Free Software Foundation: Microsofts Manöver sind leere Drohungen

21.05.2007
Der europäische Zweig der Initiative für freie Software (FSFE) fragt, warum der Redmonder Konzern dem "Mitpatentverletzer" Novell knapp eine Milliarde Dollar gezahlt hat.

Die Free Software Foundation Europe, sonst schon öfter einmal zu heftigen Erklärungen neigend, reagiert auffällig gelassen auf Microsofts Behauptung, Linux sowie diverse Free- und Open-Source-Produkte würden insgesamt 235 Patente des Unternehmens verletzen (mehr hier). Der juristische Vertreter der FSFE, Rechtsanwalt Carlo Piana, erklärte, er verstehe, warum Microsoft in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf den Vertrag mit Novell vom November letzten Jahres Bezug nehme: Der Konzern nimmt Anwender der Novell-Distribution Suse von der Androhung patentrechtlicher Klagen aus. Aber mit den Verträgen zwischen Microsoft und Novell habe der Redmonder Konzern keine Rechte verkauft.

Novell hatte sich im Vertrag von November 2006 (Hintergrundanalyse hier) verpflichtet, Microsoft einen nicht veröffentlichten Anteil seiner Einnahmen aus seinen Geschäftsbereichen Open Platform Products (Suse) und Open Enterprise Servers (Netware und Nachfolger OES), über fünf Jahre mindestens 40 Millionen Dollar, zu zahlen für Microsofts Verzicht darauf, Novell-Kunden zu verklagen. Im Gegenzug hatte Microsoft eingewilligt, Novell unmittelbar 108 Millionen Dollar zu überweisen sowie für insgesamt 240 Millionen Dollar Coupons an Anwender kostenlos weiterzugeben, die dafür ein Jahr kostenlosen Suse-Support bekommen.

Der FSFE-Anwalt Piana rief ferner in Erinnerung, dass Microsoft Ende 2004 eine Antitrust-Klage im Fall Netware von Novell durch die Zahlung von 536 Millionen Dollar beigelegt hat. Piana: "Einem Rechtsverletzer innerhalb von zwei Jahren beinahe eine Milliarde Dollar zu zahlen ist eine abwegige Methode, das Vertrauen auf das eigene Patentportfolio zu belegen." Für FSFE-President Georg Greve sind die Patentdrohungen aus Redmond in erster Linie ein weiterer Beweis dafür, dass quelloffene Software an Microsofts Marktdominanz kratzt: "Dies ist ein gutes Beispiel für den Geschäftserfolg freier Software, der technisch ebenso stabil ist wie in juristischer Hinsicht. Für clevere Finanzanalysten ist es an der Zeit, in freie Software zu investieren." (ls)