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Thema des Tages

Forté Software soll Sun zum Komplettanbieter machen

24.08.1999
Thema des Tages

CW-Bericht von Hermann Gfaller

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der Entwicklungsspezialist Forté soll durch einen Aktientausch in den Sun-Konzern eingegliedert werden. Mit Hilfe des Neuzugangs will der Java-Erfinder seine hinkende Infrastruktur für Web-Anwendungen zum Laufen bringen.

540 Millionen Dollar soll der Wert des Deals betragen, bei dem ein Forte-Anteil gegen 0,3 Sun-Aktien getauscht wird. Die bei der Ankündigung diskutierte Frage, ob dieser Preis eher günstig oder teuer ist, läßt sich angesichts der explodierenden Inflation der Fusionssummen und der für das kaufende Unternehmen billigen Aktienwährung, kaum entscheiden.

Forté mußte zwar im Geschäftsjahr 1998/99 einen Verlust von 1,36 Millionen Dollar ausweisen, konnte aber in den vergangenen drei Quartalen wieder Gewinn erwirtschaften. Die finanziell schwierigen Jahre seit 1997 nutzte das Unternehmen, um seine Kompetenzen im Bereich 4GL-Sprachen und für verteilte und objektorientierte DV-Umgebungen um eine Internet-Architektur zu erweitern, die aus den beiden Komponenten „Syner-J“ und „Fusion“ besteht. Zusammen stellen sie eine Kombination zur Entwicklung und Integration von Web-Anwendungen vor allem für Großunternehmen dar, wie sie, so Sun-COO Ed Zander, „in dieser Vollständigkeit wohl nur von der IBM übertroffen wird“.

Bei Syner-J handelt es sich um eine Internet-Entwicklungsumgebung inklusive Web-Server, die mit aktuellen Techniken wie Java 2 und Enterprise Javabeans (EJBs) arbeitet. Auf die Frage, welche Rolle der inzwischen dritte Applikations-Server spielen werde, hielt sich Zander alle Optionen offen: „Unsere Pläne für die Fusion der Netscape- und Netdynamics-Technik liegen vor. Aber natürlich sind auch Forté-Eigenschaften wie die EJB-Unterstützung, Corba und XML interessant. Für konkrete Produktaussagen ist es jetzt allerdings noch zu früh.“ Vorerst dürfte Sun vor allem an der Entwicklungsumgebung von Syner-J interessiert sein. Auf diesem Gebiet konnten sich bislang weder Netdynamics noch Netscape große Meriten erwerben.

Von ausschlaggebender Bedeutung insbesondere für das Geschäft mit Großkunden dürfte allerdings die „Fusion“-Suite für Enterprise Application Integration (EAI) sein. Mit den hier zusammengefaßten Tools erhofft sich Sun, das Hauptproblem der meisten Internet-Einsteiger zu beheben, das in der Integration der neuen Technik in die herkömmlicher DV besteht. Außerdem lassen sich über die „Conductor“-Software Corba- und Java-Komponenten integrieren und Geschäftsprozesse automatisieren. Freuen dürfte sich Sun auch, daß die XML-Fähigkeiten von Fusion dem Unternehmen einen wichtigen, aber bislang vernachlässigten Markt erschließen.

Schließlich ist zu erwähnen, daß Forté als eigenständige Softwarefirma bislang darauf angewiesen war, möglichst viele Plattformen zu unterstützen und deshalb den früher proprietären 4GL-Ansatz um offene Standards wie Java ergänzt hat. Von dieser Herstellerunabhängigkeit kann Sun ebenso profitieren wie von dem guten Ruf der Entwicklungs-Company bei den eigenen Anwendern, die 25 Prozent von Fortés Kundenstamm ausmachen.