Deutsche Steuergesetze sind nicht mehr zeitgemäß

Fords PC-Geschenke scheitern am Finanzamt

14.07.2000
MÜNCHEN (CW) - Automobilhersteller Ford hat die Verteilung kostenloser PCs an seine Mitarbeiter in Deutschland vorerst auf Eis gelegt. Nachdem das Finanzministerium Wind von der Aktion bekommen hat, wollen die Behörden Steuern für die Rechner kassieren. Doch Ford möchte die geschätzten 40 Millionen Mark nicht aufbringen. Das Unternehmen verweist auf Sonderprogramme anderer Länder, in denen PC-Geschenke von Abgaben befreit sind.

Im Februar dieses Jahres hatte Ford-Konzernchef Jac Nasser angekündigt, allen etwa 350000 Mitarbeitern weltweit für eine symbolische Monatsgebühr von etwa zehn Mark einen auch privat zu nutzenden PC zur Verfügung zu stellen. Ziel dieser Initiative sei, "die Angestellten auf Anforderungen der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts vorzubereiten", erklärt ein Sprecher des Automobil-Pioniers.

Jetzt ist die Aktion ins Stocken geraten. Nachdem die Auslieferung der PCs in den USA und europäischen Ländern wie Großbritannien und Spanien bereits angelaufen ist, sollten bis August dieses Jahres auch die 40000 deutschen Ford-Mitarbeiter ihren Rechner im Wert von 2000 Mark zu Hause stehen haben, rechtzeitig zum 75-jährigen Geschäftsjubiliäum in Deutschland. Doch diesen Zeitplan wird der Autobauer aus Detroit angesichts der jüngsten Forderungen des Finanzministeriums kaum einhalten können.

Die Finanzbehörden ordnen das PC-Geschenk von Ford als geldwerten Vorteil ein, für den nach Paragraph 19, Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes Abgaben fällig werden. Bei einem Wert von 2000 Mark pro Rechner belaufen sich die Steuerkosten auf insgesamt 40 Millionen Mark. Diesen Betrag will der Automobilkonzern weder selbst tragen noch seinen Mitarbeitern aufbürden. Das Unternehmen setzt nun auf Gespräche mit dem Ministerium.

Das Finanzministerium in Berlin zeigte sich bislang unnachgiebig. Auf Anfrage der COMPUTERWOCHE erklärte Maria Heider, Sprecherin des Ministeriums, dass ohne eine gesetzliche Regelung auf Länder- oder Bundesebene keine Befreiung von der Steuer möglich sei. Eine entsprechende Gesetzesinitiative sei bis jetzt noch nicht angeschoben worden. Die Frage, wie lange ein entsprechendes Verfahren dauern würde, konnte Heider nicht beantworten: "Das kann je nach Konsens bei den beteiligten Parteien zwischen ein paar Tagen und Jahren dauern."

So lange will Reiner Steilen, Vorstandssprecher bei Ford, nicht warten. Bis zum 18. August möchte er eine Sonderregelung für sein Unternehmen durchsetzen. Einsicht und Verständnis für dieses Problem sei bei den politischen Entscheidungsträgern wie zum Beispiel dem Bundeskanzler Gerhard Schröder zwar vorhanden, doch "die Schwerfälligkeit der Bürokratie ist unglaublich", schimpft Steilen.

Angesichts der jüngsten Initiativen der Bundesregierung, den Einstieg in das Informationszeitalter zu ebnen, wirkt die jetzt losgetretene Steuerdiskussion wie ein Rückschritt.

Im Vergleich zu anderen Ländern hinkt die deutsche Gesetzgebung hinterher. So gelten beispielsweise in den Niederlanden und Schweden Sonderregelungen, die PC-Geschenke von der Lohnsteuer befreien. In Holland darf der Arbeitgeber seinen Angestellten alle drei Jahre einen Rechner im Wert von bis zu 5000 Gulden schenken. In Großbritannien müssen bei Arbeitgebergeschenken grundsätzlich nur 20 Prozent des Wertes versteuert werden. PCs sind bis zu einem Betrag von 5000 Pfund steuerfrei. Auch in Spanien gilt seit etwa drei Wochen ein Gesetz, das PC-Geschenke als Weiterbildungsmaßnahme und damit als förderungswürdig einstuft.