Ifo-Institut analysiert FuE-Politik der Europaeischen Union

Foerderprogramme der EU sind zu buerokratisch und ineffektiv

26.04.1996

Kuerzere Produkt- und Innovationszyklen bringen besonders die europaeischen IT-Firmen in bezug auf ihre Forschungs- und Entwicklungsaktivitaeten unter Druck. Wie das Muenchner ifo Institut fuer Wirtschaftsforschung konstatiert, ist Europa im Bereich Mikroelektronik, Computer und Bueromaschinen gegenueber Japan und den USA eklatant im Wettbewerbsnachteil. Lediglich die Telekommunikation stehe relativ gut da.

Die Foerderkonzepte der EU, die eigentlich dazu dienen sollen, den Unternehmen beim Aufholen dieses Rueckstands unter die Arme zu greifen, wirken jedoch eher kontraproduktiv. Zu diesem Schluss kamen die Ifo-Analysten bei einer im Auftrag des Europaeischen Parlaments durchgefuehrten Analyse der FuE-Politik der EU. Die FuE- Foerderpolitik muss den Bedingungen des Marktes Rechnung tragen, so die Wirtschaftsforscher. Vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) koennten sich langfristige Forschungsvorhaben in der Regel nicht leisten.

Auch die Kommission selbst hat bereits gravierende Maengel in der FuE-Foerderpolitik festgestellt und Verbesserungen vorgeschlagen, etwa hinsichtlich der Koordinierung der Aktivitaeten zwischen den Mitgliedstaaten und bei den Entscheidungsverfahren. Zudem sollten die Foerdermittel auf wenige Technologiebereiche konzentriert werden.

Der Versuch, Forschungszuschuesse zu erhalten, sei mit einem erheblichen buerokratischen Aufwand verbunden. Mit dem vierten Rahmenprogramm wurden zwar die Antragstellung veraendert und die Foerderung noch staerker anwendungsorientiert ausgerichtet, aber dennoch liegt einiges im argen. So fragt sich das Ifo-Institut, ob sich das zum Beispiel fuer die KMUs vereinfachte Antragsverfahren verwaltungstechnisch nicht als Schuss nach hinten erweise, da sich dadurch die Zahl der Interessenten erhoehe.

Wuerden statt dessen bei den Antraegen die Vorgaben enger gefasst, so dass sich nur ein begrenzter Kreis von Unternehmen angesprochen fuehle, reduzierten sich die Zahl der Bewerbungen, die derzeit hohe Ablehnungsquote (bei der zweiten Ausschreibung des Esprit- Programms waren es 80 Prozent) sowie die Gesamtkosten der Antragstellung.

Zu lange dauert aus Sicht der Wirtschaftsanalysten auch die Bearbeitung der Antraege sowie die Auszahlung der Finanzmittel. Dadurch koennten Unternehmen ihre Wettbewerbsfaehigkeit verlieren und KMUs sogar in ihrer Existenz bedroht sein. Die Projektkosten seien schneller zu erstatten, wobei sich die Zahlungen allerdings staerker am Erfolg der Forschungsarbeiten orientieren sollten, raet das Institut. Die Bearbeitungszeit koenne verkuerzt werden, indem bei der Entscheidung ueber einen Antrag nur noch das Gutachtervotum herangezogen werde.

Ein weiteres Problem sei die zu langsame Umsetzung der Forschungsergebnisse in Produkte. "Ein Grund koennte darin bestehen, dass von der Projektidee bis zur Markteinfuehrung nicht nur FuE-Aufwendungen anfallen, dies bleibt aber oft unberuecksichtigt", so die Autoren des Ifo-Reports Horst Penzkofer und Wolfgang Ochel.

Wie die Verwaltung das EU-Budget belastet, zeigt Ifo anhand des Foerderprogramms Esprit auf. Allein fuer die Antraege und die Projektabwicklung der deutschen Bewerber fielen Kosten zwischen 175 bis 205 Millionen Mark an. Dem gegenueber standen bewilligte Mittel von 370 Millionen Mark.