Konzeptionelle Lösung mit Wang-Komponenten

Fiat Kredit Bank: Gewachsene Strukturen bei Büroanwendungen

17.01.1992

*Günter Denz ist Direktor Administration, Planung und Controlling; Dipl. Betriebswirt Norbert Czekalla ist Gruppenleiter Organisation und Kommunikation bei der Fiat Kredit Bank, Heilbronn.

In der Frage einer automatisierten Abwicklung von Geschäftsabläufen im Büro zeigen sich viele Unternehmen im Gegensatz zur Fertigungsindustrie - noch zurückhaltend. Anders die Fiat Kredit Bank GmbH in Heilbronn: Dort hat man schon zu Beginn der Achtziger Jahre Zug um Zug eine integrierte Büroautomationsumgebung auf der Basis eines Wang-VS-Systems aufgebaut und diese Büroanwendungen mit dem konzerneigenen IBM-Großrechner gekoppelt. Günter Denz und Norbert Czekalla* beschreiben die Entwicklungsgeschichte

sowie die Applikationen und geben einen Ausblick auf geplante Zukunftsprojekte.

Anfang 1983 wurde im Zusammenhang mit der ersten Installation eines Textverarbeitungssystems das "Wang OIS-115-2-Textsystem" (Office lnformation System) eingeführt. Angeschlossen waren damals vier Bildschirme und zwei Drucker. Das System nutzten

zunächst die Geschäftsbereiche Leasing und Inkasso für die tägliche Abwicklung des Schriftverkehrs. Im Februar 1984 - erfolgte mit der Kommunikationssoftware des Wang-Partners Infoplan die Anbindung eines Telexcomputers an das Textverarbeitungssystem. Wiederum zwei Jahre später waren jedoch die Anforderungen an das System gestiegen, so daß diese von der bisherigen Struktur nicht mehr abgedeckt werden konnten.

Die Banker ersetzten da er das OIS-System durch eine VS 65 mit 76 MB-Festplatte, 1 MB-Hauptspeicher, vier weiteren Bildschirmen und zwei zusätzlichen Druckern. Die Vorgänge der bisher angeschlossenen Geschäftsbereiche wurden erweitert und zusätzliche Anwendungen für die Bilanzanalyse sowie die Einkaufsfinanzierung integriert. Bereits im Sommer 1986 erwies sich jedoch der getrennte Betrieb von zwei Systemen als unpraktikabel. Anwender der Textverarbeitung mußten beispielsweise, wenn sie Informationen aus dem Großrechner benötigten, zunächst die Textverarbeitung verlassen, sich beim Großrechner anmelden und die Informationen abrufen, sich wieder abmelden, um dann in der Textverarbeitung weiterarbeiten zu können.

Durch den Einsatz des Paketes "Universe" der msg Software GmbH in München konnte eine virtuelle Schnittstelle zum Mainframe implementiert werden, mit der Host-Sessions im Hintergrund aktiv gehalten wurden, während gleichzeitig Anwendungen auf dem Wang-Rechner liefen. Ein zweites Modul des Programmes gewährleistete, daß Mainframe-Adressen automatisch in Textbausteine der Wang Textverarbeitung eingemischt werden konnten. Damit war der erste Schritt weg von der Einzelanwendung hin zur automatisierten Textverarbeitung getan. Verbunden damit war der Einsatz, weiterer Bildschirme sowie die Aufrüstung des Hauptspeichers auf 2 MB.

Kundenkorrespondenz via Host und Mikroverfilmung

Bereits zwölf Monate später wurde das System um einen Festplattenschrank und eine zusätzliche Festplatte mit 312 MB Speicherkapazität ausgebaut. Durch ständige Speichererweiterungen war der Plattenschrank im Sommer 1989 voll bestückt. Schon im Februar 1988 machte sich daher das DV-Team des Heilbronner Bankhauses daran, die Integration der ein- und ausgehenden Kundenkorrespondenz und der Wang-Dokumente in eine Belegfindungsdatei auf dem Host und in die Mikroverfilmung zu realisieren. Die Belegfindungsdatei besteht aus vordefinierten Kürzeln und aus einem sogenannten Identschlüssel, sie erleichtert das Auffinden von Dokumenten, die auf Mikrofilm gespeichert wurden. Dabei sorgen entsprechende Suchkriterien dafür, daß die gewünschte Akte in Kurzform am Bildschirm erscheint und eingesehen werden kann.

