Acht Produkte im Überblick

Fernsteuerungssoftware hilft Helpdesk und PC-Verwaltung

03.12.1999
Diente Fernsteuerungssoftware früher vor allem dazu, Daten zwischen dem Arbeitsplatzrechner und Heim-PC sowie Notebook zu synchronisieren, hat sie sich mittlerweile zu einem mächtigen Werkzeug für System-Management und Helpdesk gemausert. Bei aller Funktionsfülle setzen die konkurierenden Anbieter doch unterschiedliche Schwerpunkte für die jeweiligen Einsatzbereiche. Michael Pietroforte* vergleicht acht gängige Produkte und zeigt, auf welche Features zu achten ist.

Einer der Vorteile von Unix-Systemen gegenüber Windows war von jeher, daß diese sich per Telnet oder X bequem über das Netz steuern lassen. Mit den Terminalfunktionen von Windows NT beziehungsweise Windows 2000 ist das zumindest bei Microsoft-Servern inzwischen ebenfalls möglich. Doch für Windows-Arbeitsplätze gibt es nach wie vor keine systemeigene Remote-Unterstützung. Eine Reihe von Fremdanbietern nutzen diese Angebotslücke mit zum Teil recht ausgefeilten Lösungen. Remote-Control-Software macht aus Windows allerdings noch kein Multiuser-Betriebssystem. Es ist damit also nicht möglich, zeitgleich in verschiedenen Sessions auf einer Maschine zu arbeiten. Die gemeinsame Verwendung von Ressourcen gehört aber auch nicht zum Anwendungsbereich dieser Software, vielmehr stehen Helpdesk-Einsatz und Fernadministration im Vordergrund.

Gerade im Windows-Umfeld sind unerfahrene Benutzer keine Seltenheit. Probleme bei der Handhabung von Anwendungen oder Bedienungsfehler, die den PC lahmlegen, können die eigentliche Arbeit über Stunden blockieren. Oft können auch die Kollegen nicht helfen, und für den gestreßten Systembetreuer ergeben die wirren Problembeschreibungen am Telefon keinen Sinn. Anstatt nun durchs ganze Haus zu hetzen, läßt sich mit einer Remote-Control-Software der Bildschirm des Anwenders auf den eigenen projizieren. Der Benutzer kann nun sein Problem vorführen, und der Profi greift dann an entscheidender Stelle ein oder behebt Fehlkonfigurationen auf dem Anwender-PC.

Mit einigen Programmen kann der Benutzer den Lösungsweg auch aufzeichnen, um ihn sich später in aller Ruhe nochmal vorführen zu lassen. Diese Funktion eignet sich hervorragend für Schulungen. Mit Fernsteuerungssoftware der gehobenen Klasse ist es zudem möglich, den Bildschirm des Dozenten auf die Desktops mehrerer Schulungsteilnehmer zu übertragen. Über eine Audioverbindung lassen sich die Aktionen dann noch erläutern. So können Schulungen veranstaltet werden, bei denen sich die Teilnehmer beispielsweise in verschiedenen Niederlassungen der Firma befinden.

Der Helpdesk ist inzwischen sicher die Hauptanwendung für Fernsteuerungsprogramme geworden, während die Datensynchronisation von Heim- und Firmen-PCs über die Telefonleitung dank Internet und Client-Server-Technologie an Bedeutung verloren hat. Dennoch unterstützen die meisten Programme neben TCP/IP oder IPX auch noch den Zugriff über Modem oder ISDN. Zur Fernadministration eines NT-Servers von zu Hause ist diese Zugangsweise gegenüber einer PPP-Verbindung in jedem Fall vorzuziehen, da wesentlich weniger Overhead erzeugt wird.

Schließlich ist die Geschwindigkeit des Bildschirmaufbaus für so manches Remote-Control-Programm selbst im LAN noch ein Problem. In jedem Fall sollten Bildschirmschoner, Hintergrundbilder oder Animationen auf dem Host deaktiviert werden. Bildschirm- und Farbauflösung haben ebenfalls maßgeblichen Einfluß auf die Performance.

