Sun Microsystems: Jobrotation gehört dazu

Flexible Sunnyboys mit Rollcontainer

03.11.2000
Von VON Ingrid
In der Sonnenallee warten noch viele nagelneue Schreibtische auf motivierte und aufgeschlossene Mitarbeiter. Sun Microsystems sucht noch 400 neue Kollegen in diesem Jahr.

Seit Mitte August schieben die ersten Mitarbeiter morgens ihren Rollcontainer durch die neuen Gänge in der Sonnenallee Nr. 1. Mit der gleichnamigen Straße in Berlin und ihrem ein wenig verblassten Ost-Charme hat das neue Gebäude außer dem Namen nichts gemeinsam. "Spontan, flexibel, teamorientiert und offen für Neues" sollte der ideale Sun-Mitarbeiter sein. Für ausgeprägtes Territorialverhalten und Plüschtiere auf dem Schreibtisch bleibt wenig Spielraum, denn alles Wichtige für die tägliche Arbeit sollte in den Rollcontainer passen.

Telefon und Workstation ergänzen die notwendigen Arbeitsmittel. Mit einer persönlichen Chipkarte buchen die Mitarbeiter einen Arbeitsplatz in offenen Büros mit mehreren Kollegen oder in Einzelzimmern. Da gerade Vertriebs- und Support-Mitarbeiter viel Zeit beim Kunden verbringen, hat man sich bei Sun gegen feste Arbeitsplätze entschieden. Die kleine Chipkarte erleichtert das Leben ungemein: Morgens hilft sie, einen Arbeitsplatz zu buchen, und mit dem eigenen Passwort erscheinen an jedem beliebigen Arbeitsplatz die zuletzt gelesenen E-Mails auf dem Bildschirm. Flexibilität und mobile Büroarbeitsplätze gehören in der Sonnenallee zusammen.

Insgesamt beschäftigt Sun Microsystems deutschlandweit 1600 Mitarbeiter, etwa 650 davon in München. Im laufenden Geschäftsjahr sollen mindestens 400 weitere dazu kommen. Die Entwicklungsabteilungen in den USA ergänzen weitere an Standorten in Grenoble, Israel und Indien. In Deutschland entwickelt nur die Star-Office GmbH in Hamburg. An den anderen Standorten in München, Stuttgart, Frankfurt, Düsseldorf und Berlin arbeiten in erster Linie Service-, Support-, Vertriebs-, Marketing- und Finanzexperten.

Nach einer Umfrage unter Informatikstudenten gehört Sun zu den drei beliebtesten Arbeitgebern, worauf Personaldirektor Jochen Tritschler besonders stolz ist: "Wieso sollte jemand zweiter Klasse fahren, wenn er auch in der ersten Klasse sitzen kann?" Die große Beliebtheit hilft ihm beim Recruiting, aber trotzdem ist die Liste der offenen Stellen auf der Homepage lang. Bei einem jährlichen Wachstum von 30 Prozent hat er alle Hände voll zu tun, um genügend Nachwuchskräfte zu finden.

Persönlicher Coach

Die Einstiegsmöglichkeiten für Hochschulabsolventen sind vielfältig: Neben dem Direkteinstieg bietet das Unternehmen ein interessantes Trainee-Programm an. "Bei uns gibt es keine Weiterbildung von der Stange. Sie ist auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten", so Knut Müller. Der Director Sales Support ist für die Konzeption des sechsmonatigen Trainee-Programms verantwortlich. Ein persönlicher Coach unterstützt die Trainees, und in jeder Abteilung nimmt ein verantwortlicher Manager an den Trainingskursen teil, um sich ein Bild von den Fortschritten seiner Mitarbeiter zu machen.

Der Wirtschaftsgeograf Marcus Blank schätzt neben der fachlichen Ausbildung vor allem das persönliche Netzwerk, das er knüpfen konnte. "Ich weiß genau, wen ich bei einer bestimmten Frage anrufen kann; das erspart viel Zeit." Angenehm waren für den 31-Jährigen auch die zwei Wochen in Kalifornien, die ebenfalls zum Standardprogramm gehören. Auf diesen Fun-Faktor müssen auch die Direkteinsteiger nicht verzichten.

