Freiberufler fordern erstmals wieder mehr Geld

22.03.2006
Die Auftragslage im Freiberuflermarkt hat sich schon im vergangenen Jahr deutlich verbessert. Jetzt ziehen die IT-Profis mit höheren Honorarwünschen nach.

Auf durchschnittlich 66 Euro in der Stunde taxiert das Projektportal Gulp derzeit die Honorarvorstellungen der 58 000 Freiberufler, die in seiner Datenbank registriert sind. Im Vergleich zum Vorjahr sind das im Schnitt erstmals zwei Euro mehr. Allerdings liegen die heutigen Stundensatzforderungen noch weit entfernt von denen der Boom-Zeit: Im Februar 2002 sprach man noch von durchschnittlich 73 Euro, seitdem ging es kontinuierlich bergab. Gulp-Sprecher Stefan Symanek bewertet die höheren Honorarvorstellungen als Zeichen eines gestiegenen Selbstbewusstseins der Freiberufler.

Hier lesen Sie ...

  • welche Stundensätze selbständige IT-Experten derzeit fordern;

  • welche Rolle Wissen und Alter für das Honorar eines Freiberuflers spielen;

  • warum Administratoren nicht vom Aufwärtstrend profitieren.

Gleichzeitig bezweifelt er, ob jemals wieder die Tophonorare der Boom-Zeit erreicht werden können. Lediglich in der Schweiz scheinen die Uhren anders zu gehen: Dort setzt der Freiberufler im Durchschnitt immer noch 85 Euro in der Stunde an, was aber laut Symanek daran liegt, dass viele der eidgenössischen IT-Experten höher bezahlte Tätigkeiten wie Projektleiter und Berater ausüben, während die Mehrheit der deutschen Selbständigen als Entwickler aktiv ist.

So viel verdienen die Freiberufler in diesem Jahr pro Stunde.
So viel verdienen die Freiberufler in diesem Jahr pro Stunde.

Die Art der Tätigkeit spielt eine entscheidende Rolle beim Thema Honorar. Seit jeher gehören Projektleiter und Berater mit durchschnittlich 73 beziehungsweise 70 Euro zu den am besten bezahlten Experten. Deutlich ist die Distanz zu den Softwareentwicklern (61 Euro), Trainern (61 Euro) und Qualitätssicherungsexperten (60 Euro). Das Schlusslicht bilden die Administratoren mit 52 Euro in der Stunde, die als einzige Gruppe nicht vom allgemeinen Aufwärtstrend profitieren konnten. Deren Honorarvorstellungen gehen seit 2002 kontinuierlich zurück. Die freiberuflichen Administratoren stehen laut Symanek unter einem enormen Druck, da sie mit vielen Zeitarbeitsfirmen konkurrieren, die diese Tätigkeiten viel günstiger anbieten.

Den Marktwert beeinflusst auch die aktuelle Nachfrage. Wer begehrt ist, kann auch mehr verlangen, so die kurze Grundformel. Symanek nennt ein Beispiel: "Im vergangenen Jahr kamen auf jeden Freiberufler durchschnittlich 1,3 Projektanfragen. Die Itil-Experten erhielten dagegen im Schnitt 8,3 Anfragen und konnten dementsprechend mehr fordern." Begehrt sind auch weiter SAP-Berater, Architekten und Projektleiter.

Wie viel ein Freiberufler fordern kann, ist auch eine Frage von Alter und Berufserfahrung. IT-Selbständige, die schon mehr als 20 Jahre in der Branche sind, erhalten 15 Prozent mehr Projektangebote als noch vor einem Jahr und bekommen auch leicht verbesserte Konditionen. Ab zehn Jahren Berufserfahrung setzen die IT-Experten einen Stundensatz von 67 Euro, ab 20 Jahren einen von 70 Euro an. Die Einsteiger, die weniger als fünf Jahre in der Branche arbeiten, fordern im Schnitt 45 Euro die Stunde. Mittlerweile sind nur noch 43 Prozent der bei Gulp registrierten Freiberufler unter 40 Jahre, im Jahr zuvor waren es noch knapp die Hälfte. "Der Markt altert schnell. Wenn Projektanbieter ausschließlich nach unter 35-Jährigen suchen, werden sie bald Probleme bekommen, die Projekte zu besetzen", prophezeit Symanek.

Auch die Region beeinflusst die Honorarwünsche der Freiberufler. Traditionell ist in den neuen Bundesländern weniger zu holen. So werden dort im Vergleich zu den gefragten Regionen um München, Frankfurt am Main oder Hamburg kaum Projekte angeboten. Auch ist die Zahl der dort ansässigen Freiberufler vergleichsweise gering. Dennoch registrierte Gulp in diesem Jahr einen leichten Aufwärtstrend. In Leipzig, Halle und Dresden fordern die IT-Experten derzeit 59 Euro und damit auch um zwei Euro mehr als 2005. (am)