Zugeständnis an die Krise

Freiberufler frieren Forderungen ein

22.03.2010
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Die geforderten Stundensätze der IT-Selbständigen stagnieren bei durchschnittlich 70 Euro. Die meisten Aufträge gibt es nach wie vor im Südwesten der Republik.

Sind 70 Euro netto in der Stunde für einen Freiberufler nun zu wenig oder nicht? An dieser Frage scheiden sich die Geister, wie die Reaktionen auf die jüngste Stundensatzauswertung von Gulp zeigen. Das IT-Projektportal hat die Honorarforderungen der 70 000 eingetragenen Freiberufler untersucht und ist auf durchschnittlich 70 Euro in der Stunde gekommen. Damit verlangen IT-Selbständige genau so viel wie im vergangenen August, aber weniger als im Februar 2009. Für die einen ist damit die "Schmerzgrenze" erreicht. Sie wollen sich nicht mehr von den Projektanbietern, die laut Studie bevorzugt günstigere Kandidaten kontaktieren, herunterhandeln lassen. Statt Aufträge zu niedrigen Preisen anzunehmen, entscheiden sie sich für die persönliche Weiterbildung.

Quelle: Fotolia, Okea
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Für die anderen ist ein Honorar von 70 Euro in der Stunde akzeptabel, vorausgesetzt, es ist ein Projekt, das eine längere Auslastung garantiert und in dem nicht zu hohe Reisekosten anfallen. So rechnet ein Freiberufler auf gulp.de vor: "70 Euro in der Stunde ergeben bei 230 Arbeitstagen 130 000 Euro (ohne Mehrwertsteuer). Wenn alles im Kundenprojekt easy läuft und man viel Freizeit hat, gibt man sich auch mal mit weniger zufrieden."

Wie viel ein IT-Selbständiger verlangen kann, ist eine Frage der Region, seines Alters und seines Einsatzgebietes. Mehr als die Hälfte aller Projektanfragen gehen für Hessen (hier insbesondere Frankfurt am Main), Baden-Württemberg und Bayern ein. Dort wohnen auch 47,5 Prozent der IT-Freiberufler, so Stefan Symanek von Gulp: "Hier treffen sich also Angebot und Nachfrage, Südwestdeutschland ist einer der Hauptmotoren des IT-Projektmarkts." Dementsprechend hoch fallen auch die Honorarwünsche von selbständigen IT-Experten in Frankfurt am Main und Mannheim aus: Sie verlangen 73 Euro in der Stunde und damit zehn Euro mehr als ihre Mitstreiter in Dresden und Leipzig, wo es aber traditionell weniger Nachfrage gibt.

Nach wie vor gilt die Regel, dass ältere und damit erfahrene Freiberufler teurer sind als junge. Während die unter 30-Jährigen als Stundensatz durchschnittlich 58 Euro angeben, lässt sich ein Mittvierziger seine 20-jährige Berufserfahrung mit einem Stundensatz von 74 Euro bezahlen. Damit ist aber auch das Maximum erreicht, über 60-Jährige fordern im Schnitt 72 Euro.

Überdurchschnittlich hohe Stundensätze beanspruchen Projektleiter (77 Euro) und Berater (75 Euro). Softwareentwickler liegen bei 66 Euro, Hardewareentwickler bei 59 Euro die Stunde. Im unteren Mittelfeld befinden sich freiberufliche Ingenieure mit einer durchschnittlichen Stundensatzforderung von 63 Euro. Das Schlusslicht bilden die Administratoren: Sie haben im Schnitt 58 Euro in ihr Gulp-Profil eingetragen und verlangen damit 17 Prozent weniger als der Durchschnitt.