Um Reparatur- oder Installationsarbeiten aus der Ferne an einem Windows-System vornehmen zu können, muß das Fernsteuerungsprogramm neben einer passablen Übertragungsgeschwindigkeit noch andere Fähigkeiten mitbringen. So kommt man meist nach getaner Arbeit um einen Neustart nicht umhin. Bei einem Großteil der Programme ist das mit einem einfachen Klick auf das entsprechende Symbol zu bewerkstelligen. Da nach dem Neustart dann meist auch noch Konfigurationsarbeiten anfallen, starten die Fernsteuerungs-Tools auf Wunsch schon beim Hochfahren des PCs. Unter Windows NT muß dies in Form eines NT-Dienstes geschehen. Für die Anmeldeprozedur ist es dann erforderlich, daß sich die Tastenkombination STRG + ALT + ENTF an den Host senden läßt, ohne daß der lokale Rechner darauf reagiert. Alle getesteten Fernsteuerungsprogramme bieten dieses Feature. Von Vorteil ist es sicher auch, wenn während der Wartungsarbeiten kein Anwender am Host-PC dazwischenfunken kann. Der Administrator sollte zu diesem Zweck Tastatur, Maus und auch den Bildschirm des Hosts deaktivieren können.

Vor allem im Falle der Fernadministration von Servern spielt dieser Punkt in bezug auf die Sicherheit eine wichtige Rolle. Die Installation einer Fernsteuerungssoftware birgt freilich noch andere Risiken in sich. Unbefugte könnten sich darüber Zugriff auf PCs und Daten verschaffen. Alle Programme bieten daher mindestens einen Kennwortschutz. Bei größeren Organisationen, wo das IT-Personal über unterschiedliche Rechte verfügen soll, ist dies jedoch nicht ausreichend. So ermöglichen die besseren Tools eine differenzierte Rechtevergabe. Zum Beispiel läßt sich für jeden Rechner regeln, ob Dateien übertragen werden dürfen oder welche IP-Adressen für den Zugriff auf den Host überhaupt autorisiert sind.

Von großem Vorteil ist es da, wenn die NT-Benutzerkonten integrierbar sind. So erspart man es sich, eine zweite Benutzerverwaltung aufzuziehen. Soll der Zugriff über das Internet erfolgen, ist eine Verschlüsselung der Übertragung anzuraten. Der Transfer hochsensibler Daten kommt dann aber trotzdem nicht in Frage, da die Schlüssellänge aufgrund der amerikanischen Exportbeschränkungen nicht ausreichend ist.

Acht Produkte im Vergleich

"PC Anywhere" aus dem Hause Symantec nimmt zu Recht nach wie vor eine dominante Position im Remote-Control-Markt ein. Kaum eine Funktion fehlt dem komplexen, aber einfach zu bedienenden Programm. Die ausgefeilte Script-Sprache erlaubt es, fast jede erdenkliche Funktion zu automatisieren. Eine ausreichende Netzbandbreite vorausgesetzt, kann bei Schulungen der Lehrer sogar per Video übertragen werden. Die Corporate-Variante bietet einige interessante Module für den Einsatz im Enterprise-Umfeld. Mit "pcA Config" werden bereits vor der Installation im Firmennetz alle Einstellung von PC Anywhere festgelegt. Verteilung und Administration der Software übernimmt dann das "Norton System Center", ein Snap-in für die "Microsoft Management Console". "PC Anywhere Host" ermöglicht die nachträgliche Fernkonfiguration sowie das Starten beziehungsweise das Beenden von PC Anywhere auf den PCs im Netz.

