Studie

Finanzkrise kein Grund für Offshoring

28.11.2008
Von 
Uli Ries ist freier Journalist in München.
Anzeige  Eine Umfrage der Experton Group unter deutschen Mittelständlern belegt, dass die Unternehmen aufgrund der Finanzkrise nicht verstärkt auf Offshoring zurück greifen wollen: Mehr als die Hälfte der Befragten gibt an, keinerlei Offshoring-Absichten zu haben. Hinderungsgrund Nummer 1: Rechtliche Unsicherheiten im Land des Dienstleisters.
Häufig stehe nicht mehr die Kostensenkung im Vordergrund, sondern die Verfügbarkeit von Experten, so Ulrich Engelhardt von Atos Origin.
Häufig stehe nicht mehr die Kostensenkung im Vordergrund, sondern die Verfügbarkeit von Experten, so Ulrich Engelhardt von Atos Origin.
Foto: Atos Origin

Die Experton Group befragte im Auftrag des IT-Dienstleisters Atos Origin 30 deutsche Mittelständler (250 bis 1000 Mitarbeiter) aus den verschiedensten Branchen unter anderem dazu, ob sie angesichts der weltweiten Finanzkrise verstärkt vom Offshoring Gebrauch machen werden. Das Ergebnis war deutlich: 53 Prozent werden keine IT-Projekte auslagern – Finanz- und Wirtschaftskrise hin oder her. Lediglich knapp 17 Prozent der Befragten arbeiten bereits mit Dienstleistern zusammen, die Near-/Offshoringleistungen mit anbieten. Das Aufschlüsseln dieser Zahlen bis auf einzelne Wirtschaftsbereiche ist laut Matthias Zacher von der Experton Group nicht möglich: „Angesichts der eher kleinen Fallzahl von 30 Unternehmen sind weiter reichende Schlüsse nicht möglich.“

Obwohl laut Ulrich Engelhardt, Senior Vicepresident Consulting & Systems Integration für Zentraleuropa bei Atos Origin, Offshoring seit der Jahrtausendwende ein gebräuchliches Mittel zum Verwirklichen von IT-Projekten ist, herrscht unter den Befragten offenbar immer noch große Skepsis: Rechtliche Unsicherheiten im Land des Dienstleisters sind nach wie vor das stärkste Argument der Unternehmen gegen Offshoring, dicht gefolgt von der Furcht vor sprachlichen Barrieren. In der Umfrage ebenfalls genannt wurde das Fehlen von Transparenz. Für das Offshoring spricht nach wie vor der Zugriff auf Kostengünstige Arbeitskräfte. Wobei Engelhardt hier die Erwartungen dämpft: „Traumhafte Einsparungen von 60 oder 70 Prozent gibt es nicht mehr. Heute sind bestenfalls noch 20 bis 40 Prozent drin“, erklärt der Atos-Experte.

Inzwischen gehe es bei Offshoring-Projekten laut Ulrich Engelhardt auch nicht immer um Kostensenkungen, sondern verstärkt um Qualität und Verfügbarkeit von Experten. Insbesondere zur Pflege und Anpassung von Legacy-Anwendungen – meist in Cobol oder Assembler programmiert und in Banken und Versicherungen anzutreffen – fehlt es hierzulande an Fachlauten. „In Indien hingegen können wir junge Programmierer noch dazu motivieren, diese Sprachen zu lernen. Demnach ist das Offshoring eines solchen Projektes eine logische Konsequenz und nicht das Ergebnis eines Programms zur Kostenreduktion“, sagt Engelhardt.