Recruiting

Firmen locken Absolventen mit allen Tricks

24.04.2008
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

StudiVZ steht bei den personalsuchenden Unternehmen unter besonderer Beobachtung. Viele durchforsten die Profile der dort registrierten Studierenden, doch wie sich die junge Zielgruppe passend ansprechen und begeistern lässt, darüber rätseln viele Personal-Marketing-Abteilungen.

Jens Plinke, Terra: Auf Blogs haben die Firmen kaum Einfluss.
Jens Plinke, Terra: Auf Blogs haben die Firmen kaum Einfluss.
Foto: Jens Plinke

Sehr erfolgreich können Blogs sein, beispielsweise wenn Trainees über ihre Erfahrungen während ihrer Ausbildung berichten. "Bosch hat das erfolgreich umgesetzt. Die Trainees stehen Rede und Antwort. Das ist authentisch und interessiert die Leute", hat Jens Plinke beobachtet. Gerade in ihren Web-2.0-Aktivitäten sollten Firmen das Umfeld genau kennen. Die Kontrollmechanismen sind nämlich ganz andere. "Hier müssen sich Firmen darüber im Klaren sein, dass sie kaum Einflussmöglichkeiten haben. Die Community akzeptiert oft keine Werbung", warnt Plinke.

Besonders beliebt für Banner-Werbung ist das kostenlose Online-Wörterbuch www.leo.org. Da Firmen dort die studierende Zielgruppe vermuten, sind die Werbeplätze teilweise für ein ganzes Jahr im Voraus ausgebucht. Unternehmen schätzen das seriöse Umfeld des Nachschlagewerks.

Recruiting im Second Life oder auf der Messe?

Das Beratungsunternehmen Bearingpoint begann Ende 2006 mit "Vodcasts", um Studierende auf sich aufmerksam zu machen. Interessierte konnten sich unter www.career-insight.de Filme zum Unternehmen und dem Berateralltag ansehen. "Die Beiträge werden von einer Agentur produziert, Hauptdarsteller sind unsere Mitarbeiter", erzählt die Verantwortliche Miriam Jahn. Die Recruiter von Bearingpoint suchen auch in Netzwerken wie Xing oder StudiVZ nach potenziellen Kandidaten und sprechen sie dort an.

"Second Life" als Recruiting-Plattform gilt ebenfalls als hip. Ansgar Kinkel von Cirquent hat dort bereits Erfahrungen gesammelt. "Second Life ist eine interessante Plattform für uns. Wir haben dort ein Recruiting-Event veranstaltet und waren mit den Kontakten sehr zufrieden." Allerdings seien die Kosten für die Programmierung der virtuellen Stände und der Firmenpräsentation so hoch wie für eine Messe, auch wenn es einmalige Ausgaben seien, wie Kinkel versichert. Dagegen hält Jens Plinke von Terra Personalmarketing wenig von der Second-Life-Euphorie einiger Firmen: "Das ist für mich absolut kein Trend mit Zukunftspotenzial, denn es kann den persönlichen Kontakt auf der Messe nicht ersetzen."

"Gerade Berater leben von der Kommunikation. Deshalb sind Web-2.0-Plattformen reizvoll für uns", erklärt dagegen Kinkel. Auch über Firmenfilme, Podcasts und kreative Internet-Werbung denkt der Personaler intensiv nach. "Es gibt nicht den einen Weg zum Ziel. Wir nutzen viele unterschiedliche Kanäle und werden deshalb weiterhin Karrieremessen besuchen und den Kontakt zu Hochschulen pflegen." Kinkel taxiert die Kosten für das Recruitment eines Mitarbeiters im Durchschnitt auf 10.000 Euro.

Empfehlungssysteme als weiterer Klassiker der Personalsuche erleben eine Renaissance. "Das ist viel glaubwürdiger und effektiver, denn niemand empfiehlt seinen Freunden einen Arbeitgeber, von dem er selbst nicht überzeugt ist", erklärt Jens Plinke. Microsoft rekrutiert nach wie vor die meisten neuen Mitarbeiter nach dieser Methode.