. Laut Klingelstein gebe die USK keine Stellungnahme zu Titeln ab, die sich noch nicht in der eigenen Datenbank befinden. (pte)