Dateiübertragung mit flexibler Konvertierung und automatischer Folgeverarbeitung:

Filetransfer in heterogenen Netzen bei Springer

11.11.1988

Die meisten Anwender mit EDV-Systemen unterschiedlicher Hersteller stehen vor der Frage, wie eine Kommunikation der Systeme untereinander anforderungsgerecht zu realisieren ist. Die erste Stufe derartiger Kommunikation ist ein gesicherter Filetransfer.

Ein großes bundesdeutsches Verlagsunternehmen hat dieses häufig auftretende Problem für sich gelöst. Nachdem feststand, daß Eigenentwicklungen unvertretbar hohen Zeit- und Kostenaufwand verursachen würden, hat man sich am Markt nach geeigneten Filetransfer-Systemen umgesehen.

Neben den mehr oder weniger branchenneutralen Anwendungen wie Personalrechnung, Finanzbuchhaltung etc. haben die Gebiete Vertriebs-, Handels- und Anzeigenverwaltung für den Axel Springer Verlag hohe Priorität. In diesem spezifischen Anwendungsfall handelt es sich um die Schnittstelle zwischen einem Anzeigen-System (auf Tandem-Hardware), das kommerziell relevante Informationen über Anzeigengeschäfte erzeugt, und einem Anzeigenverwaltungs- und abrechnungssystem (auf Siemens-Hardware), das diese Informationen verarbeitet.

Vor allem ist Schnelligkeit bei höchstmöglicher Sicherheit in der Dateiübertragung und Folgeverarbeitung gefragt. Zeit ist hier tatsächlich Geld, denn bei der hohen Zahl der pro Tag zu berechnenden Leistungen bedeutet verzögerte Fakturierung verspäteten Geldeingang und somit Zinsverlust.

Gewisse Erfahrungen mit Eigenentwicklungen

In den vielfältigen Objektbereichen (Zeitungen und Zeitschriften) setzt das Unternehmen hochspezialisierte EDV-Systeme als sogenannte Verlags-Textsysteme mit der jeweils benötigten Anzahl von Terminals ein. An diesen Arbeitsplätzen werden redaktionelle Texte erstellt und überarbeitet sowie Anzeigenaufträge erfaßt und verarbeitet. Bei der Vielzahl der Objekte, allein die Bild-Zeitung erscheint in 38 verschiedenen Ausgaben, ist das Volumen der täglich anfallenden Daten, die per Rechnung verwaltet und aufbereitet werden, entsprechend hoch.

"Derartige Daten", so Hans-Joachim Ramsel, Leiter der Systemtechnik im Hause Axel Springer, "entstehen im Verlagsrechenzentrum Berlin für unsere Berliner Objekte auf Tandem-Rechner und werden im kommerziellen Rechenzentrum in Hamburg auf Siemens-Anlagen im BS2000 verarbeitet." Die Projektplanung des Verlags sah zunächst den Datentransport per Magnetbänder vor. In einem weiteren Schritt sollte die Online-Verbindung zwischen beiden Rechenzentren und den dort installierten, unterschiedlichen Systemen verwirklicht werden, um schnellere Datenübertragungen in beide Richtungen und die automatische Folgeverarbeitung durchzuführen.

Mit Eigenentwicklungen hatte das Unternehmen "gewisse Erfahrungen". Daher wurde der Standpunkt vertreten, eine Entwicklung nur dann anzustoßen, wenn auf dem Markt kein brauchbares Produkt verfügbar ist. "Als Verantwortliche für EDV-Belange haben wir uns daraufhin nach einem geeigneten System umgesehen. Dabei sind wir auf die "Gikom" Gesellschaft für Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnik mbH (Bonn) gestoßen, die ein Produkt für den Filetransfer zwischen Systemen verschiedener Hersteller anbieten konnte", berichtet Ramsel.

Um sicher zu gehen, daß auch alles wie angekündigt funktioniert, hat der Anwender das bereits nach wenigen Tagen gelieferte File Transfer System (FTS) zunächst ausführlich getestet. Die Probeinstallation wurde von den eigenen Mitarbeitern im November 1987 auf den vorhandenen Siemens- und Tandem-Rechnern vorgenommen. Eine Unterstützung vor Ort durch Gikom war dazu nicht erforderlich. "In der folgenden Testzeit von effektiv 14 Tagen hat das FTS seine Leistungsstärke bewiesen. Wir haben das System daraufhin fest übernommen", berichtet Ramsel.