Ein weiterer Programmschritt ermöglicht auch die Rückvergrößerung des Dokumentes, was allerdings in der Praxis vielfach nicht notwendig wird. Mit der Einbindung der Textverarbeitung über Identschlüssel wurden bisher gute Erfahrungen gemacht. So treten durch die Identschlüssel kaum Bedienungsfehler auf, was wiederum einen problemlosen Ablauf der Tagesroutinen gewährleistet. Durch den steigenden Arbeitsanfall und die erweiterte Personaldecke sahen sich die Organisationsverantwortlichen bei Fiat dann im April 1988 darüber hinaus mit der Anforderung konfrontiert, mehr Leistung auf der Wang bereitzustellen. So wurde die VS 65 zu einer VS 7150 mit einer zusätzlichen Festplatte von 312 MB und einem Hauptspeicher von 4 MB umgerüstet.

Nach Umzug Einsatz eines Breitbandnetzes

Mit WLOC-Karten (Wang Local Office Communication), einer VS-Terminalemulation für PCs, wurden etwa zur gleichen Zeit die ersten Fremd-PCs an das Bürosystem angebunden. Als "Paradestück" betrachten die Heilbronner DV-Planer noch heute den Umzug in neue Räume vor rund zwei Jahren. Mit dem Ortswechsel verbunden war die Implementierung von Wang Office und die Ablösung der bisherigen Olivetti-Steuereinheit. Mit 45 Wang-Bildschirmen und 25 PCs mit WLOC-Karte sowie sieben Druckern baute die Fiat-DV-Mannschaft zusammen mit den Wang-Technikern das Bürosystem an einem einzigen Wochenende in den neuen Büroräumen betriebsfertig auf.

Bei der Verkabelung wurde nicht auf konventionelle Lösungen zurückgegriffen, sondern man entschied sich einstimmig dafür, in den neuen Räumen "Fast-LAN", ein Breitbandnetz von Wang, einzusetzen.

Neue Anforderungen mit der deutschen Einheit

"Der Vorteil dieser Verkabelungsart liegt darin, daß man bei ihrem Einsatz die Möglichkeit hat, das Netz an jedem beliebigen Punkt im Haus problemlos nachzurüsten", kommentiert Harald Schön, Systemverantwortlicher der Projektgruppe, die Entscheidung für Fast-LAN. Probleme zeigen sich, so der IS-Manager, nur gelegentlich in der Verbindung zum Mainframe, die jedoch immer kurzfristig zu belieben seien.

Seit dem Umzug hat man bei der Fiat Kredit Bank GmbH noch weitere Veränderungen bei der Hardware vorgenommen. So wurde im Februar 1990 von der VS 7159 auf eine VS 8250 umgesattelt - auch ein schneller Streamer, mit dem in GB-Dimensionen extern gesichert werden kann, gehört nunmehr zum Equipment der Bürokommunikation. Im Dezember 1990 erfolgte dann die Erweiterung des Fast-LAN und die Aufrüstung auf 16 MB Hauptspeicher.

Vor neue Anforderungen sah sich die DV-Projektgruppe gestellt, als der Automobilkonzern eine Bank-Zweigstelle in Potsdam eröffnete. Nach der Firmendevise: Jeder Sachbearbeiter soll alle Applikationen nutzen können, wurde die ostdeutsche Zweigstelle mit einer Wang VS5000 bestückt, die über Datex-P Zugriff auf die Anwendungen des Wang-Rechners im Mutterhaus hat und auch mit den Applikationen im Rechenzentrum arbeiten kann.

Nach diesem Muster sollen auch zukünftige Außenstellen mit der Heilbronner Zentrale verbunden werden. Bedingt durch wachsenden Personalbestand und den damit einhergehenden Bedarf an weiteren Peripheriegeräten, wurde ein weiteres Upgrade im Oktober dieses Jahres erforderlich.

Die VS 8260 wurde gegen eine VS 8480 mit Cable-Concentrator ausgetauscht und der Hauptspeicher auf 32 MB erweitert. Heute sind an der VS 8480 rund 250 Bildschirme in Betrieb, wobei es sich um ein Mix aus Wang-Bildschirmen und PCs mit Emulationskarten sowie einigen wenigen Fremd-Terminals handelt.

