Fraunhofer-Gesellschaft

Fraunhofer-Gesellschaft: Wissenschaftler am Puls der Zeit

03.05.2001
Von Katja Müller

Das am 1. März begonnene Projekt „Virtual-Try-On“ dürfte für den Informatiker wieder ein Thema in diesem Sinn sein. In den kommenden zweieinhalb Jahren sollen für die Bekleidungsindustrie die Phasen von der virtuellen Anprobe bis hin zum Maßschnitt erforscht werden. Mit den individuellen Körpermaßen des Internet-Nutzers ausgestattet, könnte so eine „reelle“ Anprobe auf dem Bildschirm inszeniert werden. Dass solche Projekte abteilungsübergreifend sind, ist für Luckas völlig normal: „Erstens kann ich mit Einzelkämpfern nichts anfangen und zweitens habe ich keine Probleme zu kooperieren, um eine strategische Einigung zu erreichen.“

Eine wichtige Grundlage für die gute Zusammenarbeit sind die flachen Hierarchien innerhalb der Institute. Die Mitarbeiter können so ohne organisatorische Schwierigkeiten in andere Institute der Fraunhofer-Gesellschaft wechseln. Eine internationale Ausrichtung der Forscher ist deshalb erwünscht. Kein Wunder, dass sich bei solchen Konditionen die Fluktuation auf immerhin zehn Prozent jährlich beläuft. Befristete Arbeitsverträge wissenschaftlicher Mitarbeiter wirken sich auf den permanent forcierten Wechsel ebenfalls günstig aus.

Schließlich sollte die Ausbildung am Institut so sein, dass es kein Problem ist, in die Industrie oder Wirtschaft einzusteigen. Die meisten Hochschulabsolventen nutzen darum die gängige Möglichkeit der Promotion sowie das zentrale Weiterbildungsangebot von Projekt-Management- bis Rhetorikveranstaltungen als „Sprungbrett für ihre weitere Karriere.“

Auch dem promovierten Physiker Georg Rosenfeld gefällt die offene und praxisnahe Atmosphäre in den Instituten. „Als Wissenschaftler hatte ich immer weniger Lust, mich zu spezialisieren. Daher kam mir das Angebot, im Vorstandsstab der Fraunhofer-Gesellschaft mitzuarbeiten, gerade recht“, erklärt er. Der 34-Jährige ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Forschungsplanung und Ansprechpartner für die Institute des Forschungsgebiets Informations- und Kommunikationstechnik.

Ebenso liegen Budgetverhandlungen und Gehaltseinstufungen in seinem Arbeitsbereich. Dass sich die Vergütung für Diplominformatiker in der Fraunhofer-Gesellschaft mit bis zu 15 Prozent unter den mittleren Einstiegsgehältern der Industrie bewegt, mindert nach Ansicht des Physikers die Attraktivität der Institute kaum. Priorität haben laut Rosenfeld die spannenden Forschungsthemen. „Wir suchen Leute, die vor Kreativität sprühen und sich weiterentwickeln wollen, und nicht solche, bei denen das Einkommen eine übergeordnete Rolle spielt.“

In der Regel werden im Jahr etwa 150 wissenschaftliche Mitarbeiter im Informatikbereich eingestellt. Zurzeit sind laut Rosenfeld 80 Stellen offen, die meisten davon im Bereich Informations- und Kommunikationstechnik. Immer öfter werden die Kandidaten dabei über den elektronischen Stellenmarkt geworben, statt über eine traditionelle Zeitungsannonce. Dass dieses Konzept funktioniert, beweist die hohe Frequenz an der Jobbörse von Fraunhofer. Sie ist laut einer internen Zugriffsstatistik der gefragteste Bereich der Fraunhofer-Site.