Sämtliche Dateien mit kommerziell zu berücksichtigenden Informationen werden seit dem gegen Ende 1987 voll aufgenommenen Filetransfer-Betrieb vom lokalen Verlagssystem an die Remote-Systeme gesendet und dort empfangen. FTS unterstützt unter anderem Datex-P, in diesem Falle erfolgen alle Übertragungen jedoch über vorhandene Standleitungen. In diesem Zusammenhang ist von Vorteil, daß mehrere Dateiübertragungsaufträge an das lokale FTS übergeben werden können, ohne daß deren Durchführung abgewartet werden muß. Dies ist möglich, weil die Auftragsdurchführung asynchron zur Auftragserteilung abläuft.

Konvertierungen beim Filetransfer

Ferner führt das System beim Filetransfer in den heterogenen Netzwerken des Anwenders die notwendigen Konvertierungen durch. Der Anwender kann durch das Einbringen eigener Code-Tabellen auf die Konvertierung Einfluß nehmen. Außerdem ermöglicht das FTS die Verarbeitung von Platten- und Band-Dateien und sorgt für den Wiederanlauf nach Fehlern während der Übertragung, wobei die Übertragung mit dem ersten nicht mehr fehlerfrei übertragenen Record beginnt.

In puncto Betriebssicherheit erklärt man sich im übrigen als sehr zufrieden, Fehler seien bisher in keiner Phase aufgetreten. Ferner zeige die Fehlererkennung an, wenn eine Folgeverarbeitung zum Beispiel nicht anläuft. "Gravierend wäre der Fall", stellt Ramsel fest, "wenn eine Übertragung unbemerkt nicht zustande kommen oder unterwegs abbrechen würde. Das kann jedoch nicht passieren, da das FTS dies meldet beziehungsweise automatisch für Wiederanlauf sorgt."

Mitentscheidend für die Installation des Gikom-FTS war ferner die Folgeverarbeitung, die unter den neuen Bedingungen als sehr komfortabel empfunden wurde. Es sei bereits nach kurzer Zeit zu spürbaren Arbeitserleichterungen bei schnellerer Abwicklung und erhöhter Sicherheit gekommen. Der Anwender nutzt hier vier beliebig kombinierbare Möglichkeiten der Folgeverarbeitung nach erfolgreicher oder nicht erfolgreicher Dateiübertragung im lokalen wie im Remote-System. Ein weiterer Vorteil ist, daß regelmäßig wiederkehrende Aufträge mit geringem Aufwand an das File Transfer System abgegeben werden können. Das hierzu benutzte FTCopy-Programm liest die jeweils erforderlichen Parameter aus einem File und übergibt sie dem FTS.

In Sachen Zugriffsberechtigung sei ebenfalls für die notwendige Sicherheit gesorgt, denn die Nutzung des File Transfer Systems wird neben den durch das Betriebssystem gegebenen Mechanismen über FTS-interne Benutzer-Paßworte und eine Kommandoberechtigungstabelle gesteuert. Kommandos für die Dateiübertragung, die Pflege des Auftragsbuches und das Netzwerkmanagement stellt die Dialogschnittstelle zur Verfügung.

"Die Dateiübertragung ist jetzt schneller und sicherer. Gleiches gilt für die nunmehr automatische Folgeverarbeitung", stellt Ramsel abschließend fest.

File Transfer System (FTS)

Lauffähig: Auf IBM/MVS, DEC/VMS, Siemens/BS2000, Tandem/Guardian, Wang/VS, MS-DOS, Unix die MS-DOS Version auch als Gateway zu LANs und anderen Hosts

Protokolle: X.25 und SNA

Dateiübertragung:

- Auftragsabwicklung erfolgt asynchron

- Autorecovery auf Satzebene

- Simultane Abwicklung auf mehreren logischen Kanälen

- Komprimierung (optional)

- Code Konvertierung

- User Exits (lokal und remote)

Folgeverarbeitung lokal + remote

Autonomes Zugriffsberechtigungssystem

Benutzerschnittstellen:

- Dialogschnittstelle für den File-Transfer, zur Überwachung und zur dynamischen Administration des FTS

- Programmschnittstelle zum Initiieren eines FTS-Auftrages aus einem Anwenderprogramm

- Batch-Schnittstelle zur automatischen Ausführung von regelmäßig wiederkehrenden Aufträgen

Installationen: 30

Preise: DM 1400 (PC-Version) bis DM 68 800 (auf IBM 3090-400)

Herstellung und Vertrieb: GiKom Gesellschaft für Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnik mbH, Bonn.