Hohe Nachfrage

Freelancer profitieren vom boomenden SAP-Markt

23.09.2012
Von 
Ina Hönicke ist freie Journalistin in München.
Selbständige SAP-Spezialisten werden mehr denn je gesucht. Allerdings sollten sie sich nicht zu sehr auf ihrem Wissen ausruhen. Qualifizierung ist auch hier oberstes Gebot.
Freiberufliche SAP-Berater sind am Arbeitsmarkt heiß begehrt.
Freiberufliche SAP-Berater sind am Arbeitsmarkt heiß begehrt.
Foto: SAP

Freiberufliche SAP-Profis sind heiß begeht - und dies wird nach Meinung von Experten in naher Zukunft auch so bleiben. Waren die Nachwirkungen der Krise von 2008/2009 im Jahr 2010 noch zu spüren, stehen den Externen 2012 wieder alle Türen offen. Laut Personaldienstleister Hays haben zwischen 20 und 25 Prozent aller Anfragen mit SAP zu tun. Dazu Jörn Bäumer von Hays: "Die Anfragen haben gerade in den vergangenen zwölf Monaten nochmals rapide zugenommen." So sei die Anzahl der Unternehmen, die speziell nach SAP-Know-how fragen, um zehn Prozent gestiegen. Wie begehrt die SAP-Profis sind, zeigt auch der immer länger dauernde Zeitraum, in dem SAP-Jobs besetzt werden können. Aus diesem Grund empfiehlt der Hays-Manager den Verantwortlichen in den Unternehmen, sich bei einem geplanten Projekt früh Gedanken über die erforderlichen Ressourcen zu machen: "Viele Firmen starten ein SAP-Projekt und wundern sich, dass die gesuchten Spezialisten nicht gleich zur Verfügung stehen." Eine Erfahrung, die nicht nur Hays mache.

SAP-Freiberufler brauchen Wissensvorsprung

Wer sich nicht um SAP-Trends kümmert, spielt laut Jörn Bäumer, Hays, mit seiner beruflichen Zukunft.
Wer sich nicht um SAP-Trends kümmert, spielt laut Jörn Bäumer, Hays, mit seiner beruflichen Zukunft.

Die meisten Unternehmen beschäftigen zwar selbst SAP-Fachleute, die jedoch laut Bäumer vorrangig mit dem Tagesgeschäft und dem Betrieb des aktuellen SAP-Systems beschäftigt sind: "Die Externen mitsamt ihrem Wissen und ihrer Erfahrung benötigen die Unternehmen für neue Projekte." Darum sollten Freiberufler immer auf dem aktuellsten Wissensstand sein und so auch einen gewissen Vorsprung gegenüber fest angestellten SAP-Profis haben. Wer sich nicht um Trends in der SAP-Welt kümmert, spielt in den Augen Bäumers mit seiner beruflichen Zukunft: " SAP Business by Design wird auch für Mittelständler immer wichtiger, aber zurzeit gibt es kaum interne Mitarbeiter, die in dem Thema fit sind." Von dem Dilemma könnten entsprechende qualifizierte Freiberufler profitieren.

Die große Nachfrage bestätigt Oliver Wippich, der beim Personaldienstleister Hays für die Rekrutierung von SAP-Spezialisten zuständig ist: "Die Unternehmen sind an Experten in der Softwareentwicklung und Basisadministration sowie an SAP-Beratern gleichermaßen interessiert." Es gebe viele Jobs im Umfeld der klassischen SAP-Module, dazu komme ein wieder erstarkter Sektor Business Intelligence. SAP-Experten würden in allen Branchen gesucht - allen voran in Banken, Versicherungen, der Telekommunikation und Elektrotechnischen Industrie. Auch der öffentliche Bereich zeige zunehmend Interesse an SAP-Leuten.

