Flucht in Zahlengebäude und Regelwerke

28.02.2002
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Wo man hinschaut, nur Demotivation und Zahlenhuberei. Manager vergessen zu führen und verschanzen sich hinter Leitlinien und Regelwerken. Damit lassen sich die Probleme der Zukunft nicht bewältigen, ist Management-Guru Reinhard Sprenger überzeugt.

Auch wenn seine Kritik am Management nicht neu ist, so wirkt es doch immer wieder erfrischend, sich seine Thesen anzuhören und Deutschlands bekannten Management-Guru Reinhard Sprenger live zu erleben. „Vieles kennt man“, sagte jetzt eine Teilnehmerin auf einem IIR-Seminar in München, aber es sei dennoch wichtig, sich ab und zu den Spiegel vorhalten zu lassen und sein Tun als Manager in Frage zu stellen. Und dazu gab es reichlich Gelegenheit.

In der Analyse der aktuellen Situation kommt Sprenger zum Schluss, dass die Manager nur noch über Zahlen sprechen: „Egal in welcher Sitzung ich dabei bin, überall werden nur Zahlen heruntergebetet“, Kunden und neue Produkte gerieten dabei in Vergessenheit. Führungskräfte würden Regelwerke und Leitlinien aufstellen, weil sie glaubten, damit die vielgefürchtete Komplexität unter Kontrolle zu bekommen.

Besonders gefährlich seien die in den meisten Unternehmen vorhandenen Führungsrichtlinien, auf die so mancher Chef besonders stolz sei. Sie würden eine Eindeutigkeit vorgaukeln, die nie der Realität entspräche. Es sei bloß ein „Selbstberuhigungsprogramm“ der Chefetage. Zum Problem könnten diese Richtlinien dann werden, wenn Mitarbeiter im Unternehmen sie auch tatsächlich ernst nähmen. Mitarbeiterbeurteilungs-Systeme sieht Sprenger kritisch und hält wenig von der „Maschinisierung der menschlichen Beziehungen“. Er bezweifelt, ob sich Mitarbeiter in Systeme pressen lassen, dass Instrumente und „Werkzeugkästen“, wie einige Manager manchmal sagen, helfen können, um Menschen zu verändern.

Es geht nicht um Sachprobleme

Im Grunde gehe es nur um die eine entscheidene Frage: „Wie sehe ich mein Gegenüber?“ Traue ich ihm zu, dass er sich selbst motivieren und entwickeln kann, oder benötigt er ständig Hilfe von außen? Der Autor des Buches „Mythos Motivation“ setzt vor allem auf den selbstbestimmten Mitarbeiter, der gefordert werden will. Aufgabe des Chefs bleibt es, ihm Freiräume zu schaffen, damit er seinen Job gut erledigen kann und nicht zu einer Über-, aber auch nicht zu einer Unterforderung kommt.