Französisches Veto gegen Fernmelde-Empfehlung des Ministerrates in Brüssel:Strategie-Diskussion um EG-Telematikmarkt

15.01.1982

BRÜSSEL (bi) - Die französische Regierung will den europäischen Herstellern von Telematik-Endgeräten und Fernmelde-Einrichtungen eine bevorzugte Marktposition gegenüber den nicht-europäischen Anbietern einräumen. Die schon laufenden Aktivitäten der Europäischen Gemeinschaft In dieser Richtung' scheinen ihr nicht nachhaltig genug. So haben die im Telematik-Sektor stark engagierten Franzosen ihre Zustimmung zu einer EG-Fernmelde-Empfehlung verweigert, die auf eine Übereinkunft der Europäer in Telekommunikationsfragen abzielt.

Das Veto muß als Schritt zu einer gewissen Abschottung des stark expandierenden europäischen Telekommunikations-Marktes vor amerikanischen und japanischen Weltmarktführern gelten.

Der EG-Ministerrat arbeitet derzeit eine "Empfehlung" aus, die für die Mitgliedstaaten de facto, nicht de jure, verbindlich werden soll, was die Beschaffung von Fernmeldematerial anbelangt. Ziel der EG-Empfehlung ist ferner die Harmonisierung im gesamten Gebiet des Fernmeldewesens sowie die Errichtung eines gemeinsamen Marktes für die neuen Telematik-Endgeräte.

Während der Diskussion über den Vorschlag zur EG-Fernmelde-Empfehlung entstand nach Angaben aus EG-naher Quelle ein Konflikt, der bisher noch nicht beigelegt werden konnte. Die Deutschen hätten es "sich nicht so ganz gerne völlig verbieten lassen" wollen, auch einmal über den Tellerrand hinaus nach Japan und USA zu schauen. Allerdings hätten die Franzosen das Problem nicht auf die Spitze getrieben und die Deutschen präjudizieren wollen.

Die Briten, in ihrer Haltung eher "schillernd", seien offenbar ganz froh gewesen, daß Franzosen und Deutsche die Problematik aufgegriffen hätten. Gleichwohl war ihnen daran gelegen, die Empfehlung schnell unter Dach und Fach zu bringen.

Die Ablehnung hat zur Folge, daß die handelspolitisch brisante EG-Empfehlung auf die Arbeitsebene, das heißt den Ausschuß der ständigen Vertreter (ASTV) bei der EG auf der Ebene der stellvertretenden Botschafter zurückverwiesen worden ist.

Die Beschaffungspolitik der Bundespost sei vorläufig von dieser verzögernden Behandlung der EG-Richtlinie kaum tangiert, jedenfalls nicht rechtlich. Politische Konsequenzen konnte ein Interpret aus dem Bonner Regierungsviertel nicht ausschließen.

Mit der nun auf Eis gelegten Empfehlung sollte sichergestellt werden, daß alle Postverwaltungen neue numerisch integrierbare Systeme schaffen. Sie sollen sich deshalb im Rahmen der europäischen Konferenz der Post- und Fernmeldeverwaltungen konsultieren und gewährleisten, daß alle ab 1983 zu schaffenden neuen Dienstleistungen miteinander vereinbar sind. Ab 1985 sollten nur noch Bestellungen für aufeinander abgestimmte Ausrüstungen erteilt werden, so daß alle in der Gemeinschaft in Betrieb zu nehmenden Telematik-Endgeräte an das zentrale Fernmeldenetz angeschlossen werden können.