Fortune-Hitparade der amerikanischen Exporteure zeigt:Am wenigsten vertraut Prime auf die US-Konjunktur

22.08.1986

Mußte die amerikanische Wirtschaft im vergangenen Jahr wegen des hohen Dollarkurses Ausfuhreinbußen von 2,2 Prozent einstecken, so konnten die 50 im Exportgeschäft erfolgreichsten US-Firmen doch den Wert ihrer Lieferungen ins Ausland um durchschnittlich neun Prozent steigern. Zu diesem Ergebnis gelangten zumindest die Analysten des Wirtschaftsmagazins Fortune, dessen jährliche Hitparade der 500 umsatzgrößten Unternehmen zu den wichtigsten Publikationen der amerikanischen Geschäftswelt gerechnet wird. Diese Hitliste leidet allerdings unter einem schwerwiegenden Handicap: Sie vergleicht Ergebnisse von Geschäftsjahren, die bis zu drei Quartalen von Kalenderjahren abweichen, täuscht aber Präzision bis zur zweiten Kommastelle vor. Dennoch gibt die Hitparade der Exporteure Aufschluß über die Abhängigkeit der DV-Anbieter von der weltwirtschaftlichen Entwicklung.

MÜNCHEN (CW) - Die amerikanische Computerindustrie macht immer noch den Löwenanteil ihres Geschäfts zu Hause. Nur wenige DV-Hersteller sind dank ihres Auslandsengagements gegen die Investitionsmüdigkeit in den USA gewappnet. Im Fortune-Club der größten 50 US-Exporteure ist die Branche jetzt allerdings auf dem Vormarsch. Am schnellsten prescht Prime vor.

Sechs Neulinge finden sich in Fortunes Top-50-Riege der amerikanischen Exporteure; gleich vier von ihnen stammen aus der DV-Branche. Der aktivste Newcomer - und gleichzeitig der am stärksten exportorientierte Computerhersteller - ist Prime. Fast 47 Prozent seines Weltumsatzes erwirtschaftete der Mini-Spezialist 1985 im Ausfuhrgeschäft. Damit verweist Prime die IBM mit ihren knapp sieben Prozent auf einen der letzten Plätze. Allerdings produziert Big Blue sehr viel außerhalb der Vereinigten Staaten. Ohne seine Tochtergesellschaften setzte der blaue Riese im vergangenen Jahr nicht etwa 50, sondern nur 32 Milliarden Dollar um. Da sich der Export in Höhe von rund 3,5 Milliarden Dollar aber nur auf den US-Umsatz bezieht, liegt IBMs Ausfuhrrate in Wirklichkeit bei elf Prozent. Auch dieser etwas günstigere Wert beweist, daß der Mutterkonzern gegenüber Rezessionserscheinungen in den USA recht empfindlich ist.

Digital Equipment kommt wie Big Blue auf eine höhere tatsächliche Exportquote als die 20,5 Prozent, die die Zeitschrift konstatiert. Im Geschäftsjahr - 1984/85 (30.6.) entfielen

von den 6,69 Milliarden Dollar Umsatz knapp 5,45 auf das US-Geschäft. Die Ausfuhren des Minicomputer-Marktführers aus den USA - Wert fast 1,4 Milliarden Dollar - entsprechen also einem Anteil von 25 Prozent. DEC und Prime sind Unternehmen, die zur Zeit vorexerzieren, daß sich - Dollarkurs auf oder ab - außerhalb der USA trefflich Geld verdienen läßt. Ihre Exportabhängigkeit ist durchaus gewollt. Prime-Sprecher Joe Gavaghan vertraute der Fortune-Redakteurin an: "Wir wollen sogar eine 50:50-Aufteilung zwischen USA und Übersee. So vermeiden wir ernsthafte Schläge, die sich aus Konjunkturschwankungen ergeben könnten."

Eine relativ starke Exportabhängigkeit läßt sich auch bei dem Workstation-Hersteller Tektronix feststellen. Er ist hinter Control Data, Wang und Prime als kleinster unter den Top-50-Neulingen in die Liste aufgenommen worden. Dieses Unternehmen, das ausschließlich in den USA produziert, liefert wie DEC rund 25 Prozent seiner Fertigung ins Ausland. Der

Chip-Matador Motorola dessen Umsatz- und Exportzahlen auch die Funksystem-Aktivitäten einschließen, führte 1985 mit 957 Millionen Dollar Warenwert knapp 18 Prozent seiner Produktion aus. Etwas höher war der prozentuale Exportanteil bei Wang. Freilich entsprechen 19 vom Hundert hier nur 358 Millionen Dollar, so daß nach der absoluten Ausfuhrsumme für Wang nur der drittletzte Platz herausspringen würde .

Die jüngst fusionierten Unternehmen Sperry und Burroughs präsentieren sich wie auch Control Data nicht sonderlich exportabhängig, dafür eher US-konjunkturanfällig. Mit Anteilen zwischen 10 und 14 Prozent teilen sie ihr Los mit der IBM. Der ITT-Konzern, in der branchenübergreifenden Aufstellung auf Platz 26, läßt sich hingegen hier nicht einordnen: Als Exportgüter aus den USA sind laut Fortune nämlich nur Rundhölzer und Zellstoffprodukte von Bedeutung. Aber nach der Ausgliederung der SEL wird ITT ja ohnehin nicht mehr der Elektronikbranche zugerechnet.