Ratgeber - Troubleshooting im Netz (Teil 2)

Flüssiges Videoconferencing im IP-Netz

28.02.2011
Von Benjamin Kolbe

Die Übertragungseigenschaften müssen stimmen

Ein grundlegendes Problem ist, dass aus den räumlich getrennten Standorten der Teilnehmer unterschiedliche Wahrnehmungsbedingungen resultieren. Dabei werden die gesammelten isochronen Bild- und Toninformationen über das Netz übermittelt. Zwischen den Teilnehmern entsteht immer eine Punkt-zu-Punkt- beziehungsweise Punkt-zu-Mehrpunkt-Kommunikationsbeziehung. Aus diesem Grund scheidet das bei der klassischen Videoübermittlung von Filmen zur Bandbreiteneinsparung genutzte Multicasting aus. Die bidirektionalen Videoinformationen werden von der IP-Plattform in RTP-Pakete (Real Time Protocol) verpackt und auf die Reise geschickt. Das für die Kommunikation von Echtzeitanwendungen konzipierte RTP setzt dabei auf UDP (User Datagram Protocol) auf. UDP ist ein verbindungsloser Datenübertragungsdienst, der keinerlei Kontroll- und Steuermechanismen für das Verbindungs-Management bereitstellt. Für die fehlenden Mechanismen sorgt das RTP, indem es folgende Merkmale zur Verfügung stellt:

  • Sequenznummern werden für die Reihenfolgerichtigkeit der Pakete benötigt. Der Sender nummeriert die zu übermittelnden Pakete fortlaufend. Kommen die Pakete in anderer Reihenfolge beim Empfänger an, sortiert der sie anhand der Sequenznummern wieder korrekt in den Video-Stream ein. Außerdem dienen die fortlaufenden Nummern der Identifizierung verloren gegangener Pakete.

  • Timestamp: Die Zeitstempel repräsentieren den zeitlichen Verlauf der RTP-Pakete. Anhand des Timestamps und der Ankunftszeit ist der Empfänger in der Lage, den Jitter zu berechnen.

  • Payloadtype: Liefert die notwendigen Informationen zu den im RTP-Paket enthaltenen Daten. Hier wird in der Regel der genutzte Codec angegeben, wodurch der Empfänger in der Lage ist, die empfangenen Daten ordnungsgemäß über den korrekten Decoder wiederzugeben.

  • Source Synchronization Source (SSRC): Dieser Wert wird beim Start einer RTP-Session zufällig festgelegt und dient der Korrelation der übermittelten Pakete zu dem Video-Stream.

Im Datenteil des RTP-Pakets befinden sich die eigentlichen Rohdaten. Diese Informationen hat der Sender nach dem jeweiligen Codec codiert. Ein Codec ist ein Algorithmus, der dafür sorgt, dass die zu übertragenden Bild- und Tondaten in digitale Informationen gewandelt werden. Der Codec ist ausschlaggebend für die Qualität der Übertragung. Bestimmte Codecs versenden die Ton- und Bilddaten direkt und verzichten auf eine Kompression. Andere nutzen unterschiedliche Komprimierungsverfahren, um die zu übermittelnde Datenmenge so gering wie möglich zu halten. Das verschlechtert allerdings die Bild- und Signalqualität. In der Praxis werden folgende Codecs häufig verwendet:

  • H.261,

  • H.263,

  • H.264/MPEG-4 VC.

H.264 wird im HD-Bereich angewendet. Neben den Codecs beeinflussen noch andere Faktoren die Übertragungsqualität:

Die Rolle des Switches im Netz und das Problem der Perfomance-Messung am Switch.
Die Rolle des Switches im Netz und das Problem der Perfomance-Messung am Switch.
Foto: Nextragen

Bildwiederholfrequenz: Gibt die Zahl der angezeigten Bilder (pro Sekunde) an. Je höher die Bildfolge pro Zeiteinheit ist, desto mehr Daten müssen über das Netz transportiert werden. Die Folge ist ein erhöhter Bandbreitenbedarf. Bei der Videoübermittlung über IP-Netze werden heute alle erdenklichen Bildwiederholfrequenzen unterstützt. Zwar benötigt eine niedrigere Rate weniger Bandbreite, doch das Bild wird dann schnell als ruckelig empfunden. Eine flüssige Bildfolge erreicht man im Normalfall bei 25 Bildern pro Sekunde.

Quantisierung: Bei der Quantisierung wird die Codiergenauigkeit der Daten dem Wahrnehmungsvermögen des Menschen angepasst. Normalerweise fällt dem Betrachter eine verringerte Darstellungsgenauigkeit gar nicht auf. Bei genauerem Hinsehen ist jedoch ein Weichzeichnungseffekt zu erkennen, der scharfe Kanten verschwimmen lässt. Zusätzlich können Artefakte entstehen, wenn die Quantisierung zu grob eingestellt ist.

Bildauflösung: Definiert die Größe des Bildes. Je höher die Auflösung, desto mehr Details sind im Bild erkennbar. Gleichzeitig steigt der notwendige Bandbreitenbedarf bei der Übermittlung. Die bei der Videoübertragung via IP-Netze unterstützten Auflösungen sind in der ITU-Spezifikation H.261 definiert.