Firmen reagieren zu langsam auf Bewerber

20.01.2006
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Anforderungen an mögliche Mitarbeiter stellen Unternehmen in der Regel viele. Ihre eigenen Hausaufgaben im Einstellungsprozess vergessen sie dabei.

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt verlangt Bewerbern momentan viel ab: Sie sollen perfekt die Anforderungen der Firmen erfüllen, flexibel und schnell verfügbar sein. Sie beackern stundenlang Online-Bögen, schicken Unterlagen und bemühen sich redlich. Doch dann passiert lange nichts. Nachfragen sind unerwünscht, Ansprechpartner telefonisch kaum erreichbar. Viele Stellensuchende wundern sich über die Umgangsformen einiger Stellenanbieter, denn ihre Bewerbungen verschwinden in Daten-Pools oder dekorieren die Büros der Personalreferenten.

Marcus Fischer, Audi: "Wenn wir bei Nachfragen individuell reagieren, erhalten wir oft Dankesschreiben, offensichtlich sind wir mit diesem Servicedenken eher die Ausnahme."
Marcus Fischer, Audi: "Wenn wir bei Nachfragen individuell reagieren, erhalten wir oft Dankesschreiben, offensichtlich sind wir mit diesem Servicedenken eher die Ausnahme."

Eingangsbestätigungen, Zwischenbescheide oder klare Ansagen zum Stand des Auswahlverfahrens sind selten geworden. "Für Jobsucher ist das Don't call us - we call you-Verhalten vieler Unternehmen unbefriedigend. Sie sind im Begriff, ihre Lebenssituation drastisch zu verändern, und möchten daher Ansprechpartner haben, die sie persönlich über ihren Bewerbung und ihre Chancen informieren.Wir erhalten auf unsere individuellen Reaktionen oft Dankesschreiben.Offensichtlich sind wir mit diesem Servicedenken eher die Ausnahme", wundert sich Marcus Fischer, verantwortlich für das Personal-Marketing in den neuen Medien bei Audi in Ingolstadt. Kein Wunder sei es, wenn Jobsuchende frustriert sind, wenn ihre Bemühungen nicht honoriert werden, sondern irgendwo versanden. Oft entsteht der Anschein, dass die Personalabteilung aufgrund der vielen Bewerbungen überfordert ist und gute Umgangsformen wegrationalisiert wurden.

So hat die Personalberatung Oprandi & Partner in einer Befragung von rund 240 Fach- und Führungskräften herausgefunden, dass sich fast 70 Prozent der Befragten als Bewerber schlecht behandelt fühlen, da die Unternehmen zu langsam auf die Bewerbung regierten oder die Unternehmensvertreter im Vorstellungsgespräch schlecht vorbereitet oder unfreundlich sind. Laut Roland Knorr, Managing Partner von Oprandi, wünschen sich die Kandidaten, dass sie spätestens eine Woche nach Eingang ihrer Bewerbung eine Bestätigung erhalten, und nach zwei Wochen sollte klar sein, ob und welche konkreten Schritte geplant sind. Insgesamt sollte der Bewerbungsprozess nach sechs Wochen abgeschlossen sein.

Schwierig sind nach wie vor Online-Bewerbungen. Interessenten bearbeiten lange Online-Bögen und stellen fest, dass sie beim nächsten großen Arbeitgeber wieder von vorne beginnen müssen, wobei sich viele Fragen ähneln. Noch zögern gerade Konzerne, Bewerbern ihre Profile zur Bewerbung bei anderen Firmen zu überlassen. Der Audi-Mann Fischer kann sich aber durchaus vorstellen, dass Jobsuchenden schon bald ein Tool zur Verfügung steht, welches ihnen einen größten Teil der reinen Tipparbeit abnimmt.