Laplink.com, ehemals Traveling Software, wartet mit einer neuen Version des Klassikers "Laplink" auf. Die Tech- und die Professional-Version wurden zu einem Produkt, "Laplink 2000", verschmolzen. Der Schwerpunkt des Programms liegt nach wie vor im Dateiaustausch, wenngleich man sich jetzt zunehmend auf das Internet als Transportmedium konzentriert. Die Fähigkeiten bei Datenzugriff und Datensynchronisation gehen über die der Konkurrenzprodukte zum Teil deutlich hinaus. So können beispielsweise Zugriffsrechte auf Ordnerebene vergeben oder Dateien mit Hilfe eines Schedulers in bestimmten Zeitabständen synchronisiert werden. Die Möglichkeiten in bezug auf die PC-Fernsteuerung sind indessen wegen der unterdurchschnittlichen Performance begrenzt.

Ein Programm, das trotz seines eher bescheidenen Funktionsumfangs besondere Beachtung verdient, ist "VNC" von AT&T. Das kostenlose Tool beschränkt sich nicht auf die Windows-Welt. Mit Hilfe eines äußerst schlanken Clients (etwa 200 KB), den es auch in einer Java-Ausführung gibt, ist der administrative Zugriff sowohl auf Windows- als auch auf Mac-, Linux- und Solaris-Systeme möglich.

Netopia baut mit "Timbuktu" ebenfalls eine Brücke zwischen Mac-OS und Windows. Leider ist das Programm nicht in der Lage, verfügbare Host-Systeme im Netz aufzuspüren. Man muß schon IP-Adresse oder den Domain-Name-System-(DNS-)Namen kennen, um eine Verbindung aufbauen zu können. Diese Einschränkung läßt sich nur über ein LDAP-Verzeichnis durchbrechen, damit ist auch eine komfortable Auflistung potentieller Hosts außerhalb des eigenen Subnetzes möglich. Mit der Integrierbarkeit in zahlreiche System-Management-Suiten bietet sich Timbuktu vor allem für den Enterprise-Einsatz an: Die Performance von Remote-Control-Modulen, die Teil von großen System-Management-Lösungen sind, läßt nämlich häufig zu wünschen übrig. Die dazugehörige Schulungssoftware "Web Seminar" werden große Anwender ebenfalls zu schätzen wissen.

Ganz untypisch in puncto Performance präsentiert sich die Auskopplung des Fernsteuerungsprogramms "Control IT" aus "Unicenter TNG". Die Software von Computer Associates zeigt gerade darin ihre Stärken. Interessant für die Fernadministration von Desktop-Rechnern ist auch die Tatsache, daß Operationen parallel auf mehreren Systemen ausführbar sind.

Auch "Reach Out" von Stac glänzt mit einer hervorragenden Performance. Das gut durchdachte Programm fügt sich außerdem nahtlos in die NT-Domänen-Welt ein und bietet eine überdurchschnittliche Vielfalt an Rechteeinstellungen.

Artisoft will mit einer HTML-Oberfläche im demnächst verfügbaren "Cosession 2000" auch seine Internet-Tauglichkeit unter Beweis stellen. Das diesem Beitrag noch zugrundeliegende "Cosession Remote 8.1" konnte besonders wegen seiner mäßigen Performance kaum überzeugen.

"Netop Remote Control" von Danware eignet sich insbesondere für den Helpdesk-Bereich. Über einen speziellen Hilfeservice können versierte Mitarbeiter als interne Dienstleister eingespannt werden. Der Hilfesuchende wählt per Mausklick das entsprechende Hilfethema. Potentielle Ratgeber erhalten daraufhin auf ihrem Schirm eine Meldung und können sich dann in den Desktop des Kollegen einklinken. Mit Hilfe des Access-Servers läßt sich die Benutzerautorisierung zentral steuern, und über eine Log-Datei können alle Aktivitäten überwacht werden. Die Gateway-Funktion ermöglicht außerdem den Zugriff via Telefonleitung auf Rechner im Firmennetz.

*Michael Pietroforte arbeitet als freier Journalist in München.