Die Korrespondenz des Bankhauses wurde auf dem Wang-Rechner inzwischen zu 85 Prozent automatisiert, unter anderem in Form von Ganzbriefen, die mittels Baustein abgerufen werden können. Rund 500 Standardtexte, versehen mit hauseigenen Identschlüsseln, lassen sich in den täglichen Arbeitsablauf integrieren.

Die Identschlüssel sind ein wichtiger Aspekt, denn durch sie wird die Textverarbeitung letztlich vollständig in das DV-Umfeld integriert. Ungefähr 266 000 Verträge werden bei der Fiat Kredit Bank zur Zeit verwaltet - davon rund 220 000 Finanzierungen und zirka 46 000 Leasingverträge.

Die Identschlüssel helfen bei der DV-Bearbeitung und Weiterverarbeitung von Vorgängen, denn die einzelnen Vertragsnummern sind Suchbegriffe im Gesamtsystem. Auch in der automatischen Terminverfolgung, die unter einer Wang-Pace-Datenbank verwaltet wird, spielen die Identschlüssel eine entscheidende Rolle. Daten, die für die Terminverfolgung relevant sind, werden ebenfalls unter einem Identschlüssel gehalten. Nach vorgegebenen Fristen werden via Textverarbeitung automatisch Mahnbriefe erstellt. Zur Zeit organisiert die Terminverwaltung rund 5000 Termine, die zum Teil über ein Interface-Programm von der Pace-Datenbank aus dein Host übernommen werden.

E-Meil-Einsatz weist noch Defizite auf

Etwas Kummer bereitet den DV-Planern in Heilbronn derzeit noch die mangelnde Akzeptanz der elektronischen Post bei dein Mitarbeitern. Bereits voll im Einsatz ist diese Möglichkeit der innerbetrieblichen Kommunikation nur in der Verwaltung und im

Inkasso sowie bei der Händlerfinanzierung. Zwischen dein Fachabteilungen ist Wang Office das Kommunikationsmedium, mit dem im Bedarfsfall auch Hilfe aus der DV-Projektgruppe angefordert wird. Die Kommunikation mit der Außenwelt läuft, über Hfd-Verbindungen, ein Fax-Interface und über Datex-P. Die Verbindung zwischen dem Großrechner und dem Wang-System wird dabei über sieben HfD-Standleitungen mit 19 200 Baud abgewickelt.

Schufa-Kontakt über SNA-Komponenten

Die Fax-Kommunikation wurde mit der TCM-Software von Infoplan realisiert, die nach einhelliger Aussage der DV-Gruppe hervorragend arbeitet. Mit ihr kann jedes beliebige Textdokument über einen Konzentrator als -Telefax versandt werden. Über die vier Faxausgänge werden im Moment etwa 500 Nachrichten pro Tag verschickt - Tendenz steigend. Statusmeldungen belegen, daß Nachrichten auch in Stoßzeiten in der Regel innerhalb von fünf bis zehn Minuten beim Empfänger landen.

Zur Überprüfung der Bonität korrespondieren die Heilbronner Fiat-Sachwalter einerseits mit der Schufa bei generellen Anfragen und zum anderen mit der Creditreform für den gewerblichen Bereich. Der Kontakt zur Schufa läuft über eine SNA-Komponente, der zur Creditreform über das Wang-System, wobei die Auskünfte in einer Pace-Datenbank abgelegt und zum mehrfachen Gebrauch gepflegt werden. Bei kurzfristigen Folgegeschäften wenden so doppelte Auskunftskosten vermieden.

Mit der bisherigen Konfiguration ist man bei der Fiat Kredit Bank gut gefahren, dennoch wird bereits an Weiterentwicklungen gearbeitet. Sowohl auf dem Mainframe als auch auf der VS von Wang sollen Applikationen weiter verbessert werden. Dies gilt unter anderem auch für die Faxnutzung in der Wang-Umgebung. Hier ist geplant, daß in Zukunft Benachrichtigungen, die an die Händler geschickt werden, vom Großrechner an die Wang-Maschine übergeben und von dort elektronisch als Fax versandt werden.

Ein weiteres Projekt, das 1992 in Angriff genommen werden soll, ist die Archivierung, die man in Zukunft mit optischen Speichern abwickeln will. In diesem Bereich werden gerade detaillierte Untersuchungen angestellt, die als Basis für ein weiteres Vorgehen dienen sollen. Ebenso ist vorgesehen, ein dezentrales Druckerkonzept in absehbarer Zeit zu realisieren, das den Listen-Output am entsprechenden Arbeitsplatz ermöglicht.