Prozesse integrieren als wichtige Aufgabe

Oliver Wippich, Hays: "SAP-Entwickler und -Berater stehen auf der Wunschliste von Unternehmen ganz oben."
Oliver Wippich, Hays: "SAP-Entwickler und -Berater stehen auf der Wunschliste von Unternehmen ganz oben."
Foto: Privat

Technische Anforderungen würden verstärkt nachgefragt, weil die Unternehmen seit zwei Jahren wieder mehr Geld investieren, um die IT zu modernisieren oder innovative Projekte anzuschieben. Neben den SAP-Entwicklern steht, so Wippich, der Berater ganz oben auf der Wunschliste der Unternehmen: "Diese Freelancer müssen in betriebswirtschaftlichen Themen und geschäftstypischen Branchenprozessen gleichermaßen fit sein." Dass die Anforderungen an die Externen wachsen, hat seiner Erfahrung nach auch mit der veränderten Rolle der Fachabteilungen zu tun. Deren Effizienz stünde nämlich zunehmend im Fokus der Verantwortlichen. Wippich: "Auf den Fachabteilungen liegt sehr viel Druck, ihre Prozesse immer schneller zu verändern und dynamischer zu reagieren." Um hier erfolgreich zu agieren, würde der SAP-Spezialist zunehmend in die Fachabteilung integriert. Die selbständigen SAP-Profis müssten laut Wippich oft geänderte Geschäftsprozesse in den Standardkomponenten anpassen, was auch Sozialkompetenz erfordert: "Ein SAP-Experte kommt ohne das Thema Prozessintegration und Kommunikation gar nicht mehr aus."

Allgemeines SAP-Wissen reicht nicht

Allerdings sieht Wippich auch die Gefahr, dass sich angehende Freiberufler vom SAP-Projektmarkt falsche Vorstellungen zu machen. "Bereits mit SAP gearbeitet zu haben, heißt nicht automatisch, in diesem Sektor auch Erfolg zu haben." Allgemeines SAP-Wissen reicht keineswegs aus. Die freiberuflichen SAP-Profis sollten über ein exklusives Wissen und große Effizienz verfügen. Sie sollten sich rasch in ein fremdes Team einfügen und ihre Erfahrungen aus anderen SAP-Projekten an die internen Kollegen weitergeben.

Joachim Zürn, unabhängiger SAP-Berater, rät dazu, sich permanent weiterzubilden - und zwar technologisch, betriebswirtschaftlich und methodisch.
Joachim Zürn, unabhängiger SAP-Berater, rät dazu, sich permanent weiterzubilden - und zwar technologisch, betriebswirtschaftlich und methodisch.
Foto: Privat

Joachim Zürn hat sich schon nach dem Studium selbständig gemacht und arbeitet seitdem als unabhängiger IT-Strategie- und SAP-Berater. Wenn er die Projektausschreibungen anschaut, stellt er fest, dass die Anforderungen der Kunden gewachsen sind: "Die Unternehmen erwarten von SAP-Experten neben technischem, vor allem betriebswirtschaftliches und Branchen- Know-how." Verfügen Freiberufler über dieses Wissen, hätten sie es in der SAP-Welt leichter als ihre Kollegen. Wenn sie dann noch Erfahrungen aus anderen Projekten sowie Best-Practise-Ansätze beim neuen Auftraggeber einbringen würden, stünden ihnen alle Türen offen.

Zürn rät seinen Kollegen, sich permanent weiterzubilden - und zwar technologisch, betriebswirtschaftlich und methodisch. Ersteres sei erforderlich, da sich SAP von der technologischen Basis her permanent verändere. Das gelte auch für betriebwirtschaftliche Prozesse und Geschäftsmodelle. SAP reagiere als Hersteller neben der technologischen Erneuerung durch Aufnahme neuer Funktionen in die Software und Erstellung weiterer branchenspezifischer Industrielösungen. "Diese Spezialisierung führt dazu, dass entsprechend hoch qualifizierte Experten teilweise schwer zu finden sind", erklärt Zürn. Nach seiner Erfahrung gibt es im SAP-Sektor in puncto aktuelle Lösungsansätze erhebliche Wissensdefizite, die nicht selten zur Unzufriedenheit der Auftraggeber führen würden. Auch in Sachen Dienstleistungsmentalität sieht Zürn die externen Dienstleister stärker in der Pflicht, um den kundenspezifischen Anforderungen gerecht zu werden.