Der Sütex-Textilverbund rang sich trotz organisatorischer Bedenken zur Gleitzeit durch:

Flexible Arbeitszeit trotz Sonderregelungen

18.02.1983

Obgleich 30 Prozent seiner Mitarbeiter Teilzeitkräfte sind, wollte der Sütex-Textilverbund die Vorzüge der gleitenden Arbeitszeit nutzen. Die Bedenken galten dabei hauptsächlich der Frage, ob ein Zeiterfassungssystem überhaupt die benötigte Flexibilität aufweisen könne. Inzwischen "gleiten" die Sütex-Mitarbeiter. Über den Einsatz ihres Zeiterfassungssystems Datamod 8020 bei dem Textilverbund berichtet die Hengstler KG, Aldingen.

Am Anfang hatte Sütex grundsätzliche Bedenken, ob die flexible Arbeitszeit in einem Handelshaus, das eine gewisse Präsenz der Mitarbeiter in den Öffnungszeiten bieten muß, überhaupt möglich ist. Dazu kamen sehr viele Ausnahmeregelungen, wie es bei Teilzeitkräften üblich ist. Aus diesem Grunde erarbeitete die Organisationsabteilung eine Studie. Resultat: Der größte Teil der Belegschaft (außer Pförtner, Telefonistinnen und dem EDV-Bereich) kann in die flexible Arbeitszeit einbezogen werden.

Als Vorteile für die Mitarbeiter ergab die Untersuchung:

- Das Entscheidungsrecht über Arbeitsanfang und Ende bringt mehr Selbständigkeit und Mitbestimmung an den Arbeitsplatz.

- Die flexiblen Arbeitszeiten ermöglichen eine optimale Abstimmung zwischen persönlichen und betrieblichen Gegebenheiten.

- Die Mitarbeiter können sich auf dem Weg zur und von ihrer Arbeitsstätte weniger stark frequentierte Zeiten aussuchen.

- Der Pünktlichkeitskodex entfällt, wodurch eine Verbesserung des Betriebsklimas erreicht wird.

- Der Freizeitwert erhöht sich qualitativ. Der :Mitarbeiter kann, sofern er Gleitzeit-Guthaben hat, entsprechende Zeiten freinehmen.

Natürlich fanden die Organisatoren auch Vorteile für das Unternehmen:

- eine Kompensierung von Arbeitsspitzen ist möglich.

- Durch die Selbstbestimmung der Arbeitszeit übernimmt der Mitarbeiter größere Verantwortung für die Funktion seines Arbeitsplatzes.

- Bezahlte Fehlzeiten verringern sich es entsteht eine höhere Arbeitsproduktivität, die Überstunden werden reduziert.

Von vornherein war klar, daß man die Einführung der flexiblen Arbeitszeit bei einer Größenordnung von 450 Beschäftigten nicht mit Stempelkarten und einer Personalbesetzung von drei Mitarbeitern in der Personalverwaltung durchführen kann, sondern ein modernes Zeiterfassungssystem benötigt.

Bei der Einführung der flexiblen Arbeitszeit ging die Sütex stufenweise vor. Zunächst lief ein Test mit einigen ausgewählten Abteilungen (40 Mitarbeiter). Aufgrund der Ergebnisse stellte man einen Monat später die ganze Belegschaft auf die neue organisatorische Regelung der flexiblen Arbeitszeit um.

Heute gibt es bei der Sütex im Rahmen der Gleitzeitvereinbarung eine Bandbreite von 6.30 bis 18.30 Uhr, die Kernarbeitszeit geht dabei von 9.00 bis 15.00 Uhr. Bei der Sütex muß man auf Grund der hohen Anzahl der Teilzeitkräfte eine Vielzahl von Arbeitszeitvariationen berücksichtigen.

Diese 15 Varianten sind heute als Tagesprogramme (mit unterschiedlichen Anfangszeiten, Bandbreiten, Kernarbeitszeiten) auf der Zeiterfassungsanlage gespeichert. "15 Tagesprogramme", so ein Organisator der Sütex, "gehen eigentlich über die Norm hinaus, aber für unsere Belange war dies notwendig."

Die 15 Tagesprogramme werden heute zu insgesamt 18 Wochenprogrammen zusammengestellt. Sollte jetzt von den Mitarbeitern in einem Monat einmal mehr oder weniger gearbeitet werden, so wird das verrechnet. Die Mitarbeiter können ein Gleitzeitguthaben bis zu 15 Arbeitsstunden auf den nächsten Monat übertragen, ebenso wird eine Minuszeit von bis zu 15 Stunden übernommen. Dieses Verfahren paßt den persönlichen Arbeitsrhythmus besser dem Arbeitsanfall in der Abteilung an.

Neben der organisatorischen Durchführung der flexiblen Arbeitszeit erhält Sütex von dem System auch Personalinformationen, die eine wichtige Hilfe für die Personalsteuerung und die Personalverwaltung sind. So werden tagesaktuell alle gemeldet, die unentschuldigt fehlen, sich telefonisch krank gemeldet, aber nach drei Tagen noch keinen Krankenschein gesandt haben, die aus dem Urlaub nicht rechtzeitig zurückgekehrt sind, oder sich im Urlaub krank gemeldet haben.

Mittlerweile sollen 94 Prozent der Sütex-Mitarbeiter der Meinung sein, daß die flexible Arbeitszeit beibehalten werden soll und das jetzige Zeiterfassungsverfahren aussagefähig und verständlich ist.

Sütex ist eine Einkaufsgenossenschaft für Textil-Einzelhändler. Die Größe dieses Unternehmens, das in der rechtlichen Form einer Genossenschaft geführt wird, ist durch folgende Faktoren gekennzeichnet: 800 Mitarbeiter, Niederlassungen (außer der Zentrale in Sindelfingen) auch in Hamburg, Neuss und München, Jahresumsatz rund 700 Millionen Mark (Der Außenumsatz de Mitgliederfirmen liegt bei 2,3 Milliarden Mark).