Karriere machen

Frauen verlassen die Komfortzone

17.11.2010
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

"Dem Glück eine Chance geben"

Anja Kiefer-Kaufmann, Itemis: "Wenn ich weiterkommen will, muss ich meine Komfortzone verlassen."
Anja Kiefer-Kaufmann, Itemis: "Wenn ich weiterkommen will, muss ich meine Komfortzone verlassen."
Foto: Anja Kiefer-Kaufmann, Itemis

Anja Kiefer-Kaufmann liebte Physik und Mathe in ihrer Schulzeit. Nach einer Ausbildung zur Informationselektronikerin studierte sie Technische Informatik an der Fachhochschule Dortmund und brauchte dafür nur sieben Semester. Doch der Berufseinstieg 1992 gestaltete sich schwierig, aus dem studentischen Nebenjob in der Erwachsenenbildung wurde ein Vollzeitjob. "Ich habe als Dozentin arbeitslosen Akademikern Programmier- und DV-Kenntnisse vermittelt." Ein Jahr später entwickelte sie an der Ruhr-Universität Bochum E-Learning-Kurse. Nach der Geburt ihrer Tochter entschied sich Kiefer-Kaufmann für eine dreijährige Familienphase, in der sie stundenweise in der Erwachsenenbildung arbeitete. Nach weiteren zweieinhalb Jahren an der Universität und einer Phase als Freiberuflerin baute sie für einen Bildungsträger ein DV-Trainingscenter auf. Da vor zehn Jahren noch Betreuungsangebote für schulpflichtige Kinder fehlten, blieb ihr nichts anderes übrig, als ihr Arbeitspensum von 30 auf 20 Stunden zu reduzieren. "Damals war es eine Katastrophe, ab 7.30 Uhr einen Betreuungsplatz für meine Tochter zu finden. Von Erzieherinnen und anderen Mütter musste ich mir anhören, wie egoistisch es sei, berufstätig zu sein. Viele haben mich als Rabenmutter abgestempelt." Allerdings ließ sie sich nicht entmutigen.

Als der Bildungsträger 2003 deutlich weniger Aufträge erhielt, verlor Kiefer-Kaufmann ihren Job. Doch sie wollte nicht Hausfrau werden. Statt dessen jobbte sie als Teamassistentin in verschiedenen Jobs und arbeitete für eine Personalberatung als "Mädchen für alles auf höherem Niveau". "Dabei habe ich viel über Personalauswahl gelernt." Das half ihr bei der Jobsuche. Bei der IT-Beratung Itemis in Lünen hatte sie sich als Assistentin beworben, doch dann kam es anders. "Der Vorstand Jens Wagner meinte, dass sie keine Assistentin brauchen, doch dass ich mit meiner Qualifikation das Recruiting unterstützen könnte", erzählt sie noch heute begeistert. Seit 2007 arbeitet sie für das IT-Beratungsunternehmen. Als weitere Aufgabe kamen Mitarbeiterschulungen dazu und Kiefer-Kaufmann konnte ihr Wochenpensum von 20 auf 30 Stunden erhöhen. Seit einem Jahr hat sie zusätzlich einen Lehrauftrag an der Universität Siegen und bringt dort Informatikern Softskills näher.

Zwar freut sich die 44-Jährige, dass es heute mehr Betreuungsangebote gibt, doch das reiche nicht aus. Anfeindungen seitens der Gesellschaft und von nicht berufstätigen Müttern ärgern sie noch immer. Genauso wenig kann sie mit Sprüchen anfangen, sie habe Glück gehabt. Denen entgegnet sie: " Ich habe meinen Glück eine Chance gegeben und 80 Bewerbungen geschrieben." Glück als Erklärung für den beruflichen Erfolg nutzen ihrer Meinung nach zu viele Frauen, die sich ihre Bescheidenheit nicht abzulegen trauen. "Frauen sollen sagen, was sie können. Das kann man lernen." Ganz getreu Kiefer-Kaufmanns Motto: "Wenn ich weiterkommen will, muss ich meine Komfortzone verlassen."