Flexible Sprinter laufen mit dem Wachstum um die Wette

03.01.1986

Als "den" Wachstumsrenner machten die Institute für Wirtschaftsforschung auch 1985 wieder die Datentechnik aus. Beim Wettlauf um die Spitzenpositionen im Führungsfeld einer Industriegruppe ist Gerangel üblich, auch, daß da und dort jemand aus der Bahn gerät. Massenstürze indes waren nicht zu beobachten. "Persönliche Gründe" so manchen Managers trugen dazu bei, den neuen Start in einer anderen Staffel zu suchen, manchmal sogar um einem Platz verbessert, falls seine Sprinttechnik flexibel genug war. "Den Hut nehmen müssen", "das Handtuch werfen" oder "das Feld räumen" blieben zumindest in diesem Jahr selten gebrauchte Vokabeln im ansonsten optimistischen Sprachgebrauch der Computerbosse. Die COMPUTERWOCHE präsentiert "quer Feld" eine kleine Auslese der diesjährigen Veränderungen im Management - zum hoffentlich erfreulichen Rückblick auf die eigenen Erlebnisse beruflicher Art. lo

Überraschend wechselte Alwin Stumpf die Fronten im Mikrocomputer-Business:

Ab März stand der Ex-Commodore-Chef an erster Stelle bei der deutschen Atari in Raunheim. In den elf Jahren seines Branchenengagements waren zunächst IBM und später Olympia Stationen auf seinem beruflichen Weg. Atari-Eigner Jack Tramiel war's zufrieden: "Ich bin außerordentlich erfreut, daß Alwin Stumpf sich entschlossen hat, zu Atari zu kommen." Die Branche allerdings vermutete, daß dem Topmanager der Weg nach Raunheim tatkräftig geebnet wurde.

Sang- und klanglos schied Bernhard Sauer als geschäftsführender Gesellschafter bei der Leasinggesellschaft International Computer Consulting (ICC) aus. Der Ex-IBM-Mitarbeiter war etwa ein Jahr bei dem Hamburger Unternehmen tätig, nachdem er zuvor eineinhalb Jahre als Geschäftsführer bei der deutschen Amdahl GmbH in München in der Pflicht stand. ICC-Boß Schröder kommentierte den Weggang des "Quasi-Stellvertreters mit der Aufgabe Vertriebs-Koordination europaweit" mit den Worten: "Mein ehemaliger Partner bleibt im Beirat unseres Hauses".

Nach 17jähriger Zugehörigkeit zum Topmanagement der Scientific Control Systems GmbH SCS in Hamburg äußerte Eberhard Elsässer (links) den Wunsch, seine Tätigkeit zu beenden. Die Gründe seien persönlicher Natur, teilte der 52jährige Manager mit, der "eine dritte Etappe seines beruflichen Lebens einleiten" will. Seinen Abgang begleiten Spekulationen über einen Verkauf dieser Tochter der Deutschen BP (British Petroleum) Aktiengesellschaft Nachfolger wird in der ersten Hälfte von 1986 Joachim Schweim (rechts) werden, derzeitiger stellvertretender Vorsitzender der SCS.

Die Expansion der Control Data GmbH-Abteilung für Aus- und Weiterbildung setzte sich 1985 fort, nachdem bereits ein Jahr zuvor weitere Institute, angegliedert wurden. Zunächst galt es für die neue Schulleitung, besonders konzeptionelle "Anlaufschwierigkeiten auf einem heißen Markt" zu bewältigen. An die Spitze der selbständigen, in die Control Data Institut GmbH umgewandelten Bildungseinrichtung trat Wolfgang Pflanz als leitender Geschäftsführer, zusammen mit Finanzchef Fritz-Wilhelm Krüger und dem leitenden Geschäftsführer der Control Data GmbH, Dieter Porzel.

