Flughafen DUS lagert IT komplett aus

04.08.2005
Die Flughafen Düsseldorf GmbH ist der erste deutsche Flughafenbetreiber, der ein vollständiges IT-Outsourcing wagt. Er will damit rund zwölf Prozent seiner IT-Ausgaben sparen.

Der drittgrößte deutsche Flughafen hat einen Outsourcing-Vertrag mit zehn Jahren Laufzeit und einem Volumen von 120 Millionen Euro abgeschlossen. Die Betreibergesellschaft lagert ihre IT-Aktivitäten aus und bringt sie in eine gemeinsam mit dem IT-Dienstleister Sita gegründete Gesellschaft ein. Daran halten die Flughafenbetreiber 30 Prozent. Thomas Schnalke, kaufmännischer Geschäftsführer der Flughafen Düsseldorf GmbH, rechnet gegenüber den bisherigen IT-Kosten mit Einsparungen von zwölf Prozent.

Best Practice

• Bevor Angebote von Dienstleistern eingeholt werden, sollte eine detaillierte Leistungsbeschreibung der intern erbrachten IT-Dienste aufgestellt werden.

• Das Vertragswerk muss Eskalationsmechanismen für mangelhaft oder nicht erbrachte Services ent- halten.

• Mittels Öffnungsklauseln sollten die Preise und Konditionen für IT-Anforderungen festgeschrieben sein, die über den Vertragsrahmen hinausgehen.

• Eine IT-Steuerungsmannschaft muss als Schnittstelle zum Dienstleister und den internen Kunden im Unternehmen bleiben.

• Das Controlling sollte laufend überprüfen, ob sich die angestrebten Einsparungen einstellen.

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www.computerwoche.de/go/

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Fraprot ist zurückhaltender

Flughäfen stehen derzeit vor dem Problem, ihre Leistungen zu immer günstigeren Preisen anbieten zu müssen, da die Airlines den durch die Billigkonkurrenz entstandenen Preisdruck weitergeben. Der in Düsseldorf unterzeichnete Vertrag ist bereits der zweite große IT-Outsourcing-Deal innerhalb kurzer Zeit: Deutschlands größte Betreibergesellschaft Fraport AG hat im vergangenen März beschlossen, ein Joint Venture mit der IT-Tochter des Volkswagenkonzerns Gedas, die Gedas Operational Services GmbH, zu gründen. Dieses Gemeinschaftsunternehmen verantwortet für den Flughafen Frankfurt am Main den Betrieb des Rechenzentrums, die Netzinfrastruktur und den Benutzerservice. Laut Fraport-CIO Roland Krieg verbleibt jedoch eine Reihe wichtiger Aufgaben bei der internen IT-Abteilung. Dazu zählen die Anwendungsentwicklung und Systemplanung sowie die Airport Operational Database und die Fluginformationssysteme.

Die Flughafen Düsseldorf GmbH geht mit ihrem Konzept weit über den Ansatz der Frankfurter hinaus. Geschäftsführer Schnalke bestätigt, dass auch Funktionen in die neue Gesellschaft augelagert werden, die andernorts als Kernkompetenz angesehen werden. Dazu zählen beispielsweise die Anwendungsentwicklung, Fluginformationssysteme und die Steuerung der Gepäckförderanlagen. Lediglich kritische Sicherheitssysteme wie die Steuerung der Start- und Landebahnbefeuerung verbleiben bei der internen IT-Abteilung. "Diesen vitalen Bereich können wir nicht aus der Hand geben, er ist im Verhältnis zum ausgelagerten Teil jedoch verschwindend klein", so Schnalke.

Der Geschäftsführer räumt ein, dass erhebliche Widerstände innerhalb und außerhalb des Unternehmens zu überwinden waren. Schließlich stehe der gesamte Flughafen still, wenn beispielsweise die Gepäckförderanlagen nicht mehr funktionierten. Deshalb gab es beispielsweise großen Abstimmungsbedarf mit den Flugaufsichtsbehörden. "Uns wurden allerdings keine Steine in den Weg gelegt", erinnert sich Schnalke. Vielmehr hätten sich die Behörden sehr innovationsfreudig gezeigt und konstruktiv mitdiskutiert. Insbesondere die Möglichkeit, auf sicherheitsrelevante Themen Einfluss zu nehmen, hat den Flughafenbetreiber veranlasst, einen 30-Prozent-Anteil an der neuen Gesellschaft zu behalten.

