Beteiligungskonflikt mit Cap Gemini Sogeti droht

France Telecom will durch die Sema Group in den Softwaremarkt

24.07.1992

PARIS - Vertrauliche Verhandlungen, die das staatliche Fernmeldeunternehmen France Telecom (FT) derzeit um eine eventuelle Beteiligung an der Softwaregruppe Sema führt, schreckten Branche und Börse aus der Sommerruhe hoch.

Wegen der zweinationalen (britisch-französischen) Kapitalstruktur des zweitgrößten französischen Softwarehauses schwappten die Wogen der Affäre, die nach Angaben von Firmensprechern noch im Stadium klärender Vorgespräche steckt, sogar bereits über den Kanal: Die Londoner Börse verlangte von der Sema Group eine öffentliche Erklärung über deren Zukunftspläne.

Sema (Umsatz 1991: 4,2 Milliarden Franc, Nettogewinn 106 Millionen Franc) bestätigte zunächst nur, man habe mit FT Verhandlungen über eine industrielle Partnerschaft aufgenommen - nach dem Vorbild eines Joint-ventures mit der British Aerospace vom vorigen Sommer. Das Softwarehaus strebt seit langem Industriebeteiligungen an, um seine Kundenbasis zu erweitern.

Die Kontakte zu FT haben jedoch weitergehende Bedeutung, weil zwei der Hauptaktionäre von Sema, die Großbank Paribas mit rund 39 und der Elektromaschinen-Hersteller Schneider mit 10,5 Prozent, sich ganz oder teilweise aus den Unternehmen zurückziehen möchten. Deshalb verfolgt insbesondere der dritte Großaktionär der Firma, Softwarekonkurrent Cap Gemini Sogeti (CGS), an dem wiederum die deutsche Debis GmbH mit 34 Prozent beteiligt ist, das Manöver mit Argusaugen. Die CGS-Beteiligung an Sema liegt bei gut 28 Prozent. Gleichzeitig macht CGS etwa fünf Prozent des Umsatzes von zehn Milliarden Franc mit FT, müßte bei drohendem Besitzstreit also Rücksicht auf einen wichtigen Kunden nehmen.

France Telecom: ein attraktiver Partner

Für Sema selber wäre FT ein attraktiver Partner: Nachdem das Softwarehaus mit Hilfe von Paribas, British Aerospace und Schneider eine starke Marktposition in der Bankenautomation, der Rüstungselektronik und bei Kernkraftwerks-Ausrüstungen errang, bietet nun der Fernmeldesektor gute Wachstumschancen.

Umgekehrt würde auch FT durch einen Deal mit Sema seiner eigenen Software- und Service-Sparte FTLTS (zirka vier Milliarden Franc Umsatz) neue Impulse verschaffen.

Nach Ansicht von Branchenkennern ist jedoch schwer vorstellbar daß der Telekom-Konzern allein an die Stelle von Paribas und Schneider als Sema Teilhaber treten könnte. CGS wiederum hätte "jederzeit genug flüssige Mittel parat", so Chairman Serge Kampf, um wenigstens das Schneider-Paket kurzfristig zu erwerben. Die hochverschuldete Software- und Servicegruppe müßte zu diesem Zweck jedoch ein öffentliches Übernahmeangebot machen. Nicht nur CGS scheut indes wegen der hohen Kosten ein solches Vorhaben, sondern wohl alle denkbaren Sema-Interessenten.

Zudem wehrt sich das Sema-Management gegen die Majorisierung durch eine Firma, mit der man trotz schon vorhandener Kapitalverflechtung in verschiedenen Bereichen konkurriert.

Da als sicher gilt, daß Paribas die unmittelbare geschäftliche Verantwortung für Sema gern loswerden möchte, nicht aber unbedingt diese Einnahmequelle, wäre als Kompromißlösung die Gründung einer Holding vorstellbar in der die Eignerquoten zwischen der Bank, dem Fernmeldekonzern, Kampfs Softwareschmiede und womöglich noch weiteren Partnern neu verteilt würden. Die Holding würde Sema zwar zu 100 Prozent finanziell beherrschen, sich aber nicht in die Geschäftsführung des Softwarehauses einmischen. Sie wäre zudem ein eleganter Weg, später weitere Beteiligungen in Frankreich und der EG zu erwerben.