Werksschließung

Feierabend für Bochumer "Nokianer"

16.05.2008
Der letzte Arbeitstag für die Mehrzahl der 2300 Mitarbeiter im Bochumer Nokia-Werk hat am Freitag nochmals die Emotionen hochkommen lassen.

"Ich bin mal gespannt, ob die mich in meiner Kündigung auch noch duzen", sagt Rolf Wöhlke und zieht das Freistellungsschreiben der Geschäftsführung aus seiner Jeansjacke, in der er mit "Rolf" angesprochen wird. Aus den bekannten Gründen" werde er freigestellt, heißt es dort. Dem 52-Jährigen wird "für die Zukunft schon jetzt alles Gute" gewünscht. Unterschrieben hat Klaus Goll, Direktor des Nokia-Werks. "Und das von dem, der hat uns doch angelogen bis zum Geht-Nicht-Mehr", kommentiert Wöhlke.

Die Kündigungsschreiben erhalten die Bochumer Nokia-Angestellten in den nächsten Wochen, die Kündigungsfristen laufen aber zum Teil bis zum 31. Dezember. Am 8. Juni soll auf einer Betriebsversammlung die Transfergesellschaft vorgestellt werden, berichtet die Betriebsratsvorsitzende Gisela Achenbach. Rückblickend sagt sie, zumindest habe der Betriebsrat in den Verhandlungen mit dem Management die Abfindungssumme von 70 Millionen auf 200 Millionen Euro steigern können.

Seit Bekanntwerden der Schließung am 15. Januar hatten die Bochumer "Nokianer" mit Unterstützung der Landes- und Bundesregierung vergeblich um einen Standorterhalt gekämpft. Subventionen waren zurückgefordert worden und etliche tausend Menschen auf die Straße gegangen. Am Freitag stehen Grüppchen von Nokia-Mitarbeitern vor dem "Solidaritäts-Zelt" neben dem Werk in Bochum-Riemke, trinken Kaffee und rauchen Zigaretten. Einige verabreden sich "für später" in einem Café, andere winken Kollegen, die im hupenden Auto nach Hause brausen.

Eine besondere Geschichte hat Kristina Lau an ihrem letzten Tag bei Nokia erlebt. Sie hat die letzten 30 Handys mit verpackt, die das Werk noch verließen. "Und dann kam der Timo Elonen (einer der beiden Geschäftsführer) und wollte noch auf Kumpel machen", sagt die 47- Jährige. Der habe auch ein Foto der letzten Telefone gemacht. "Am liebsten hätte ich gesagt: "Habt ihr 'se nich' mehr alle"", erzählt Lau. Nokia-Sprecherin Kristina Bohlmann wollte ein solches Foto nicht dementieren. Die Produktion sei aber schon am Mittwoch eingestellt worden.

Achenbach sagt, sie persönlich habe es noch ganz gut getroffen, denn sie könne in Altersteilzeit gehen, "aber Sorgen mache ich mir um die Leute um 50, die schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben." Den Nokia-Mitarbeitern in Finnland und anderswo sagt sie das gleiche Schicksal wie den Bochumern voraus: "Irgendwann lassen die dann nur noch fremd fertigen, dort wo es am günstigsten ist." (dpa/mb)