Wenig Jobs, wenig Weiterbildung

Firmen vernachlässigen Generation 50 plus

11.12.2008
Von Anja Dilk und Heike Littger

Firmen erkennen Wert der Älteren nicht

Seit die Diskussionen um den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel durch die Republik schwappten, haben die Unternehmen zwar durchaus auf der Agenda, dass sie künftig nicht mehr nur mit 30- bis 40-Jährigen in den Firmenfluren rechnen können. Doch dass sie einiges tun müssen, um auch das wertvolle Können der Mitarbeiter der Generation 50 plus effektiv zu nutzen, ist noch nicht in den Köpfen verankert, kritisiert Maria Schwarz-Wölzl vom Zentrum für Soziale Innovation in Wien. "Das Umdenken hat noch nicht eingesetzt. Viele Unternehmen erkennen nicht, wie wertvoll ältere Mitarbeiter gerade im Umgang mit schwierigen Kunden sind, in der IT-Beratung, im Service und wenn es darum geht, komplexe Probleme zu lösen."

Die Beraterin aus Österreich hat soeben ein kostenloses Online-Serviceportal entwickelt, auf dem sich Personaler, die ihren Blick für die über 50-Jährigen schärfen wollen, weiterbilden können.

  • Schritt eins: Das Bewusstsein für die Stärken dieser Gruppe und die demografischen Herausforderungen der Zukunft stärken.

  • Schritt zwei: Argumentationshilfen für Recruiting und Personalentwicklung der Fiftysomethings.

  • Schritt drei: Wie müssen Ausschreibungen aussehen, die Ältere nicht ausgrenzen? Wie sollten Auswahlprozesse und Weiterbildungen beschaffen sein, um die Stärken Älterer ins Visier zu nehmen? Entscheidend bei der Arbeit mit älteren Mitarbeitern ist dabei, "lebenslanges Lernen erst recht in den Vordergrund zu rücken", sagt Schwarz. "Und die Arbeitsfähigkeit dieser Mitarbeiter langfristig zu erhalten."

Jutta Rump, Leiterin des Instituts für Beschäftigung und Employability (IBE) an der Fachhochschule Ludwigshafen, weiß, wie wichtig die Sorge um den Erhalt der Arbeitsfähigkeit ist: "Arbeitsverdichtung, ständige Erreichbarkeit über Handy oder Blackberry, lange Arbeitszeiten und zunehmende Unsicherheit empfinden insbesondere ältere Arbeitnehmer auf Dauer als schwer akzeptabel." Doch auch wenn sich in der jungen IT-Wirtschaft ein Altersstrukturwandel abzeichne, seien die meisten Mitarbeiter nach wie vor unter 40. "Das Thema 50Plus spielt für sie noch keine Rolle", so Rump. "Und die wenigsten Unternehmen sensibilisieren frühzeitig dafür."

Anja Gerlmaier vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) in Gelsenkirchen kennt den Grund: "Die IT-Industrie galt lange Zeit als Eldorado für angenehme Arbeit." Eine scheinbar geringe physische Belastung, hohe Freiheitsgrade und Freiraum für Kreativität sorgten für das verheißungsvolle Image der "ewig jugendlichen Branche". Doch mit dem Platzen der IT-Blase nach 2000 hätten sich die Rahmenbedingungen im IT-Sektor grundlegend gewandelt. "Das neue Produktionsmodell der Branche ist ein System permanenter Bewährung, in dem die eigene Leistungsfähigkeit immer wieder neu bewiesen werden muss."