Fehler im Outsourcing rächen sich spät

25.04.2005
Auslagerungsberater haben Hochkonjunktur. Ihr Versprechen: Gut vorbereitete Deals sparen im späteren Betrieb Geld und verbessern die Qualität.

Für den Betriebsübergang beim Outsourcing lohnt es sich für Anwenderunternehmen kaum, umfangreiches eigenes Know-how aufzubauen. Die Vorbereitungsphase währt nur wenige Monate bis maximal eineinhalb Jahre, stellt allerdings die Weichen für die über Jahre währende Zusammenarbeit mit einem IT-Dienstleister. Insgesamt ergibt sich ein für externe Berater ideales Umfeld, in dem sie für eine begrenzte Zeit ihre Tatkraft und Erfahrung auslagerungswilligen Anwenderunternehmen zur Verfügung stellen können.

Tatsächlich berichten Outsourcing-Consultants über ein steigendes Interesse: "Die Nachfrage nach Beratungsleistungen hat massiv zugelegt", berichtet Frank Dzierzon, Geschäftsführer der Clearview Consulting GmbH, Frankfurt am Main. "Das liegt zum einen am wachsenden Outsourcing-Markt, zum anderen haben die Kunden erkannt, dass Outsourcing eine komplexe Aufgabe ist." Nicht zuletzt die Schwierigkeiten prominenter Outsourcing-Kunden wie Deutsche Bank und Daimler-Chrysler haben das Beratungsgeschäft angekurbelt.

Außerdem hat sich der Outsourcing-Markt stark verändert. Unter Anwenderunternehmen setzt sich zunehmend der Trend zum selektiven Outsourcing basierend auf einer ausgefeilten Sourcing-Strategie durch. Komplett-Outsourcing-Projekte, in denen ganze und oftmals problematische IT-Umgebungen samt Mitarbeitern einem externen Dienstleister übergeben wurden, gibt es heute kaum noch. In der Regel wird die IT in verschiedene Aufgaben wie Applikations-Management, Rechenzentrumsbetrieb und Desktop-Betreuung zerlegt. Geschäftskritische Felder bleiben im Hause, weniger relevante Dienste werden ausgelagert.

Die Outsourcing-Welt ist dadurch komplizierter geworden, so dass auch erfahrene Anwender der Hilfe spezialisierter Berater bedürfen. "Insbesondere Unternehmen, die bereits ausgelagert haben und deren Vertrag ausläuft, nehmen für Outsourcing-Beratung ohne zu zögern 100 000 Euro in die Hand", schildert Torsten Gründer, Chef des auf Outsourcing-Beratung spezialisierten Hauses Gründer Consulting, München. Gründer führt das auf Enttäuschungen beim ersten Auslagerungsprojekt zurück, in denen sich mangelnde Vorbereitung im Verlauf der Auslagerungs gerächt hätte. "Fehler werden nicht nur bei den vereinbarten Mengen gemacht. Auch die Qualität der Leistungen im Applikations-Management leidet oft nach der Betriebsübergabe, weil die zum Dienstleister gewechselten Mitarbeiter mit anderen Projekten betreut werden", bestätigt Matthias Seidl, COO und Partner bei der Lexta Consultants Group, Berlin.

Auch das Angebotsspektrum ist breiter geworden. Neben vielen IT-Dienstleistern, die ihr Portfolio um Outsourcing ausgeweitet haben, sind zahlreiche neue Serviceformen entstanden. "Die ohnehin große Vielfalt an Outsourcing-Modellen wurde in den letzten Jahren durch Nearshore- und Offshore-Möglichkeiten erweitert", bestätigt Jochen Neese, Managing Director bei Bearingpoint. "Vielfalt und Komplexität der Optionen nehmen immer noch zu, und damit auch der Grad der Verunsicherung bei vielen Kunden. Zu einfache Lösungen nach dem Motto ?IT aus der Steckdose? scheitern sehr oft an unterschiedlichem Verständnis zwischen Kunde und Dienstleister."

Zu den Aufgaben der Outsourcing-Berater (siehe Grafik) gehören viele Fleißarbeiten. Ohne weiteres könnten auch interne Kräfte beispielsweise die Ist-Analyse übernehmen, immerhin kennen sie die eigene Infrastruktur und die Prozesse besser als externe Berater. "Im Idealfall gibt es ein gemeinsames Team aus internen und externen Mitarbeitern", sagt Neese. "Bei der zielgerichteten Bewertung verschiedener IT-Dienstleistungsmodelle ist es hilfreich, Outsourcing-erfahrene Leute im Boot zu haben." Alle Arbeiten zielen darauf ab, dass die Anwender während des gesamten Verhandlungsprozesses gegenüber den Outsourcing-Anbietern das Sagen haben. "Viele Unternehmen wissen nicht, was sie brauchen. Dann kommt der Outsourcing-Anbieter und sagt ihnen, was er hat, und verkauft ihnen, was er kann", bringt es Gründer auf den Punkt. "Das ist der falsche Weg."

Die Berater können ihre in früheren Outsourcing-Deals gewonnenen Erfahrungen vor allem in der Diskussion mit den Outsourcern einbringen. So müssen in mehreren Iterationsschritten die eingehenden Angebote derart überarbeitet werden, dass sie zum einen vergleichbar sind, zum anderen aber auch den Anforderungen des Kunden entsprechen. Nicht immer klappt dies reibungslos, berichtet Gründer: "Die Dienstleister treten oft selbstgefällig und arrogant auf. Im Gespräch stellen sie Bedingungen und wollen den Fortgang des Projekts bestimmen." Zudem sind viele Anbieter zurzeit mit Outsourcing-Ausschreibungen derart überlastet, dass vor allem kleine Anwenderunternehmen nicht unbedingt von den besten Mitarbeitern des Dienstleisters betreut werden.

Die Beratung rechnet sich

Unterm Strich kassieren die Berater je nach Aufwand und Aufgabe etwa ein Prozent vom Volumen des Outsourcing-Vertrags. Bedenken, ihr Einsatz könne keinen Return on Investment (RoI) bringen, haben die Consultants nicht. "Wir verhelfen den Kunden zu günstigen Konditionen. Da wir die Marktpreise kennen, können wir in den Verhandlungen bis zur Schmergrenze gehen", verspricht Dzierzon. "Außerdem kosten Fehler und Versäumnisse in der Vorbereitung viel Geld, weil die Dienstleister für Nachforderungen ordentlich zulangen."

Dass sie ihrerseits zulangen, indem sie Beratungsprojekte in die Länge ziehen und Wege vorschlagen, die einen erhöhten Consulting-Aufwand erfordern, glaubt Bearingpoint-Manager Neese nicht. "Die Kunden sind in der Regel gestandene CIOs. Kein Berater wird es wagen, eine nicht belastbare Empfehlung auszusprechen." Zudem trennen einige Kunden das Beratungsprojekt auf, indem sie für die Auswahl der Sourcing-Alternativen und die Umsetzung eines Outsourcing-Deals unterschiedliche Consultants beauftragen. So halten die Anwenderunternehmen auch gegenüber dem Outsourcing-Berater die Zügel in der Hand.