Marktführer Seagate ist unter Druck - die Hoffnungen der Branche liegen auf Consumer-Elektronik

Festplattenhersteller nabeln sich vom PC ab

14.05.2004
MÜNCHEN (CW) - Preiskämpfe, sinkende Margen und übervolle Handelskanäle - das Festplattengeschäft scheint wieder einmal von einem Abwärtstrend erfasst zu sein.Vor allem Marktführer Seagate hat Probleme. Experten sind dennoch optimistisch. Neue Absatzmärkte sollen der Branche bald wieder Auftrieb geben.

Die Festplattenindustrie hatte in den vergangenen Jahren keinen Grund zur Klage. Der erneute Börsengang von Seagate im Dezember 2002 galt als Beweis dafür, dass selbst mit einem Commodity-Produkt wie einer Festplatte noch Geld zu verdienen ist. Und auch Maxtor und Western Digital (WD) schrieben schwarze Zahlen.

Doch der wachsende Preisdruck und sinkende Margen haben den Aufwärtstrend gebremst. WD nahm im dritten Quartal seines Geschäftsjahres (Ende: 26. März) zwar 749 Millionen Dollar ein - das sind sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Der Nettoprofit ging jedoch von 54,5 Millionen auf 47,9 Millionen Dollar zurück. Maxtor konnte den Umsatz in seinem Ende März abgelaufenen ersten Quartal von 938,9 Millionen auf 1,02 Milliarden Dollar steigern. Der Nettogewinn brach allerdings von 27,4 Millionen auf 9,2 Millionen Dollar ein.

Am stärksten leidet Seagate unter dem wachsenden Preisdruck. Der Marktführer musste in den vergangenen Quartalen nicht nur Gewinn-, sondern auch Umsatzeinbußen hinnehmen. Im dritten Quartal (Ende: 3. April 2004) sanken die Einnahmen von 1,62 Milliarden im Vorjahr auf 1,39 Milliarden Dollar. Der Nettogewinn schrumpfte von 174 Millionen auf 159 Millionen Dollar. CEO Stephen Luczo macht hierfür längere Produktzyklen und die aggressive Preisgestaltung verantwortlich.

Analysten bemängeln allerdings Seagates Fokussierung auf den Enterprise-Sektor, in den die anderen Hersteller mit billigeren Laufwerken drängen. So bietet WD seit Februar preisgünstige Serial-ATA-Platten für Server an. Produkte, die "gut genug" und schon für ein Drittel von dem zu haben sind, was ein hochwertiges SCSI-Laufwerk kostet, kommen angesichts der anhaltenden Sparzwänge bei Firmenkunden gut an. Laut Shelby Seyrafi, Analyst bei Merrill Lynch, kann Seagate diesen Trend nicht länger ignorieren. Seagate-Chef Luczo will davon nichts wissen: "Wir konzentrieren uns weiter auf Qualität, und damit werden wir profitabel bleiben", betont er.

Trotz der momentanen Probleme beurteilen Experten den Markt insgesamt als stabil. "Die Branche hat immer wieder mit Überproduktionen zu kämpfen, das ist normal", so John Monroe, Analyst bei Gartner. Sie seien kein Zeichen für eine sinkende Nachfrage nach Festplatten - im Gegenteil: "Der Bedarf wird wachsen, und zwar gleich in mehreren Bereichen.''" Gemeint ist neben dem PC-Geschäft, das durch neue Absatzmärkte in China und Osteuropa zusätzlichen Auftrieb erhalten könnte, vor allem das Geschäft mit Laufwerken für PDAs, Digitalkameras oder digitale Videorecorder. Laut Gartner wurden letztes Jahr 262,6 Millionen Platten verkauft, 26 Millionen davon waren für den so genannten Non-PC-Einsatz bestimmt. 2008 sollen es bereits über 100 Millionen sein.

Seagate will in diesem Jahr entsprechende Mini-Laufwerke vorstellen. Auch WD-Chef Matt Massengill sieht im Markt für Unterhaltungselektronik eine "riesige Umsatzquelle". Und Mike Cordano, Executive Vice President von Maxtor, schätzt, dass der digitale Entertainment-Bereich in drei Jahren "so groß wie der PC-Markt, wenn nicht sogar größer" sein wird. Um die Absatzchancen der Branche müsse man sich somit keine Sorgen machen.(sp)