Zukunft der Arbeit

Freiberufler - ideal für die Cloud

15.05.2013
Von 
Stratege und Visionär beim IT-Personaldienstleister Megapart
Skalierbar, selbst lernend, effektiv, zunächst teurer als eine Inhouse-Lösung, doch in den Gesamtkosten meist günstiger - mit diesen Worten lassen sich die meisten Cloud-Lösungen beschreiben. Und eigentlich auch Freelancer. Meint Visionär Gordon Geisler.

Die Stärke des Cloud-Computing liegt darin, IT-Infrastrukturen inklusive Software abstrahiert, bedarfsgerecht und dynamisch zur Verfügung zu stellen. Was für die Cloud die sich ständig neu erfindenden Softwarelösungen sind, ist für den IT-Projektmarkt der Freelancer: ein bedarfsgerecht und flexibel einsetzbarer Mitarbeiter.

Die Systeme, die unsere gesellschaftlichen Lebensadern darstellen, befinden sich heute schon weitestgehend in der Cloud - von der Banktransaktion im Irgendwo bis hin zum Serverbackup. Letzteres wird über einen Cloud-Anbieter verschlüsselt und weit weg gespeichert. Der Anwender kann die Daten jederzeit "von dort" wieder herholen - auch wenn er nicht weiß, von wo sie zu ihm zurückfließen.

Gordon Geisler ist Stratege und Visionär beim IT-Dienstleister Megapart.
Gordon Geisler ist Stratege und Visionär beim IT-Dienstleister Megapart.
Foto: Megapart GmbH

Die dezentralen, verteilten, virtuellen Lebensadern sind allerdings nur Vorboten des gesamten gesellschaftlichen Wandels. Flexible Zusammensetzungen auf Zeit sind mittlerweile überall zu finden: in der zunehmenden Anzahl an Patchwork-Familien, "wilden Ehen", Zeitarbeitsverträgen oder in dem höheren Anteil an Wechselwählern der Politik. All dies sind Phänomene einer sich flexibilisierenden Gesellschaft.

Die "Cloudisierung" der Arbeitswelt

Die Anforderungen an die Teilnehmer einer "cloudisierten" Arbeitswelt sind speziell: Sie müssen sich schnell in verändernden Umfeldern wie wechselnde Kollegen, Teams, Einsatzorte, Aufgaben, Verantwortungen und Rollen zurechtfinden. Die Zukunft scheint unsicherer zu werden - zumindest für jene, die vermeintliche Sicherheit bislang äußerlich, wie in konstanten Organisationsstrukturen oder gleich bleibenden Prämissen fanden.

Das Freiberuflerdasein allein bietet zwar keine Glücksgarantie, doch sind Freiberufler durch ihre Einstellung und Lebensweise für die cloudisierte Arbeitswelt bestens gerüstet. Eigenmotiviert lernen sie ihr Leben lang, sie sind es gewohnt, Optionen abzuwägen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und zu verantworten. Flexibilität ist ihnen eine Selbstverständlichkeit. Häufig haben sie Ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht und sie nutzen die Chance, auch ihren Lebensmittelpunkt dorthin zu verlagern, wo sie am glücklichsten und produktivsten sind - so zumindest beschreibt der Berliner Autor Markus Albers in seinem gleichnamigen Buch "Meconomy" die freien Selbstverwirklicher.

So gewinnen beide: Der Freelancer verwirklicht sich, und Unternehmen haben oft den entscheidenden Vorteil, den auch der amerikanische Soziologe und Ökonom Jeremy Rifkin in seinem 2000 erschienen Buch "The Age of Access" (deutsch "Access"), beschreibt: einen raschen Zugang zu Ideen, Dienstleistungen und Know-how in Form von hochspezialisierten Personen.

Cloudisierungsversuche am Beispiel IBM

Der Aufschrei war groß, als IBM vergangenes Jahr bekannt gab, bis zu 8000 Stellen abzubauen. Die Stimmung reichte von Respekt vor der "mutigen Entscheidung" bis zur Schelte des "unsozialen Verhaltens". Der IBM-Projektname "Liquid" erklärt, worum es gehen soll: flüssig machen. Flexible Strukturen sollen die besten Experten in die jeweiligen Projekte bringen und gleichzeitig die Motivation steigern, da sich alle jederzeit neu beweisen müssen.

Ob dies gut geht, wird sich zeigen. Die meisten IT- und Engineering-Freiberufler sind Unternehmer aus freien Stücken und würden umgekehrt leicht eine Anstellung finden. Ob auch ausreichend Freiwilligkeit, persönliche Bereitschaft, Motivation und Mut bei den ehemaligen IBM-Mitarbeitern gegeben sind, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden und die darin liegende Chance zu schätzen, ist fraglich.

Freelancer als Vorreiter

Einfacher ist es für Startups des Cloud-Business: Sie leben das Arbeiten in sozial und technisch höchst vernetzten Umgebungen mit zunehmender Digitalisierung bereits heute vor. Hier stellen sich Festangestellte Lebensumständen, wie sie sonst Freelancern vorbehalten waren. In puncto Eigenmotivation, Flexibilität und Selbstverwirklichung können viele Startups im Cloud-Business mit den Möglichkeiten einer Freelancer-Karriere bereits mithalten. Vielleicht gibt es künftig den "echten", wirtschaftlich selbständigen Freelancer einerseits und den "gefühlten" Freelancer andererseits, der seine Arbeit weitgehend eigenverantwortlich und selbstverwirklichend gestalten kann.

Unternehmerische Ansätze wie die "Beyond Budgeting"-Initiative basieren bereits auf Management-Modellen - jenseits von Weisung und Kontrolle auf funktional integrierten Netzwerkstrukturen einer dezentralen Unternehmensstruktur (betacodex.org). Sie würden gut zur Cloud-Denke passen und diese Entwicklung begünstigen.

In jedem Falle sind Freelancer für Business-Modelle in der Cloud bestens geeignet, da sie die "Cloud-DNA" quasi in sich tragen. Profitieren wird - Freelancer oder Angestellter - wer die Chance nutzt, flexibel, eigenmotiviert und selbstbestimmt arbeiten zu können. (kf)

Dieser Artikel stammt aus dem IT-Freelancer Magazin und erschien dort unter dem Titel "Die Cloud ist ein Freiberufler".