Ratgeber - Troubleshooting im Netz (Teil 2)

Flüssiges Videoconferencing im IP-Netz

28.02.2011
Von Benjamin Kolbe

Die Netzanalyse

Plastische, real wirkende Konferenzeindrücke entstehen nur, wenn alle Netzparameter stimmen.
Plastische, real wirkende Konferenzeindrücke entstehen nur, wenn alle Netzparameter stimmen.
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Diese Parameter lassen sich im Echtzeitbetrieb (Videoanalyse) und beim Vortest (Predeployment) überprüfen. Hierzu benötigt man einen Analysator, der auf das Simulieren und die Analyse von Echtzeitapplikationen spezialisiert ist. Die Analyse hat jedoch ihre Tücken, denn nicht immer kommt man in modernen Netzen an die notwendigen Daten heran. In geswitchten Netzen werden die Videodaten nicht an alle Switch-Ports, sondern nur an den jeweils nächsten Ziel-Port im Datenpfad weitergeleitet. Um die Daten dennoch abgreifen zu können, verfügen die Switches in der Regel über einen so genannten Mirror-Port. Dieser Port spiegelt einen oder mehrere Ports auf einen ausgewählten Ausgangs-Port, an dem dann der Netzwerkanalysator angeschlossen wird. Da dieses Messverfahren manche Daten, besonders Fehler auf Schicht 2, nicht weiterleitet, ist diese Messung immer mit einer Ungewissheit behaftet.

Bessere und genauere Messergebnisse werden durch das Abgreifen der Videostreams über Test Access Points (TAPs) erzielt. Wie ein Splitter wird dieser zwischen dem Switch-Port und dem Endgerät (quasi inline) platziert. Der TAP greift alle Daten inklusive aller Fehler ab und leitet sie an den angeschlossenen Analysator weiter. Durch gezielte Messungen lassen sich die im Datenpfad auftretenden Fehler analysieren und mit Hilfe einer Mess-Software die Ursachen ermitteln. So können beispielsweise mit einem auf Videoconferencing beziehungsweise die Videotelefonie spezialisierten Analysator die applikationsspezifischen Qualitätsparameter und Timing-Werte ermittelt und analysiert werden. Auf Basis dieser Parameter ist eine direkte Aussage zur Übertragungsqualität des Videos möglich. Als Grundlage für dieses Messverfahren dienen die von Ericsson entwickelten Testverfahren Video Streaming Quality Index (VSQI) und Video Telephone Quality Index (VTQI).

Die vom Netzanalysator zur Verfügung gestellten Parameter werden anschließend in den jeweiligen Berechnungsmodellen verarbeitet und liefern eine Art Video-MOS-Wert (MOS = Mean Opinion Score), mit dem sich die Güte einer Videoverbindung beurteilen lässt. Der MOS-Wert ähnelt den Schulnoten zwischen eins und fünf. Dabei steht der Wert eins für eine mangelhafte Sprachqualität, in der keine Verständigung möglich ist, während der Wert fünf eine exzellente Übertragungsqualität signalisiert, die nicht hinter dem Original zurückbleibt.

Trotz optimaler Konfiguration aller Komponenten lassen sich qualifizierte Aussagen zur Videoübermittlungsqualität vor dem Rollout nur durch Tests treffen. Dies geschieht mit synthetischen IP-Videoströmen zwischen den verschiedenen Messpunkten. Dabei muss sowohl die Anzahl der gleichzeitigen Videoströme variiert als auch zu unterschiedlichen Tages- und Wochenzeiten gemessen werden. Um in konvergenten Netzen die Videoqualität richtig zu messen, ist es notwendig, alle Netzsegmente in der Messung zu erfassen. Nur so ist eine durchgängige Qualitätsaussage von Ende zu Ende möglich. Bei der Simulation werden Videokonferenzen nachgebildet und bidirektional auf dem realen Netz abgebildet. Auf diese Weise kann das Netz schon vor dem Videoeinsatz auf die tatsächliche Übertragungsqualität getestet werden. Somit werden Design- oder Konfigurationsfehler frühzeitig entdeckt und können bereits in der Testphase beseitigt werden.

Hierzu gibt es auf dem Markt mittlerweile Testsuiten, die speziell für das richtige Messen innerhalb von Videosystemen entwickelt wurden und über Zusatzfunktionen wie Verbindungslisten und Erfassung von Qualitätsmerkmalen verfügen. Mit Hilfe einer Simulation lassen sich detaillierte Aussagen über die zu erwartende Qualität der Videoübertragung treffen. So wird beispielsweise ein definiertes Referenzsignal über das Netz zum betreffenden Kommunikationspartner übertragen und dort aufgezeichnet. Anschließend wird das aufgezeichnete Signal mit dem Referenzsignal verglichen - anhand dieser Daten bestimmt die Software die spezifische Qualität der Ende-zu-Ende-Übertragungsstrecke.