Fogra-Symposium zum Computer Publishing Digitale Zeitung: Tools fuer das Farb- und Daten-Management

31.03.1995

Das Color-Management (CM) gehoert mittlerweile zur zentralen Aufgabe im Bereich der elektronischen Druckvorstufe und beim Computer Publishing. Mit den Techniktrends zum automatischen Ausgleich von Farbinformationen auf verschiedenen Ausgabemedien beschaeftigt sich auch die Forschungsgemeinschaft der grafischen Industrie (Fogra). Vom sechsten Fogra-Symposium "Aktuelle Entwicklungen im Computer Publishing", das kuerzlich in Muenchen stattfand, berichtet Michael Mittelhaus*.

Das zur Standardisierung des CM gegruendete International Color Consortium (ICC) konnte waehrend der Muenchner Fogra-Tagung mit einer parallelen Vorfuehrung auf Mac- und PC-Basis erstmals die Plattformunabhaengigkeit fuer das Color-Management entwickelter Farbprofile demonstrieren. Diese werden fuer alle in der Bildverarbeitung verwendeten Geraete (Scanner, Monitore, Drucker und Druckmaschinen) erstellt und als Zusatzinformation an die Bilddaten angehaengt. Alle relevanten Betriebssystem-Hersteller haben sich inzwischen zu diesem Standard bekannt. Wann die Betriebssystem-Funktionen verfuegbar sind (in "Color Sync 2.0" fuer Apple beziehungsweise in Microsofts Windows 95) ist jedoch fraglich.

Auch die ICC-Spezifikationen lassen allerdings einen allgemeinen und einen firmenspezifischen Teil zu. Proprietaere Loesungen ueber die im Betriebssystem verankerte Grundunterstuetzung der ICC- Profile hinaus wird es also weiterhin geben. Waehrend Microsoft, Sun und Silicon Graphics fuer ihre Plattformen das CM-System von Kodak in Lizenz nehmen wollen, plant Apple, ein Patent von Linotype zu erwerben. Bei den Programmherstellern hat als erste die Firma Quark ihre volle Unterstuetzung fuer den ICC-Standard bekundet, das bisher verwendete System der Electronics for Imaging Inc. (EFI) wird fallengelassen. Auch Adobe will sich dem Wechsel auf die ICC-Spezifikationen anschliessen.

Die digitale Fotografie ist eine weitere Entwicklung, die traditionellen Methoden des grafischen Gewerbes den Garaus machen wird. Analysten wie Alexis Gerard, Herausgeber der auf Marktstudien fuer digitale Fotografie spezialisierten US- Zeitschrift "Future Image", und Profifotografen wie Stephen Johnson gingen auf dem Symposium davon aus, dass die neue Technik in einigen Jahren einen relevanten Prozentsatz an analogen Aufnahmen und damit einhergehenden klassischen Scans ersetzen wird. In den USA rechnet man derzeit mit 41000 Firmen als Interessenten, ein erster Preisrutsch hat die Kosten fuer High-end- Systeme seit Oktober vergangenen Jahres um 25 Prozent reduziert.

Schluesseltechnologie ist aber auch hier das Color-Management, das durch eine automatisierte Berechnung von Farbprofilen den bislang fuer Fotografen ungewohnten digitalen Aufwand weitgehend verringert. Im Gegensatz zur Photo-CD wird fuer Digitalkameras damit ein Massenmarkt zumindest erkennbar. Teilnehmer des Symposiums zeigten Interesse an dieser Technik, ein wirklicher Schwenk hin zum digitalen Publizieren ist in der grafischen Industrie allerdings noch nicht zu spueren.

Bemerkenswerte Neuigkeiten hatte Alan Marshall von dem britischen Verlag Evening Standard Group zu berichten. In Grossbritannien wie auch in den USA setzt sich der digitale Anzeigenaustausch im Zeitungsbereich derzeit durch. Als profitabel erweisen sich die an zentralen Orten installierten Displays, auf denen elektronisch gesteuerte Zeitungsmeldungen samt lokaler Anzeigen erscheinen. Fast einsatzfertig ist ein sprachgesteuertes Abrufgeraet, das dem Benutzer gewuenschte Zeitungen und Zeitungsteile zufaxt. Ein Highlight unter den neuen Produkten war eine sogenannte Newsbox: ein Handheld-Computer mit elektronischer Zeitung im Display sowie TV und Radioempfang.

Der Adobe-Vertreter Gary Cosimini kuendigte weitere Entwicklungen in Sachen Acrobat an.

"Green Giant" heisst ein System, das Daten mittels handelsueblicher Scanner in das Acrobat-Format bringen soll. Adobe werde ausserdem ein Plug-in entwickeln, mit dem sich Formulare in Acrobat ausfuellen lassen. Sound und Video sollen sich ueber Apples "Quicktime"-Technik in Acrobat integrieren lassen.

Juengster Trend ist der Versuch der Hersteller, des Problems der Datenmengen im Computer Publishing Herr zu werden. Immerhin besetzt die Produktion einer einzigen farbigen Zeitschrift (50 Seiten) 1 GB Speicherplatz. Der Ansatz von Agfa mit einem sogenannten Mainstream-Server verspricht einigen Erfolg, da mit diesem Konzept ein leistungsfaehiger Sun-Rechner die Daten und Aufgaben flexibel an die im Netz vorhandenen Stationen verteilen soll. Adobe nennt sein Konkurrenzprodukt "Open", das allerdings bei einer ausschliesslichen Nutzung von Mac-Systemen als zu schwach in der Rechenleistung erscheint. Beide Verfahren sollen ueber ein Workflow-Management mit integrierten "Pre-flight-Tools" verfuegen. Mit Hilfe dieser Werkzeuge sollen Jobs auf ihre Datenintegritaet etwa bei Farbe und Schrift geprueft werden, bevor sie ueber den RIP- Konverter (RIP = Raster Image Processor) zum Belichter geschickt werden. Adobe kuendigte dazu mit "Pre-Print-Pro" ein eigenes Produkt an.

* Michael Mittelhaus ist freier Fachjournalist in Ochtrup.