Kostengünstige Alternative zu Supersomputern:

Feldrechner beschleunigen lahmende CP

21.05.1982

Als um die Mitte der 70er Jahre die ersten Feldrechner auftauchten, schätzte man den Markt für diese anschließbaren "Datenverschlinger" (number crunchers) auf 50 bis 100 Einheiten. Schon heute sind aber viele Tausende dieser Feldrechner in den unterschiedlichsten Anwendungen als kostengünstige Alternative zu Supercomputern im Einsatz.

Der Feldrechner wird zwar an einen Zentralprozessor angeschlossen, doch stellt er praktisch einen vollständigen Rechner dar (siehe Abbildung). Er verfügt über die üblichen Komponenten eines Rechners: schnelle Register, Programmspeicher, Datenspeicher und einen Gleitkomsa-Addierer und -Multiplizierer für Fließbandverarbeitung (pipelining). Außerdem kann er durch den parallel-synchronen Dienstbus, den Support- und die Operandenbusse angeschlossen werden.

Neben der reinen Datenverarbeitung hat der Feldrechner aber die Hauptaufgabe, den Betrieb eines anderen Rechners zu beschleunigen, was durch Fließbandverarbeitung oder überlappende Arbeitszyklen erfolgt. Die Verarbeitungsgeschwindigkeit des Zentralrechners kann dadurch um ein Vielfaches gegenüber dem gesteigert werden, was dieser - im Prinzip eine sequentielle Maschine - leisten könnte. Schließlich führt der Zentralrechner andere Aufgaben aus, während der Feldrechner seine Berechnungen ausführt.

Verbesserte Rechenleistung

Ein typischer Feldrechner besitzt ein Softwarepackage, das aus der Diagnostik, einer mathematischen Programmbibliothek und Softwareentwicklungsprogrammen besteht. Der Verkehr mit dem Zentralrechner erfolgt durch Fortran-Programme. Der Feldrechner wird an den E/A-Kanal des Zentralrechners angeschlossen, der wiederum Daten in den Feldrechner überträgt. Dieser führt die ultraschnelle Parallelverarbeitung aus und sendet die Daten zum Zentralrechner zurück. Bei einer solchen Konfiguration erfolgen die Ausführungen der Algorithmenprogramme bis zu 200mal schneller als mit dem unabhängigen Zentralrechner.

Feldrechner können an eine Reihe von IBM- und Sperry-Univac-Rechnern angeschlossen werden, aber auch an Minicomputer wie die VAX11/780 oder die PDP-Serie von Digital Equipment, an die Rechner von Data General Nova und Eclipse sowie an Rechner von Perkin-Elmer, Prime oder Harris.

Typische Ausführungsgeschwindigkeiten liegen zwischen acht und zwölf MFlops (Millionen Gleitpunktoperationen pro Sekunde) bei einer CPU- und Speicherzykluszeit von 167 bis 250 Nanosekunden. Je nach Anwendung und Bit-Format kosten typische Feldrechner 24 000 bis 500 000 Dollar. Dabei ergibt sich insgesamt eine Verbesserung der Rechenleistung um das 20- bis 50fache je Dollar. Zwei Gründe sind für die Verwendung eines Feldrechners ausschlaggebend: Geschwindigkeit und Genauigkeit.

In der allgemeinen Datenverarbeitung kommt es vor allem auf die Geschwindigkeit an. Dazu gehört die Wiedergewinnung von Informationen, die Lösung von Gleichungssystemen und die digitale Signalverarbeitung. So wird ein Feldrechner beispielsweise zur Überwachung von Reaktorsicherheitsexperimenten durch Verarbeitung der Betriebsdaten eines Kernreaktors in Realzeit eingesetzt. Andere arbeiten zusammen mit Flugsimulatoren zur Leistungsbestimmungen von Bord-Boden-Waffensystemen, in mechanischen Simulationssystemen und im computergestützten Entwurf (CAD).

Die amerikanische Cornell University arbeitet seit 1978 mit einem Feldrechner, der an ein IBM System /370-168 angeschlossen ist. Die numerischen Operationen des Feldrechners kosten nach Feststellung eines Sprechers fünf bis sieben Dollar je Stunde. Je nach Tageszeit würden sich die Kosten aber bei alleiniger Ausführung durch den IBM-Rechner auf 3 75 bis 1050 Dollar belaufen.

Das Ausmaß, in dem der Feldrechner AP-I90L der Floating Point Systems, Inc., zur Erweiterung von Forschungsprojekten bei Cornell beigetragen hat, geht aus der Zahl wissenschaftlicher Erfolge hervor, die dortige Forscherteams der Universität auf den Gebieten der Raumfahrt und der angewandten Physik erreicht haben.

Eines der interessantesten Projekte bei Cornell sind Professor S. Shapiros Arbeiten am Center for Radiophysics and Space Research. Er hat erforscht, wie "schwarze Löcher" zustande kommen und wie sich Kugelsternhaufen (clusters) entwickeln. Die Ergebnisse von Shapiros Computersimulationen des Kollapses eines Sterns mit Hilfe des Feldrechners haben Theorien der Sternentwicklung bewiesen, über die bis dahin nur spekuliert worden ist.

Verbesserung der Auflösung

Auch die amerikanische Regierung bedient sich in starkem Maß der Feldrechner, vor allem in den Raumfahrt- und Satellitenprogrammen. Im Landsatprogramm werden beispielsweise Satellitenaufnahmen von Teilen der Erdoberfläche zur Verbesserung der Auflösung durch einen Feldrechner verarbeitet.

Der Einsatz von Feldrechnern hat die seismische Exploration beschleunigt und gestattet eine zielsichere und raschere Niederbringung von Produktionsbohrungen als frühere Verfahren, bei denen es mehr oder weniger dem Zufall überlassen war, ob man fündig wurde. Das mathematische Modell unterteilt ein vermutetes Erdölfeld in eine dreidimensionale Matrix von bis zu 100 000 Gitterblöcken, für die das Volumen und die Zusammensetzung der Öl-Haftwassergemische erfaßt und analysiert wird.

*Der Autor ist Schriftleiter von COMPUTERWORLD EXTRA.

Aus der COMPUTERWORLD Nr. 16 vom 19.

April 1982 übersetzt von Hans J. Hoelzgen, Böblingen.