Frauen in technischen Berufen benachteiligt

18.07.2002
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Zahlreiche Werbekampagnen sollen junge Frauen für technische Studiengänge und Berufe begeistern. Verschwiegen wird dabei, dass der Arbeitsmarkt den Absolventinnen immer noch schlechtere Berufschancen bietet als ihrer männlichen Kollegen.

Noch immer sind Frauen in den Studienfächern Maschinenbau, Elektrotechnik, Informatik, Architektur und Bauingenieurwesen eine Minderheit. Eine aktuelle Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit (IAB) in Nürnberg zeigt anhand von neuen Statistiken und Untersuchungen, dass die Berufsaussichten von Absolventinnen deutlich schlechter als die ihrer Studienkollegen sind.

Im Jahr 2000 lag in Deutschland der Frauenanteil unter den Absolventen in Ingenieur- und Informatikstudiengängen bei mageren 18 Prozent, in Spanien und Italien dagegen bei immerhin 27 Prozent, in Schweden und Irland bei 24 Prozent. Von den Berufstätigen mit einem akademischen Abschluss in Informatik, Maschinenbau, Elektrotechnik oder Architektur/Bauingenieurwesen waren im Jahr 2000 nur 13 Prozent Frauen.

Bei den Angestellten mit Uni- und FH-Abschlüssen in Deutschland 2002 haben Frauen kaum Führungspositionen inne.
Bei den Angestellten mit Uni- und FH-Abschlüssen in Deutschland 2002 haben Frauen kaum Führungspositionen inne.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wenig ermutigend für Studentinnen technischer Studiengänge sind die Berufsperspektiven. Sowohl beim Gehalt als auch bei den späteren Aufgaben können die Absolventinnen nicht mit ihren ehemaligen Studienkollegen mithalten. Der IAB-Bericht zeigt, dass die Führungspositionen immer noch weitgehend den Männern vorbehalten bleiben. Dagegen arbeiten doppelt so viele Frauen (44 Prozent) wie Männer nach eigenen Angaben in einer einfachen oder mittleren Position im Unternehmen, bei den höheren Führungsaufgaben sind Ingenieurinnen und Informatikerinnen so selten vertreten, dass ihr Anteil statistisch nicht relevant ist.

Informatikerinnen verdienen überdurchschnittlich gut

Das Bruttomonatseinkommen der Absolventinnen bei Vollbeschäftigung lag im Durchschnitt deutlich unter dem der Absolventen. Einzig Informatikerinnen bildeten bei den Beschäftigungs- und Verdienstmöglichkeiten eine Ausnahme. Bei den Ingenieurinnen und Naturwissenschaftlerinnen dagegen erreichten nur 49 Prozent der Frauen, aber 70 Prozent der Männer fünf Jahre nach dem Examen ein Bruttojahreseinkommen von rund 35790 Euro (70000 Mark). Ein kleines Trostplaster bleibt den Ingenieurinnen und Naturwissenschaftlerinnen: Im Vergleich mit Akademikerinnen anderer Studiengänge schneiden sie besser ab. Informatikerinnen verdienten im Jahr 2000 verglichen mit den anderen Naturwissenschaftlerinnen überdurchschnittlich gut.

Bei den Studiengängen in Deutschland in den Jahren 1993 bis 2000 nimmt das Interesse für ein Informatikstudium am deutlichsten zu.
Bei den Studiengängen in Deutschland in den Jahren 1993 bis 2000 nimmt das Interesse für ein Informatikstudium am deutlichsten zu.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Statistiken des IAB belegen, dass Frauen mit einem naturwissenschaftlichen oder technischen Abschluss fast doppelt so häufig von Arbeitslosigkeit betroffen sind wie ihre männlichen Kollegen. Die Ursachen für die vielfältigen Nachteile von Frauen in den genannten Berufsfeldern sind bisher noch kaum erforscht. Die Autorinnen der Studie erklären die ungleichen Chancen vor allem mit klassischen Formeln. Die Doppelbelastung der Frauen, Familien- und Erwerbsarbeit zu koordinieren, benachteilige sie. Gerade in der IT-Branche ließen sich die hohe Stressbelastung und lange Arbeitszeiten nur schwer mit dem Familienleben in Einklang bringen. Beschäftigungspausen wirkten sich ebenfalls nachteilig auf eine erfolgreiche Wiedereingliederung ins Berufsleben aus, da die Branche sehr schnelllebig sei.

Werbekampagnen zweifelhaft

Ein weiterer Stolperstein stelle gerade in Deutschland das herkömmliche Verständnis des Ingenieurberufs als Männerdomäne dar. Solange Frauen von ihren männlichen Kollegen als „kulturelle Störfaktoren“ gesehen werden, so die Studie, wecken Projekte wie „think Ing“ oder „Werde Informatikerin“ bei den jungen Studentinnen falsche Erwartungen, die sich im späteren Berufsleben nicht erfüllen lassen. Mit besseren Betreuungsmöglichkeiten für Kinder allein lässt sich die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit nicht überbrücken.