Systo '86 - Informationsmanager propagieren "Mut zum Risiko":

Fehlerloleranz für Akzeptanz unverzichtbar

21.11.1986

GRAVENBRUCH - Das Thema Akzeptanz ist für den Informationsmanager noch lange nicht gegessen. Auf der Systo '86, dem "Kongreß für benutzerakzeptiertes Management", überraschten hochkarätige Verantwortliche mit einem gewandelten Selbstverständnis: Fehler, Courage und Lernfähigkeit gehören demzufolge auch offiziell zusammen.

Wenn sich bei DV-Projekten manchmal eine Bauchlandung ankündigt, sieht Manfred Kreusch, seines Zeichens Informationsmanager bei Messerschmitt-Bölkow-Blohm in Ottobrunn bei München dennoch nicht schwarz: Kommt nämlich sein Konzept nicht zu den Benutzern "herüber", verbucht der Leiter der Informationsverarbeitung im Unternehmensbereich "Wehrtechnik/Apparate" diese Erfahrung einfach als Pluspunkt, so jedenfalls äußerte er sich in Gravenbruch. Lernen heißt demzufolge für diesen Entscheider mit dem DV-Budget von über 50 Millionen Mark auch, die Angst vor Fehlern zu verlieren und die Courage zur Umkehr zu erwerben - vielleicht das ausschlaggebende Kriterium für Benutzerakzeptanz.

Diese erreicht der Informationsmanager durch einige wenige, aber ungemein wichtige Faktoren, war das Ergebnis des Kongresses, den die Systo-Unternehmen aus der Schweiz und Deutschland ausrichteten. Der Informationsmanager muß, formuliert Kreusch, seine Ziele und Aufgaben klar darstellen. Dazu bindet er den Benutzer schon bei Entwicklungen und Entscheidungen mit ein. Aufgaben läßt er als Projekte mit einer definierten Struktur und eindeutigen Gliederung durchführen. Gelingt es ihm wiederum, das Interesse der User aufrechtzuerhalten, kann er sie am Projektfortschritt ebenso wie am Erfolg teilhaben lassen.

Für Friedrich K. Rauch, Vorstandsmitglied der Colonia Versicherung AG, steht die Frage an, wie sich lernen lasse, Strategien zu entwickeln. Häufig bildet die Belastung des Tagesgeschäftes eine Blockierung - Fehlschlüsse wie jener seien die Folge, ein dezentrales Konzept allein sichere bereits "den mündigen Anwender". Vielmehr sei dieser so auf subtile Weise in neue Standards sowie Ideen eingezwängt, vom Zugriff auf Unternehmensdaten aber weiterhin ausgeschlossen.

Vor allem denkt der Informationsmanager in Konzepten, findet Kreusch für sich die Antwort auf die Frage nach dessen schillerndem Persönlichkeitsprofil. Also kann er auch Alternativen sehen. Risiken darf er bei der Strategiefindung nicht scheuen. Zugleich sollte er indes Überraschungen bei der Implementierung vermeiden, fügt Rauch - am Schalthebel über 30 Mips online - an, will er seiner Aufgabe gerecht werden: Die Anwendung der Informationstechnologie mit den Möglichkeiten des Unternehmens in Einklang zu bringen und damit für das Unternehmen Nutzen erzielen.

Wichtiger als Fachkenntnisse bewerten beide Manager Teamqualität und projektorientierte Führungsfähigkeiten. Richtpunkte dafür sind, so der Colonia-DV-Chef, vor allem die Grundwerte des Unternehmens.

Nicht nur allein MBB verlangt Standfestigkeit des Informationsmanagers, und zwar besonders bei unpopulären internen Entscheidungen. Er muß Schwierigkeiten prognostizieren und Grenzen offenlegen - weitere Voraussetzungen, die für Kreusch erst jene unbedingte Fähigkeit zur Bewertung darüber ausmachen, was verfügbar, was notwendig und was machbar ist. Der Mut, "Glatteis zu betreten, gilt auch für das Colonia-Vorstandsmitglied, das ein DV-Budget in Höhe von 56 Millionen Mark verwaltet, als neues Kriterium für die Zusammenarbeit zwischen Benutzer und DV-Manager; für ihn löst Marketingorientierung das Kostendenken ab. So verhält er sich geschäftsorientiert, will aber gleichzeitig das Unternehmen für die DV, öffnen. Nicht mehr Rationalisierungsdruck entscheidet über Einsatz und Bedeutung des Computers, sondern zunehmend seine Möglichkeiten als entscheidungsunterstützendes Instrument.

Ein informelles Verhältnis zu den unmittelbaren Nutzern ist unabdingbar - auch diese Erkenntnis vermittelte die Systo. Probleme ließen sich dadurch oft schon im Keim erkennen und nicht erst während des Gesprächs mit dem Vorstand. Auch entwickelt sich künftig die Karriere des DVers nicht mehr nur "genuin" - gerade die Fachabteilung bietet unternehmenssteuernde Dimensionen.

"Es ist einfach, Ziele vorzugeben, schwerer, sie zu formulieren und zu diskutieren", so der praxisgeprüfte Manfred Kreusch, "nahezu unmöglich ist dies in einem Metier wie der DV, das nicht jedem zugänglich ist."

Sowohl Sprach- als auch Handlungsbarrieren trennen nämlich nach wie vor den Spezialisten vom Anwender.

Erst ein "Engineering-gerechtes" Denken, Formulieren und Handeln kann die Mittel wie auch Ziele transparent machen - also Akzeptanz herstellen, so Kreusch.