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Freie Business-Software Odoo zeigt erstaunliche Reife

22.02.2016
Von Holger Reibold

Das Projektmanagement von Odoo

Für die Business-Lösung steht eine Projektmanagement-App zur Verfügung, die sich mit einem Klick in der App-Verwaltung einrichten lässt. Projekte werden über das Project-Menü verwaltet. Dort können Sie neue Vorhaben anlegen und bestehende bearbeiten. Odoo unterscheidet zwischen Kunden-, Mitarbeiter- und Privatprojekten. Nach dem Anlegen weisen Sie den Projekten Aufgaben und gegebenenfalls Dokumente zu. Die Projektverwaltung erlaubt Ihnen das Anlegen von Meilensteinen, mit denen sich Projektetappen festlegen lassen. Die Projektverwaltung geht davon aus, dass Sie jeder einzelnen Aufgabe bestimmte Mitarbeiter zuweisen wollen.

Ein wenig versteckt erlaubt die Projektverwaltung auch die Chart-artige Darstellung von Aufgaben und deren Status. Ein Kalender stellt verschiedene Übersichten der Termine dar. Auch eine Budgetplanung ist in der Project-App vorgesehen. Projektleiter, die lieber einen zahlenmäßigen Überblick über den Stand der Dinge haben, können mit der Darstellung Kumulierter Fluss eine tabellarische Übersicht der Aufgabenzahl, der geplanten und der verbleibenden Zeit einsehen. Für agiles Projektmanagement taugt diese App allerdings leider nicht.

Odoo als Content Management System

Unternehmen benötigen Werkzeuge, mit denen Sie online Kundeninformationen, Produktbeschreibungen und Produktdokumentationen etc. erstellen und pflegen können. Auch hierfür hat Odoo ein Modul anzubieten: Mit der Website-App können Anwender auf ein einfaches, aber für die meisten Fälle ausreichend leistungsfähiges Content-Managementsystem (CMS) erweitern. Sicher, die Funktionalität ist nicht mit der von Joomla!, WordPress & Co. vergleichbar, aber das muss sie auch gar nicht.

Die App erweitert eine Odoo-Installation um die beiden Menüs Website und Website Administration. In der Website-Administration können Sie den Titel und den Google Analytics Key angeben und insbesondere etwaige Social-Media-Konten hinterlegen. Auch einige Performance-relevanten Einstellungen finden Nutzer dort.

Die eigentlichen Website-Inhalte legen Sie mit einem Editor an, der ein wenig an frühe Versionen von Netobjects Fusion erinnert. Die Seitengestaltung erfolgt überwiegend per Drag & Drop, wobei Sie die Seitenelemente flexibel auf den Seiten platzieren können. Die CMS-App verwendet Container, die sie im zweiten Schritt positionieren und dann mit Inhalten füllen können. Dabei lassen sich auch komplexere Strukturen erzeugen. Für verschiedene Aufgaben wie beispielsweise das Anlegen einer FAQ oder einer Galerie stehen vordefinierte Elemente zur Verfügung. Das CMS-Modul besitzt sogar rudimentäre SEO-Funktionen.

E-Commerce - mit Odoo oder mit anderer Software

Ganze egal ob man Odoo nun in einem produzierenden Gewerbe, einem Handelshaus oder einem Mischunternehmen einsetzt: Die E-Commerce-App ist einfach gehalten und stellt die relevanten Funktionen für die Implementierung eines Online-Shops bereit. Überall dort, wo man lieber auf eine bestehende Shopping-Umgebung setzen möchte, kann man auf Konnektoren für die Anbindung an Magento & Co. zurückgreifen.

Magento-Anbindung

Die Einführung einer neuen Unternehmenssoftware dient dazu, die Abläufe im Unternehmen zu optimieren. Doch damit einher gehen verschiedenste Probleme. Wie nutzt man bestehende Daten und Umgebungen? Wie sorgt man für die Anbindung und den reibungslosen Datenaustausch von kritischen und weniger kritischen Informationen? Wie kann überhaupt eine Migration erfolgreich durchgeführt werden? Und was ist mit Infrastrukturkomponenten, die man nicht ersetzen möchte?


Für Odoo existiert ein einfaches E-Commerce-Modul, das es allerdings nicht mit dem Platzhirsch Magento aufnehmen kann. Auch dürften Fragen der Rechtssicherheit schwierig sein, weil Odoo zwar weitgehend lokalisiert ist, aber eben in weiten Teilen doch nicht entsprechend deutschen Vorgaben entsprechen dürfte. Der Aufwand für die notwendigen Anpassungen wäre in der Praxis unwirtschaftlich.

Das Gute an Odoo: Dank der offenen Architektur gibt es inzwischen Konnektoren, die eine Anbindung an verschiedene Umgebungen erlauben. Allen voran das Odoo Connector Framework, das die Grundlage für die Entwicklung von spezifischen Konnektormodulen erlaubt, die beispielsweise mit WordPress, Drupal, Ebay, Amazon, Zabbix, Drupal und Salesforce kommunizieren können.

Speziell für die Anbindung eines bestehenden Magento-Shops wird der Odoo Magento Connector (http://odoo-magento-connector.com) auf Basis dieses Frameworks entwickelt. Während verschiedene Anbieter derlei Adapter zu horrenden Preisen anbieten, unterliegt der Magento Connector der AGPLv3. Der bidirektionale Konnektor kann alle relevanten Shop-Informationen synchronisieren: Produkte, Kunden, Bestellungen, Rechnungen etc. Selbst die Zahlungsabwicklung kann über den Konnektor abgewickelt werden.

Laut Angaben der Odoo Community Association, kurz OCA, die für die Entwicklung des Konnektors verantwortlich ist, können über das Modul problemlos 10.000 Magento-Bestellungen täglich an Odoo übermittelt werden. Die Inbetriebnahme ist allerdings nicht trivial und verlangt die Auseinandersetzung mit verschiedensten Fragestellungen, beispielsweise welche manuellen oder automatischen Zahlungsmethoden verwendet werden oder ob Magento oder Odoo für die E-Mails-Vorgänge verwendet wird, die für Kaufvorgänge obligatorisch sind.

Das E-Commerce-Modul erlaubt das unkomplizierte Anlegen von Produkten, wobei Sie auf bestehende Daten und Content-Elemente zurückgreifen können. Dank des visuellen Editors ist es kein Hexenwerk, die Inhalte zu gestalten. Alternativ können Sie auch auf einen integrierten HTML-Editor zurückgreifen. Das Shop-Modul deckt die gesamte Bandbreite von typischen Online-Shops ab, angefangen von der Kategorienverwaltung, über das Kundenmanagement, die Bestellabwicklung inklusive Zahlungsmodalitäten bis hin zu SEO-Maßnahmen.

Für den mobilen Zugriff stehen besondere Themes zur Verfügung. Mit dem E-Commerce-Modul können Sie auch mehrsprachige Shops realisieren, Rücksendungen verwalten, Gutscheine anlegen und den Warenbestand verwalten. Dabei greift die App auf Funktionen des Odoo-Basissystems zurück. Auch Marketingaktionen sind mit dem Modul möglich.