"Es gehört schon etwas Mut dazu, aber wenn man die wesentlichen Erfolgsfaktoren beachtet, lassen sich die Risiken stark verringern", ist sich Schnalke sicher. Als wichtigsten dieser Faktoren nennt er eine lückenlose Leistungsbeschreibung. Dazu holte sich die Betreibergesellschaft Berater von Droege & Comp. ins Haus. Im umfangreichen Vertragswerk wurden die bislang von der internen IT-Abteilung erbrachten Leistungen und Service-Level-Agreements detailliert festgeschrieben. Darüber hinaus umfasst die Vereinbarung Eskalationsmechanismen für den Fall, dass die vereinbarten Leistungen nicht vertragsgerecht erbracht werden.

Kalkuliertes Preisrisiko

Dem Zuschlag für Sita ging eine EU-weite Ausschreibung voraus. Während sich in einem Interessenbekundungsverfahren zahlreiche Outsourcing-Anbieter ins Spiel brachten, wurden anschließend lediglich zwei Angebote parallel verhandelt. Für Sita habe neben dem Preis auch die Ausrichtung des Dienstleisters auf die Airline-Branche gesprochen, erläutert Schnalke. Zudem habe der Anbieter am Flughafen Toronto bereits ein vergleichbares Outsourcing-Projekt gestemmt.

Von der Zusammenarbeit erwartet Schnalke nicht nur geringere IT-Kosten: "Wir sind überzeugt, dass wir durch die Zusammenarbeit mit diesem Partner auch technisch immer auf dem neuesten Stand sein werden." Dies könne ein großer Serviceanbieter besser leisten als ein einzelner Flughafenbetreiber. Um dabei nicht in unkalkulierbare Preisrisiken zu laufen, wurden im Outsourcing-Vertrag auch Stundensätze und Kalkulationsverfahren für neue Projekte festgelegt.

Steuerungsmannschaft bleibt

Für das Controlling der im Vertrag festgeschriebenen Leistungen bleibt eine fünfköpfige IT-Mannschaft im Unternehmen. Sie agiert nicht nur als Schnittstelle zwischen der Flughafen Düsseldorf GmbH und dem Dienstleister, sondern auch als Ansprechpartner für die operativen Einheiten des Flughafens. Alle weiteren 63 IT-Mitarbeiter wurden in einem ersten Schritt in ein 100-prozentiges Tochterunternehmen ausgelagert. Nachdem die Europäische Kartellbehörde vergangene Woche ihre Zustimmung zu dem Outsourcing-Vertag gegeben hatte, übertrug dieses Unternehmen 70 Prozent seiner Anteile an das Joint Venture mit Sita. Laut Schnalke haben alle Mitarbeiter den Wechsel mitgemacht. Sie seien schon im Frühstadium der Planung umfangreich informiert und bei der Vorbereitung intensiv eingebunden worden. Zudem sei ihre Position im neuen Unternehmen dauerhaft vertraglich abgesichert.

Für die Münchner kein Thema

Im Gegensatz zu den Düsseldorfer und Frankfurter Flughäfen sieht die Nummer zwei der deutschen Flughafenbetreiber, die Flughafen München GmbH, in puncto Outsourcing keinen Handlungsbedarf. Michael Zaddach, Leiter des Servicebereichs IT, schließt die Auslagerung größerer Bereiche aus: "Outsourcing ist für uns momentan kein Thema." Gezieltes Outtasking, also die Auslagerung von kleinen Aktivitäten, die sich sowohl unter wirtschaftlichen als auch qualitativen Aspekten gut von Externen beziehen ließen, werde jedoch bereits praktiziert. Als Beispiele nennt Zaddach Desktop-Services und Verkabelungsarbeiten. Die Outsourcing-Option sei zwar vor längerer Zeit erwogen worden, man habe sich dann jedoch für einen anderen Weg entschieden: "Wir sind gerade dabei, ein großes IT-Restrukturierungsprogramm abzuschließen, in dessen Rahmen wir die IT-Abteilung als Servicebereich positioniert und unsere interne Kunden-Lieferanten-Beziehung professionalisiert haben." Außerdem verfüge der Münchner Flughafen im Gegensatz zu anderen Airports mit gewachsenen und sehr heterogenen Systemen über eine relativ moderne IT-Infrastruktur. Auch die vom Fraport-Gedas-Joint-Venture angestrebte Positionierung am Drittmarkt spielt für Zaddach keine Rolle: "Wir erbringen bereits 20 bis 25 Prozent unserer IT-Leistungen für am Flughafen niedergelassene Unternehmen."