Aber neben "Fun at Sun" erwartet das Unternehmen von seinen Mitarbeitern viel Engagement, Eigeninitiative und Biss. "Hier habe ich die Möglichkeit, Dinge zu verändern und selbst zu gestalten", schwärmt Peter Fischer. Der Regionalleiter für den Support in Süddeutschland und Österreich kam vor fünf Jahren zu Sun und ist heute für 50 Mitarbeiter verantwortlich. Für den Elektrotechniker Fischer ist es sein Traumjob. Nach neun Jahren bei einem anderen Arbeitgeber weiß er die Unterschiede besonders zu schätzen. "Wenn es meine Zeit zulässt, bin ich bei den Installationen immer noch dabei, denn so weiß ich, welche Wünsche der Kunde hat und wo es Probleme geben könnte." Allerdings ist es für ihn mehr als nur ein Job. "Hier wird viel verlangt, man muss 150 Prozent Leistung bringen, aber das wird auch honoriert".

Zeit zum Rosten bleibt nicht: Neben einem flexiblen Arbeitsplatz mit Rollcontainer und Chipkarte fördert Sun die Jobrotation seiner Mitarbeiter. "Internationales Arbeiten ist uns sehr wichtig; allerdings muss die Initiative vom Mitarbeiter ausgehen. Wir fördern ihn dann", so der Personalchef. Die Möglichkeiten für einen Austausch sind bei Niederlassungen in 170 Ländern gut. Die Zentrale im Silicon Valley bietet sich für einen Arbeitsplatzwechsel auf Zeit besonders an. Welche Voraussetzungen sollten die Bewerber für einen Arbeitsplatz bei Sun mitbringen? "Für den IT-Bereich ist ein naturwissenschaftliches oder Informatik-Studium optimal. Unix-Kenntnisse sind ebenfalls notwendig. Allerdings erwarten wir nicht perfekte Java-Programmierkenntnisse", so Tritschler.

Bis die neuen Mitarbeiter fit sind, vergehen mit oder ohne TraineeProgramm einige Monate. "Ich arbeite jetzt seit fünf Monaten hier und habe die ersten Monate hauptsächlich mit Schulungen verbracht", so der Informatiker Andreas Holz. Nach dem Studium arbeitete der 34-Jährige fünf Jahre als Produkt-Manager in einem Systemhaus. Wieso gerade ein Job bei Sun? "Ich wollte zu einem Hersteller wechseln, und es sollte schon der Marktführer sein", erklärt Holz, der in der regionalen Vertriebsunterstützung arbeitet.

Für Stefan Schönfelder waren die Größe und Bedeutung von Sun ebenfalls ein wichtiges Kriterium. Der promovierte Physiker arbeitete zuvor zwei Jahre bei einem mittelständischen Unternehmen, bevor er sich zu einem Wechsel entschloss. "Als Neueinsteiger wurde ich vom ersten Tag an ins Team aufgenommen", so der 33-Jährige. Als Mitarbeiter des Support-Service arbeitet er beim Kunden und ist viel unterwegs. "Die Kundenzufriedenheit steht bei meiner Arbeit an erster Stelle." Für die 33 000 Kilometer, die er durchschnittlich pro Jahr unterwegs ist, steht ihm der Firmenwagen zum Ausgleich auch privat zur Verfügung.

Der erste Arbeitstag prägt viele Mitarbeiter oft genauso wie der erste Eindruck beim Vorstellungsgespräch. Holz war von seinem ersten Tag bei Sun sehr beeindruckt: "Alles war gut vorbereitet und sehr strukturiert. Ich hatte einen festen Ansprechpartner als Paten. Beim ersten Gespräch mit meinem Chef wurde der Ausbildungsplan für die nächsten Monate besprochen. Und es gab einen Blumenstrauß", ergänzt er. Der Pate ist besonders für die Direkteinsteiger ständiger Ansprechpartner in den ersten Monaten, denn die Neuen haben einen großen Nachholbedarf an Informationen.

Ständige Weiterbildung ist bei Sun eine Selbstverständlichkeit. Deshalb finden die Schulungen auch während der Arbeitszeit statt. Neben der fachlichen Kompetenz legt das Unternehmen viel Wert auf die Soft Skills. Deshalb gehören Rhetorik- und Präsentationskurse zum Standardprogramm für neue Mitarbeiter.

Die Begeisterung für ihren Arbeitgeber erzählen die Mitarbeiter gern ihren Freunden weiter. Inzwischen rekrutiert das Unternehmen gut ein Drittel (38 Prozent) seiner neuen Mitarbeiter über Kontakte der Beschäftigten. Neben einer Prämie von 5000 Mark wird jährlich unter allen erfolgreichen Mitarbeitern eine Reise verlost.

*Ingrid Weidner ist freie Journalistin in München.