Mitarbeiterintegration bereits vor dem ersten Arbeitstag

Flexibilität gehört bei Consors zum Karrierekick

13.10.2000
Consors verdreifacht innerhalb eines Jahres seine Belegschaft. Um an die Mitarbeiter heranzukommen, will der Online-Brooker kräftig in ein regionales Campus-Projekt investieren und im eigenen Unternehmen die Personalentwicklung ausbauen, wie Personal-Managerin Silvia Lohmann und Projektleiter Stephan Grabmeier gegenüber der CW erklären. Von Ingrid Weidner*

CW: Wie verkraftet das ehemalige Startup-Unternehmen den Sprung von der gemütlichen Büroatmosphäre unterm Dach in Großraumbüros auf mehreren Etagen?

Lohmann: Bis jetzt schaffen wir die Integration ganz gut. Letztes Jahr im Oktober arbeiteten 450 Mitarbeiter bei Consors, heute sind es über 1000. Momentan suchen wir 350 weitere Kollegen. Wir haben in den letzten Monaten viele Neukunden gewonnen und müssen deshalb in allen Bereichen aufstocken. In Berlin entsteht gerade ein neues Customer-Care-Center; dort sollen bis Jahresende 150 neue Mitarbeiter unsere Kunden telefonisch betreuen.

CW: Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie im IT-Bereich?

Lohmann: Momentan sind es 104 Kollegen und je nach Projekt 70 bis 80 externe IT-Experten, die bei neuen Aufgaben im operativen Geschäft mitarbeiten. Allerdings wollen wir in Zukunft wieder stärker externe Mitarbeiter direkt in unserem Haus einbinden, da sich sonst die Projektkoordination mitunter schwierig gestaltet. Zusätzlich suchen wir noch 50 neue IT-Mitarbeiter.

CW: Stellt der Standort Nürnberg einen Nachteil beim Personal-Recruitment dar?

Grabmeier: Die meisten Bewerber entscheiden sich nach den Aufgaben und Herausforderungen des neuen Arbeitgebers. Natürlich konkurrieren wir mit München um die IT-Fachkräfte. Aber Consors hat einiges zu bieten: ein dynamisches Arbeitsfeld, ein großes Wachstumspotenzial und neue Geschäftsfelder. Darüber hinaus erarbeitet Consors gerade mit anderen Unternehmen, einem externen Berater, der Stadt und Region ein Konzept für die Regionalentwicklung in Nürnberg, das vorhandene Potenziale in einer Art Hightech-Campus bündeln und besser vermarkten soll.

CW: Wie soll das konkret aussehen?

Grabmeier: Es geht um eine unternehmensübergreifende Entwicklung, bei der Grundlagenforschung, Universitätsinstitute, Hightech-Firmen und Startups auf einem eigenen Campusgelände eng zusammenarbeiten. Momentan stehen wir noch am Anfang, aber langfristig sehen wir gute Chancen, der IT-Region München Paroli zu bieten.

CW: Wie finden Sie in der momentan angespannten Situation genügend Personal?

Lohmann: Wir nutzen alle Möglichkeiten von der Stellenanzeige in unterschiedlichen Printmedien über Online-Stellenbörsen bis zu Hochschulmessen; zusätzlich bekommen wir viele Initiativbewerbungen. Darüber hinaus bieten wir eine Prämie, wenn ein Kollege einen neuen Mitarbeiter anwirbt.

CW: Welche Eigenschaften sollten Interessenten neben der fachlichen Qualifikation mitbringen?

Lohmann: Flexibilität ist täglich gefordert. Jemand, der klare Strukturen braucht, tut sich hier sehr schwer. Dafür kann es sich Consors leisten, neue Ideen umzusetzen. Jeder kann einen unternehmerischen Beitrag leisten, neue Projekte anregen und, wenn es machbar ist, auch verwirklichen.

CW: Geht bei so vielen Mitarbeitern die familiäre Atmosphäre, von der Sie sprachen, nicht verloren?

Lohmann: Wir versuchen schon vor dem ersten Arbeitstag, die Mitarbeiter zu integrieren. Das können E-Mails mit Infos sein oder ein Einführungstag, um Unsicherheiten zu beseitigen. Der neue Kollege kann schon vor Arbeitsantritt Seminare besuchen. Zusätzlich haben wir ein Patenkonzept für die ersten drei Monate eingerichtet. Die Neuen treffen sich alle zwei Wochen zu einer Feedback-Runde, um Fragen zu klären und sich auszutauschen.

CW: Haben Sie ein Konzept für die Weiterbildung der Mitarbeiter erarbeitet?

Lohmann: Feste Anweisungen sind für uns ein Fremdwort. Wir haben hier eine ganz einfache Lösung gefunden: Weiterbildung je nach Bedarf. Wir bieten beispielsweise interne Schulungen an; Referenten kommen aus unseren eigenen Fachabteilungen. Es macht den Leuten Spaß, ihr Fachwissen an die Kollegen weiterzugeben. Darüber hinaus können unsere Mitarbeiter externe Schulungen besuchen, oder wir organisieren Inhouse-Seminare, wenn das Thema für viele interessant ist.

CW: Gibt es bei Consors eine E-Learning-Strategie?

Grabmeier: Momentan überlegen wir, welche Plattform für unsere Anforderungen geeignet ist, und verhandeln mit einem Anbieter, der uns möglicherweise als Pilotkunden auswählt. Langfristig möchten wir sowohl für unsere Mitarbeiter als auch auf Kundenseite eine Plattform anbieten. Da unsere Kundenseminare zu verschiedenen Anlageformen sehr beliebt sind, wäre das eine erfolgversprechende Möglichkeit.

CW: Bilden Sie selbst Mitarbeiter aus?

Lohmann: Wir planen ein Trainee-Programm, das Anfang nächsten Jahres anlaufen soll. Ab September bilden wir Fachinformatiker aus, Ausbildungsplätze für Bürokommunikation gibt es schon. Bankkaufleute können wir nicht ausbilden, da es den Bereich Kundenschalter bei einem Online-Broker nicht gibt.

CW: Wie sieht Ihre Gehaltsstruktur aus?

Lohmann: Wir zahlen ein Fixgehalt und einen variablen Bonus, der sich zwischen 2,5 und zehn Prozent bewegt. Der Bonus hängt von einer Zielvereinbarung ab, die in erster Linie vom Mitarbeiter selbst in Absprache mit einer Führungskraft festgelegt wird. In regelmäßigen Gesprächen klären wir, ob die Ziele noch realistisch sind. Zusätzlich erhält der Mitarbeiter Aktienoptionen, die sich nach seiner Position, dem Börsenwert des Unternehmens und der Zahl der Beschäftigten richten. Die Optionen können frühestens nach drei Jahren eingelöst werden.

CW: Welche Karrierechancen bietet ein junges Unternehmen wie Consors, bei dem das Durchschnittsalter niedrig ist und vermutlich viele Mitarbeiter ambitioniert sind und an Aufstieg nach dem Vorbild des Gründers denken?

Lohmann: Hier gibt es zwei Möglichkeiten: zum einen Linienverantwortung und zum anderen Fachlaufbahn. Über die Projekte kann jemand schnell Karriere innerhalb seines Projektteams machen.

CW: Hat ein Bewerber über 30 Chancen, bei Ihnen anzuheuern?

Lohmann: Wir achten nicht explizit auf das Alter, sondern uns kommt es in erster Linie auf die Qualifikation an und ob die Neuen zu uns passen. Die Harmonie muss stimmen. In der Regel bewerben sich kaum ältere Fachkräfte.

*Ingrid Weidner ist freie Journalistin in München.