Zu Beginn des Jahres tauschte die Burroughs Deutschland GmbH in Eschborn in der obersten Etage die Köpfe aus: Geschäftsführer Winfried Hoffmann legte die Kündigung auf den Tisch. Er wollte den ersten Platz nicht mit Hans J. Schüttlöffel teilen, der bis dahin als Vice-President in England aktiv war. Offenbar reichten die Akzente, die Hoffmann in den zweieinhalb Jahren seiner Unternehmensleitung setzte, nicht aus. Dazu gehörte unter anderem ein Auftrag der US-Air-Force über einen Posten Mikrocomputer des Typs B 25 im Wert von über 156 Millionen Mark. Hoffmanns neues Domizil ist die Commodore Büromaschinen GmbH in Frankfurt, seine Aufgabe Geschäftsleiter Marketing und Vertrieb.

Zum Geschäftsführer der Compaq GmbH in München avancierte Udo Mäder, der ehemalige Vertriebsleiter der Apple Computer GmbH in München. Für ihn bestand, so die Einschätzung von Marktanalysten, kaum Aussicht, an die Unternehmensspitze des DV-Produzenten mit dem Kernobst als Signet zu gelangen: Dort hält seit Juni 1984 Ralph Deja das grüne Heft in Händen.

Nur sieben Monate währte das Gastspiel von Wolfgang Pierskalla, Vorsitzender der Geschäftsführung der deutschen ADR in Neuss. Laut ADR habe der Manager seinen Abschied aus persönlichen Gründen eingereicht. Er soll den Zusammenschluß zwischen dem Softwarehaus und der Telefongesellschaft Ameritech "nicht sehr begrüßt haben. Der frühere IBM-Mitarbeiter stand vor dem ADR-Engagement acht Jahre bei der Memorex-Tochter Burroughs auf der Gehaltsliste, zuletzt als Executive Director für internationales Finanzwesen.

Stephen Wozniak war im Januar 1985 der erste der beiden Gründer, der die Apple

Computer Inc. verließ. Der "geniale Individualist" schied aus dem Unternehmen in tiefer Enttäuschung über ein starres Reglement einer Unternehmensbürokratie, die seiner Auffassung nach bei technischen Entwicklungen in die falsche Richtung denke.

Ein halbes Jahr später sagte sich auch Steve P. Jobs, bis dahin als Chairman für Macs und Lisas verantwortlich, von seinen kalifornischen Kindern los. "The Woz" und der größte Apple-Einzelaktionär sehen ihre Zukunft in eigenen kleinen Unternehmen liegen.

Der Nestor der modernen Technologie im Bereich Kommunikation wurde 100 Jahre alt. Am 9. August feierte Dr. Ing. E. h. Hermann von Siemens diesen Ehrentag. Der Enkel des Firmengründers Werner von Siemens trat 1918 bei der Siemens & Halske AG ein, wurde 1928 in den Vorstand der Aktiengesellschaft berufen und übernahm die Leitung des Zentrallabors für Fernmeldetechnik. Seit 1981 ist Hermann von Siemens Ehrenmitglied sowie Mitglied des Aufsichtsrates der Siemens AG. Dem Jubilar wurde die Würde eines Ehrendoktors wie auch Ehrensenators der Technischen Universität München verliehen.

Nach dem "einvernehmlichen Ausscheiden" aus der Geschäftsführung der Storage-Tek GmbH in Frankfurt gründete Hartmut Bödefeld ein eigenes Unternehmen für den Vertrieb von EDV-Peripherie. Die Situation im Unternehmen hatte sich merklich zugespitzt: Storage-Tek reagierte auch in der Bundesrepublik mit Kündigungen auf das Chapter-eleven-Verfahren, in das die US-Corp. geraten war.

Ohne Chef stand im Mai die MAI Deutschland GmbH in Frankfurt da, als Gerd Mensing seinen Hut nahm. Der Manager konnte nicht hoffen, von der Umstrukturierung der Management Assistance Inc. in New York unberührt zu bleiben, die der Verkauf an die Unternehmensgruppe Bennet Le Bow mit sich brachte. Die Gesamtverwaltung übernahm kurz darauf Jürgen Gerhards. Er gehörte dem Unternehmen seit elf Jahren an und war bis dahin als Direktor Vertrieb tätig. Zur gleichen Zeit schied auch Harald Kremser aus. Er zeichnet ab November als Geschäftsführer Planung und Controlling der Software Partner GmbH in Darmstadt verantwortlich .